Narrengericht übernimmt die Macht in Abwesenheit des Bürgermeisters
Der andere "Rainer" musste es diesmal richten
Stockach. Für das Stockacher Narrengericht ist es nun bereits die dritte Fastnacht, die mit Schmerzen begangen werden muss, wie Narrenrichter Jürgen Koterzyna bei der symbolischen Machtübernahme vor dem Bürgerhaus Adler-Post in seiner Rede bekannte, die so gar nicht närrisch daherkam. Denn schon 2020, vor der dem ersten Corona-Lockdown habe es mit den Anschlägen von Hanau ein Ereignis genau zur Fastnacht gegeben, dass das Feiern des Brauchtums in Frage stellte. Dann die eigentlich ausgefallene Fastnacht im letzten Jahr bei der "dritten Welle" der Coronakrise und nun am Morgen des Schmotzigen Donnerstag Putins Kriegserklärung gegen die Ukraine, die die Weltordnung schnell ins Taumeln brachte. Koterzyna sagte, dass die Narren solche Gewalt verurteilten. Diese Fastnacht sollte eigentlich ein Zeichen für eine freiheitliche, friedliche und offene Gesellschaft setzen, was eigentlich nun nicht auf den am morgen begonnenen Krieg, sondern auch auf die aktuellen Kontroversen hier in der Gesellschaft in Sachen "Corona"-Bewältigung gemünzt war und nun erweitert werden musste. Die Machtübernahme in Stockach war direkt von den Ereignissen in der Ukraine betroffen, denn Bürgermeister Rainer Stolz hatte die Amtsübergabe abgesagt, aus persönlichen Gründen, da er direkte Kontakte in die Ukraine habe. Gute Mine zu bösen Spiel war deshalb für die Gerichtsnarren angesagt, die nach der historischen Szene der Schlacht von Morgarten mit ihrem Hans Kuony (Roland Drews) und der Verkündung der närrischen Gerichtsbarkeit, nach der in Erweiterung der Landesregelung, die zum Beispiel keine Maske tragen würden, in den Brunnen geworfen werden sollen. Rainer Vollmer als der "schönere Rainer" einspringen musste, der sich freilich wenig gegen die machthungrigen Gerichtsnarren zu wehren wusste, die freilich auch anmerkten, dass es eigentlich "einen Chef" im Rathaus geben sollte, und nicht noch einen Hauptamtsleiter dazu. Dass die Corona-Zwangspause schon für Probleme in der Liturgie der Zeremoniells sorgt, wurde freilich an diesem Vormittag deutlich, denn viele Einsätze, auch von der Hans-Kuony-Kapelle oder den Narro-Rufen des Publikums klappten hier gar nicht.
Die Zimmerer konnten sich dieses Jahr, weil ja nicht der Termin der Gerichtsverhandlung drückte, ziemlich Zeit lassen für ihren Narrenbaum, der erst um 17 Uhr mit dem Narrenmarsch gesegnet werden konnte. Zwischenzeitlich sorgte ein Feuerwehreinsatz für Aufregung. Landrat Zeno Danner, der aus Konstanz vorbeischaute, musste einen Streik der Zimmerer befrieden, und einige Laufnarrenschläge wurden auch noch in den Kraftakt mit den 32,8 Meter hohen Baum eingelegt, der angesichts des doch kräftigen Winds ein wahres Kunstwerk wurde und bei dem Wert darauf gelegt wurde, dass dieser Baum von Narrenrichter persönlich ausgesucht worden sei. Der nächste öffentliche Akt der Stockacher Fastnacht ist nun der Laufnarrenmarkt am Sonntag in der Oberstadt. Auch wieder auf abgesperrten Terrain und im 3G-Modus.
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Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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