Historiker Roman Köster am Nellenburg-Gymansium
Das Leben ist Müll!

Historiker Roman Köster stellte im Nellenburg-Gymansium sein neues Buch "Müll - eine dreckige Geschichte der Menschheit" vor. | Foto: CH Beck Verlag/ Privat
  • Historiker Roman Köster stellte im Nellenburg-Gymansium sein neues Buch "Müll - eine dreckige Geschichte der Menschheit" vor.
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Stockach. Der Umwelt- und Wirtschaftshistoriker Roman Köster, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften präsentierte der Oberstufe des Nellenburg-Gymnasiums in einem Vortrag Forschungsergebnisse zum Thema Müll, die nachzulesen sind in seinem vor wenigen Wochen erschienenen Buch „Müll – eine schmutzige Geschichte der Menschheit“ (erschienen bei C.H. Beck, München 2023, ISBN 3406805809).

Bereits der Neandertaler hat Müll produziert; der Monte Testaccio in Rom ist eine Müllhalde voll mit Verpackungsmüll … der Antike: Auf dieser Müllhalde lagern Abertausende von Keramikscherben des antiken Roms, heutzutage mit Bäumen und Gras bewachsen – für jeden Archäologen eine Fundgrube, ebenso wie die seltenen Neandertalerhinterlassenschaften oder die Abfallgrube einer mittelalterlichen Stadt. 

Seit es Menschen gibt, gibt es also auch Müll. Aber die Zusammensetzung des Mülls, die Menge und der Umgang mit ihm haben sich stark verändert.

Vormoderne Gesellschaften (also bis ca. 1800) waren „Recyclinggesellschaften“. Weil sie arm waren, mussten sie Rohstoffe wiederverwerten. Beispiele gefällig? Aus Fäkalien (auch menschlichen) wurde Dünger, aus Textilien Papier. Der nicht verwertbare Restmüll verschwand in Senkgruben, Essensreste wurden an die „Müllmänner“ der vormodernen Stadt verfüttert: an die Schweine.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts, eines Zeitalters des starken Städtewachstums und einer zusehends schwieriger werdenden Abfallbeseitigung gewann man die Erkenntnis, dass Abfall allerdings auch schwere Krankheiten provozieren kann, z.B. die gefürchtete und oft tödliche Cholera. Während eines Cholera-Ausbruches in London 1848/49 starben 15.000 Menschen,
in der ersten Woche des Septembers 1849 waren es 300 Tote pro Tag. (Wikipedia) Der öffentliche Nahverkehr der Großstädte des 19. Jahrhunderts bestand übrigens aus Pferdekutschen, und Pferde erzeugen Pferdeäpfel: 1900 gab es in New York 100.000 Droschkenpferde, jeden Tag produzierte ein Pferd etwa zwei Liter Urin und 15 Kilo Mist. Wohin damit? (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/london-autofrei-innenstadt-kutsche-verkehrswende-1900-1.5424495)

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann man dann, Kanalisationen zu erbauen, ab den 1870er/1880er Jahren gab es Müllabfuhren. Die Mülleimer waren übrigens aus hygienischen Gründen aus schwerem Eisen, so dass die Arbeit des Müllmannes überaus anstrengend war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wandelten sich die Recyclinggesellschaften dann zu Massenkonsumgesellschaften: Zu Beginn der 60er Jahre begann man in Deutschland schon über eine „Müll-Lawine“ zu sprechen. Und ja, Müll ist oft auch Verpackungsmüll, der für die hygienische und rationelle Warenverpackung sorgt. Verpackungen erleichtern unser Leben, doch wohin damit? In Deutschland setzt man auf Müllverbrennung, in anderen Ländern durchaus umstritten.

Heutzutage beschäftigt uns Plastikmüll in unseren Meeren, der über den Umweg Fisch als Mikropartikel in den menschlichen Körper gelangt. Die einzige Lösung: Müllvermeidung, so können wir immerhin 20% des Mülls vermeiden – das ist nicht nichts.

Oder aber wir werden wieder zu einer Recyclinggesellschaft, müssen aber dann auf alle Annehmlichkeiten unseres aktuellen Lebens verzichten. Eine Alternative?

Quelle: Nellenburg-Gymnasium, Susanne Schlemmer

Autor:

Presseinfo aus Singen

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