Im Gespräch mit Peter Adrian Gäng
Wie tickt de Singemer?

Kaufmann, Stadtführer und Ur-Singener Peter Adrian Gäng erzählt, was man über den typischen "Singemer" wissen muss. | Foto: Patrik Silberling
  • Kaufmann, Stadtführer und Ur-Singener Peter Adrian Gäng erzählt, was man über den typischen "Singemer" wissen muss.
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Singen. Wenn wir das 125-jährige Jubiläum der Stadt Singen feiern, so interessiert uns natürlich auch: Wie ist er denn, der typische Singener? Und wer wäre geeigneter, diese Frage zu beantworten, als ein Ur-Singener wie Peter Adrian Gäng. Bereits sein Urgroßvater Alfred Weber eröffnete in den 1880er-Jahren in der Ekkehardstraße eine Buchhandlung mit Buchbinderei. Sein anderer Urgroßvater, der Hotelier Robert Gäng, gründete den sogenannten „Schnupfverein“, eine der ersten wohltätigen Organisationen der Stadt, die bis heute existiert. Hierbei war es üblich, Geld in eine mit dem Singener Bären geschmückte Metallkasse zu legen und als Gegenleistung eine Prise Schnupftabak herauszunehmen. Heute macht Kaufmann Peter Adrian Gäng – der nebenbei für eine ganze Reihe von Vereinen tätig ist – Stadtführungen und begeistert Reisende mit seinem Wissen über Singen und Umgebung.
Hilfsbereite Alemannen

Auf die Frage, wie der Singener denn tickt, antwortet Gäng: „Es muss heißen: de Singemer! Mit ‚M‘ und im Dialekt.“ Die hiesige Mundart, das Alemannische, ist nämlich nicht nur charakteristisch für den typischen Singemer, er spricht auch überaus gerne im Dialekt und ist stolz darauf. Schwer haben es dagegen jene, die das „Singemerisch“ nicht verstehen und nicht sprechen können. Doch selbst wenn einem eines Tages beides gelingt, bleibt man für viele immer noch der „Neigschmeckte“.

„Ein wenig kleinkariert und kleinbürgerlich geht es schon zu bei uns“, meint Gäng. „Das muss man zugeben. Allerdings trifft dies auch auf die ganze Region zu. Neuem gegenüber – auch neuen Menschen – ist man erst einmal reserviert. Doch wenn man sich lange genug kennt, dann taut der Singemer auch irgendwann auf und öffnet sein Herz.“ Und dann entstehen wirkliche Freundschaften fürs Leben. „Auf ihre eigene Art sind die Singemer Herzensgute! Sie sind hilfsbereit, treu und setzen sich für andere ein – wenn man ihnen nicht im falschen Moment über den Weg läuft“, fügt Gäng mit Augenzwinkern hinzu.
Glaube an den Fortschritt

Der Singemer ist in seinem Wesen dadurch aber auch in höchstem Maße widersprüchlich: Denn trotz seiner Reserviertheit gegenüber Neuem ist Singen sowohl eine Einwandererstadt als auch eine Stadt des Fortschritts. Gastarbeiter gab es bereits im 19. Jahrhundert und heute leben hier über 100 verschiedene Nationalitäten zusammen. Gäng betont auch die bedeutende Rolle der Jenischen, die bereits im 16. Jahrhundert Teil der Stadt waren. „Ich freue mich besonders darüber, dass in diesem Jahr auch erstmals zwei Stolpersteine in der Innenstadt zum Gedenken an die jenischen Opfer des Nationalsozialismus errichtet wurden“, betont Gäng. „Was wäre Singen ohne Migration? Ohne die Gastarbeiter hätte sich Singen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg niemals zu solch einer großen und bedeutenden Stadt entwickelt.“

Dass der Singemer an den Fortschritt glaubt, zeigte sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Stadt die Errichtung eines Bahnhofs begrüßte, während das benachbarte Steißlingen eine Anbindung ans Bahnnetz ablehnte. Doch der Fortschrittsglaube bringt manchmal auch gewisse Nachteile mit sich. So wurden viele bezaubernde, alte Gebäude wie das ehemalige Rathaus abgerissen und durch das ersetzt, was man heute die „Bausünden der 70er-Jahre“ nennt. Glücklicherweise – und hier wirkt der Fortschrittsglaube wieder positiv – sind einige dieser Sünden inzwischen wieder abgerissen und durch schönere Bauten ersetzt worden.
De Singemer feiert gerne

Adrian Gäng weist hier insbesondere auf das Gebiet rund um den Bahnhof hin: „Das Entrée nach Singen hat sich gewaltig verändert.“ Vom modernisierten Bahnhofsgebäude über den neu gestalteten Busbahnhof bis hin zum CANO habe Singen für das Auge der Reisenden einiges zu bieten. Es sei überhaupt bemerkenswert, wie viel schöner Singen in den letzten zwanzig Jahren geworden ist.

Aber ohne die engagierten Singemer selbst kann solch eine Veränderung natürlich nicht vonstattengehen. Und wer ordentlich arbeitet, der braucht auch eine ordentliche Erholung – weswegen der Singemer sehr gerne Feste feiert. „Und dabei darf es durchaus mal etwas derber zugehen“, meint Peter Gäng lächelnd.

Autor:

Patrik Silberling aus Singen

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