Singener Unternehmerforum mit Michael Sommer
Wenig Vertrauen in die Politik vor der Bundestagswahl

In einem spannenden Vortrag beim Singener Unternehmerforum am 15. Oktober zeigte Michael Sommer vom Institut für Demoskopie Allensbach die aktuelle Stimmungslage der Bevölkerung vor der nächsten Bundestagswahl auf. | Foto: Philipp Findling
  • In einem spannenden Vortrag beim Singener Unternehmerforum am 15. Oktober zeigte Michael Sommer vom Institut für Demoskopie Allensbach die aktuelle Stimmungslage der Bevölkerung vor der nächsten Bundestagswahl auf.
  • Foto: Philipp Findling
  • hochgeladen von Philipp Findling

Singen. Seit vielen Jahren schon ist Michael Sommer vom Institut für Demoskopie Allensbach ein gern gesehener Gast beim Unternehmerforum von Singen aktiv. In seinem Vortrag am Dienstag, 15. Oktober in der Bildungsakademie Singen informierte er die Gäste über die derzeitige Stimmungslage vor der nächsten Bundestagswahl.

"Kein neuer Befund", merkte Sommer direkt zu Beginn an, "ist der Tiefpunkt, der durch wirtschaftliche Folgen aus aktuellen Krisen wie dem Ukraine-Krieg sowie der damit verbundenen Inflation und Preissteigerungen entstand." Dabei habe die Politik den Umfragen des Instituts zufolge den größten Anteil an der zunehmenden Planungsunsicherheit in der Bevölkerung. 

Kaum Sicherheit im eigenen Land

Die Bevölkerung sorge sich Sommer zufolge auch um die Attraktivität des Standortes Deutschland, so habe sich das Vertrauen hierin in den letzten Jahren nur marginal erholt. Laut einem Panel des Instituts an die Führungsspitzen von Politik und Wirtschaft sehen diese vor allem große Schwierigkeiten in Sachen Energiepolitik. "Vor allem die nicht ausreichende Förderung wird hier stark bemängelt", erzählt Michael Sommer. Rund 85 Prozent sehen zudem eine Verschlechterung des Verhältnisses von der Wirtschaft zur Politik.
Im Folgenden ging Sommer auf einen potenziell überwiegenden Pessimismus in der Bevölkerung ein, so seien viele Menschen skeptisch, dass man in Deutschland den Sprung zurück schafft. "Des Weiteren haben rund 48 Prozent Angst vor einer militärischen Auseinandersetzung im eigenen Land." Dies zeigt sich ihm zufolge auch beim Aspekt der Wehrpflicht, so unterstützen nun wieder mehr Menschen eine potenzielle Wiedereinführung der Wehrpflicht. Das Gefühl der Sicherheit zeigte Michael Sommer hierbei auch im Ost-West-Vergleich aus, so fühlen sich gegenüber 64 Prozent im Westen nur 45 Prozent im Osten sicher im eigenen Land. 

Migration als zentrales Wahlkampfthema

Dass die Migration hierbei eine zentrale Rolle spiele, zeigt sich bei der Tatsache, dass sich rund 41 Prozent in Ostdeutschland weniger sicher durch Flüchtlinge fühlen gegenüber 30 Prozent im Westen. "Die Migration", ist sich Michael Sommer sicher, "wird das große Wahlkampfthema für die Bundestagswahl sein." Die Umfragen zeigen hierzu, dass 57 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, dass bei den Auswirkungen der Zuwanderung auf Deutschland die Nachteile überwiegen. Doch gebe es auch Licht am Ende des Tunnels, wie Sommer vermittelte. "Rund 62 Prozent der Befragten ab 16 Jahren sagen hierbei, dass mit den richtigen Maßnahmen die Zuwanderung gesteuert werden kann." Wachsende Sorgen aber hat die Bevölkerung der Umfrage zufolge über die Leistungsfähigkeit in Deutschland, so sei der Zenit hierbei längst überschritten, was sich unter anderem in der Kritik am Wohnungsmarkt, dem Ärztemangel und der Verkehrsinfrastruktur widerspiegle. 
Als Hoffnungsträger, um die ganzen Herausforderungen zu bewältigen, werden laut der Umfrage des Instituts vor allem die Wirtschaft, die Wissenschaft und die eigene Generation betrachtet. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierungspolitik zeigte sich auch in der Tatsache, dass sich rund 51 Prozent für vorgezogene Neuwahlen aussprechen. Ähnlich verhält es sich auch beim Blick auf die AfD, so seien 56 Prozent der Ansicht, dass es sich hier um eine extreme Partei handle. "Und auch wenn der Stolz für die eigene Leistung im Land immer noch da ist, sind nicht wenige weiter beunruhigt über die Polarisierungstendenzen", verdeutlichte Michael Sommer. Dies zeigt sich darin, dass vor allem soziale Netzwerke als Spaltungs- und Polarisierungsmotor in der Gesellschaft gesehen werden und rund 40 Prozent der AfD-Anhänger eine bessere Staatsform als die Demokratie für richtig erachten sowie klare Tendenzen für einen autoritären Führungsstil vorhanden seien. Besorgniserregend sei die Entwicklung der Polarisierung, so zeigte Sommer auf, dass die Mehrheit die Gesellschaft als gespalten empfinde und in den letzten Jahren unter anderem vermehrt Angriffe auf Polizisten stattfinden.

Mehr Vertrauen in die "klassischen" Medien

Positiver sieht es dann wieder in Sachen Vertrauen in die Medien aus, so meinen laut Umfrage rund 62 Prozent, dass die öffentlich-rechtlichen Medien der Spaltung entgegenwirken, rund 54 Prozent sehen hier die Zeitungen als Spaltungsgegenpol. "Auch das Radio sollte hier als Informationsmedium in Erscheinung treten", merkte Dietrich Bubeck an. Erschütternd zu betrachten ist wiederum, dass vermehrt Menschen über 40 Jahre, die sich über die sozialen Medien informieren, auch radikale Tendenzen umsetzen würden und Menschen unter 30 Jahren oft Social-Media-Content der AfD konsumieren. Auch die stärkere Altersgebundenheit bei Lokalzeitungen, sind dies meist Leute über 60 Jahre, gibt Michael Sommer bei der jüngeren Generation zu denken. "Wenn junge Leute nicht Zeitung lesen, werden sie es später auch nicht", stellte er klar. Darüber hinaus merkte er zum Abschluss an, dass vor allem bei der jungen Generation die Printaffinität nach oben gebracht werden müsse. Generell laste ihm zufolge eine immense Verantwortung an die nächste Regierung. "Wollen die Regierungsparteien eigentlich nicht mehr gewählt werden", wollte Gemeinderätin Birgit Kloos nach dem Vortrag von Michael Sommer wissen. "Hier habe ich das Gefühl, dass die Politik generell viel zu stark im Hier und Jetzt denken und wenig Langfristiges im Auge haben", so Sommer. Auch auf die Frage, inwiefern die Umfragewerte eine Konsistenz mit sich bringen, hatte Michael Sommer eine klare Antwort: "Nicht jede Antwort muss konsistent sein." Im Gegenteil: So gebe es bei vielen Menschen im eigenen Umfeld immer wieder Inkonsistenz und man müsse nicht immer eine Meinung abbilden.

Autor:

Philipp Findling aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.