Interessante Grabundsergebnisse bei Beuren
Warscheinlich die Keimzelle des damaligen »Burron« entdeckt
Singen-Beuren. Derzeit werden im künftigen Neubaugebiet „Engener Straße“ in Beuren an der Aach archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Untersucht werden dabei die Reste einer mittelalterlichen Siedlung, die bislang unbekannt war. aber durchaus die »Keimzelle« des heutigen Beuren sein könnte. Die Fundstelle wurde bei Routinevoruntersuchungen der Kreisarchäologie des Landratsamtes Konstanz am 17. und 18. August 2021 entdeckt, wie schon beim Spatenstich für die Erschließung vor einigen Wochen bekannt gegeben wurde.
Archäologische Baggerschürfe der Kreisarchäologie sind inzwischen ein Standardvorgehen auch in Plangebieten, in denen bisher keine archäologischen Fundstellen bekannt sind. Hierdurch sollen frühzeitig bisher unbekannte archäologische Fundstellen entdeckt werden, um rechtzeitig Ausgrabungen einleiten zu können und damit Verzögerungen der Erschließung zu vermeiden.
In Beuren an der Aach wird daher die archäologische Untersuchung der Erschließungstrassen vor dem geplanten Erschließungsbeginn (Ende Juli/Anfang August 2022) durchgeführt. Insgesamt wurden circa 7500 Quadratmeter Fläche untersucht. Die Erschließungstrassen sind bereits abgearbeitet. Inzwischen werden die betroffenen Baufenster ausgegraben. Die Ausgrabungen werden von der Grabungsfirma E&B excav GbR aus Freiburg durchgeführt. Örtlicher Grabungsleiter ist Benjamin Hamm. Die Stadt Singen trägt die Kosten. Der Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald betreut den Gesamtvorgang von der Planung bis Abschluss der Grabungen fachlich und wissenschaftlich in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Stadt Singen.
»Die Erschließungsarbeiten können pünktlich beginnen und die historischen Informationen, die sonst unwiederbringlich verloren wären, sind gesichert. Damit wurde auch Planungssicherheit für die Stadt Singen und die ausführenden Planer und Firmen erreicht«, so Dr. Jürgen Hald beim Medientermin vor Ort.
Bisherige Kenntnisse zur Entstehung des Dorfes Beuren
Circa 800 Meter nördlich des Ortes stieß man bereits 1933 beim Sandgraben im Gewann „Breite“ an der Straße nach Volkertshausen auf zwei west-ost-ausgerichte Skelette ohne Beigaben. Angeblich sind an diesem Platz bereits in den 1890er Jahren Schwerter und Lanzen gefunden worden. Möglicherweise handelt es sich hierbei um Funde aus einem frühmittelalterlichen Gräberfeld des 6. bis 8. Jahrhunderts n. Chr. Aufgrund der großen Entfernung zu Beuren ist jedoch fraglich, ob es sich hierbei um das Ortsgräberfeld handelt. Frühmittelalterliche Siedlungsfunde sind aus Beuren bisher nicht bekannt.
Die erste sichere urkundliche Nennung des Ortes als „Burron“ ist datiert in das Jahr 1228 auf einer Urkunde des St. Galler Abtes Konrad von Bussnang, in der Güter des Diethelm von Friedingen-Krähen in Beuren an das Kloster Salem gehen. Vermutlich gehörte das Dorf zum Besitz des Klosters Reichenau. Die Vogtei war zu unbekannter Zeit an die Herren von Möggingen gekommen, die Mitte des 14. Jahrhunderts hier sesshaft waren. 1392 lag die Niedergerichtsherrschaft bei den Herren von Friedingen. Danach kam es zu mehrfachem Besitzwechsel. Ende des 17. Jahrhunderts umfasste der Ort 23 Häuser. Die Landeshoheit lag bei der Landgrafschaft Nellenburg. Mit dieser gelangte Beuren 1806 für wenige Jahre an Württemberg und gehörte zum Kreis Rottweil. Ab 1810 ging Beuren an Baden und damit ins Oberamt und späteren Kreis Stockach. 1972 erfolgte die Eingemeindung nach Singen.
Die bisherigen Grabungsergebnisse:
Es wurden in den letzten Wochen durch die Archäologen über 500 Einzelfundstellen untersucht. Meist handelt es sich dabei um Verfärbungen von Fundamentgruben von Pfosten, aus welchen die Häuser errichtet wurden. Es konnten auch mehrere Grundrisse von stattlichen Häusern von bis zu 15 mal 6,5 Meter Fläche vollständig erfasst werden.
Insgesamt lassen sich mindestens drei verschiedene Hofstellen erkennen. Es handelt sich dabei um einzelnstehende landwirtschaftliche Gehöfte mit Pfostenhäusern und sogenannten Grubenhäusern, in denen handwerkliche Tätigkeiten verrichtet wurden. Das aus Keramikscherben und Tierknochenfragmenten bestehende Fundmaterial ist spärlich. Die wenigen Scherben mit datierbaren Verzierungselementen oder technischen Merkmalen gehören in das 12. und 13. Jhd. n. Chr. und damit in die Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes oder ein- bis zwei Generationen davor.
„Es dürfte sich hierbei um eine der Keimzellen, aus denen sich das heutige Dorf Beuren heraus entwickelt hat, handeln“, so Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald bei der Erläuterung der Grabungsergebnisse. „Der wissenschaftliche Ertrag dieser Ausgrabung ist insgesamt sehr gut. Großflächige Einblicke in die Binnenstruktur von hochmittelalterlichen ländlichen Siedlungen sind nicht allzu häufig, da die alten Siedlungskerne heute meist längst überbaut sind“, führt Hald weiter aus. Ähnliche Siedlungsbefunde sind beispielsweise auch aus dem Gewerbegebiet Killwies-Bütze bei Hilzingen oder aus dem Hilzinger Ortsteil Duchtlingen bekannt.
Unklar ist noch die Wasserversorgung des Weilers, da die Entfernung bis zur Radolfzeller Aach über 400 Meter beträgt. öglicherweise gab es auch Brunnen in den Siedlungsteilen, die außerhalb des Erschließungsgebiets liegen
Voraussichtlicher Abschluss der Grabungen ist bereits Ende Juli.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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