Arbeitnehmerseelsorger und Friedensaktivist starb völlig überraschend am 29. Dezember
Trauer um Dr. Heinz Kapp

Heinz Kapp | Foto: Völlig überraschend ist der Arbeitnehmerseelsorger und Friedensaktivist Heinz Kapp am 29. Dezember verstorben. swb-Bild: of/Archiv
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Singen. Völlig überraschend für alle, auch seine Familie, ist Dr. Heinz Kapp in der Nacht auf den 29. Dezember verstorben. Er wird am 10. Januar, 13 Uhr, auf dem Singener Waldfriedhof beerdigt, wie am Freitag bekannt wurde.

Heinz Kapp, Jahrgang 1936, hat nicht sein ganzes Arbeitsleben der Kirche gewidmet, doch "Kirche hat schon mit meiner Biographie was zu tun"", wie er im Gespräch mit dem Wochenblatt damals zur Verabschiedung in den "Ruhestand" 1996 verriet. Er wurde in Stuttgart geboren, erlebte bald das Schiksal, als Vollwaise "allein" auf der Welt zu sein, machte zunächst eine Lehre als Elektrokaufmann, doch schon 1956 stieg er mit 20 Jahren auf Sozialarbeit um. Dort erkannte er, wie viele andere in dieser Zeit, die so gerne die Vergangenheit verdrängen wollte, welche Notwendigkeit Bildung bedeutet. Bildung hat für Kapp etwas mit "wahrhaben wollen"" zu tun. Es ist auch eine Chance zur Freiheit für ihn. In Kassel baute er in der Zeit, die in die Ära der 68er mündete, eine politische Jugendbildung auf, bis er sich entschloss, Weiterbildung auch für sich selbst in Angriff zu nehmen: In Frankfurt studierte er über den zweiten Bildungsweg, er hatte eine Hochschulprüfung als "Externer"" abgelegt. 1970 war aber Adorno schon pensioniert. Nach dem Abschluss zog es ihn nach Mannheim, wo er als Pädagoge zusammen mit zwei Pfarrern eine Gemeinde in Personalunion führte. "Die damalige Vorstellung "Kirche ist für andere da"" war für mich wie zugeschnitten"" blickte Kapp damals zurück. Und: "Wenn eine Kirche offen ist, findet Bildung statt."

Bildung hat Heinz Kapp, auch als er 1983 in den Landkreis Konstanz für die evangelische Arbeitnehmerseelsorge kam, nie als reine "Informationsübertragung" verstanden, was durch die zahlreichen Veranstaltungen unterstrichen wurde, in denen Diskussionen auf dem Programm standen. Sein Einsatz galt auch Arbeitslosen, der Friedensbewegung oder den Pensionären von der damaligen KHD in Gottmadingen, was später als "Kverneland" unterging. "Treffpunkte anbieten"", "Gewissensbildung"" waren seine Stichworte, bei denen Gott nie personifiziert werden sollte: "Gott ist, ergriffen zu sein", was sein steter Grundsatz, de er bis zum letzten Augenblick ganz ansteckend lebte.

Nach seiner Pensionierung begann freilich ein sehr bewegter Unruhestand. Der Dr. kam erst jetzt dazu. Im rahmen eines Kontaktstudium an der UNI Konstanz verfasste er seine Doktorarbeit über die jüdischen Revolutionäre in der Zeit kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Christstein und Arbeitsleben stand - unter anderem auch mit von der evangelischen Kirchengemeinde gesetzten Thementagen, damals zusammen mit Pfarrer Joachim Schulz und danach mit Pfarrer Paul Wassmer von der Bonhoeffergemeinde viele Jahre im Mittelpunkt. Zusammen mit Hans-Peter Storz setzte sich das aktive SPD Mitglied federführend mit für die Umsetzung der Aktion "Stolpersteine" in Singen ein, und auch bei der ökumenischen Initiative, die sich für die Erinnerung an eine Sinti-Familie auf dem Tannenberg einsetzt, welche vertrieben wurde, war Heinz Kapp mit dabei. Erst kürzlich wurde er für ein Engagement mit dem Zivilcouragepreis ausgezeichnet.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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