Zur Umsetzung der Istanbuler Konvention
Schulungskonzept soll Behörden für Gewalt an Frauen sensibilisieren

Von links: Torsten Kalb (Fachbereich Jugend, Soziales und Ordnung Stadt Singen), Linda Kelmendi (Integrationsbeauftragte Stadt Singen), Harald Fischer (Polizei Singen), Thomas Pöppel (Ortspolizeibehörde Singen) und Claudia Zwiebel (Frauen- und Kinderschutz Singen). | Foto: Philipp Findling
  • Von links: Torsten Kalb (Fachbereich Jugend, Soziales und Ordnung Stadt Singen), Linda Kelmendi (Integrationsbeauftragte Stadt Singen), Harald Fischer (Polizei Singen), Thomas Pöppel (Ortspolizeibehörde Singen) und Claudia Zwiebel (Frauen- und Kinderschutz Singen).
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Singen. Der Gewaltschutz ist in Singen sehr gut aufgestellt. Durch eine über Jahre gewachsene und enge Kooperation zwischen Polizei, Rechts- und Ordnungsamt Singen und dem Frauenhaus ist ein lückenloser Schutz für gewaltbetroffene Frauen gewährleistet.
Der Frauen- und Kinderschutz e.V. Singen hat durch die Beantragung von Fördermitteln bei „Demokratie leben“ die Umsetzung einer Sensibilisierungsmaßnahme für die Stadt Singen zur Istanbul-Konvention initiiert.

Es wurde ein Konzept für die Schulung von Mitarbeitenden in Behörden erarbeitet, um diese über die Istanbul-Konvention zu informieren und Handlungsoptionen anzubieten. Dies ist ein weiterer Schritt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Die Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Seit 2018 ist die Istanbul-Konvention in der Bundesrepublik Deutschland geltendes Recht.
Förderung von "Demokratie leben"
Am 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hat Claudia Zwiebel, Mitarbeiterin des Frauen- und Kinderschutz e.V. Singen den Abschlussbericht des Projekts zur Erarbeitung des Schulungskonzepts, Vertretern der Stadt und der Polizei vorgestellt.  Das Projekt wurde laut Torsten Kalb, Fachbereichsleiter für Jugend, Soziales und Ordnung der Stadt Singen, zu 80 Prozent über "Demokratie leben" finanziert, den Rest stemmt der Verein. Die im nächsten Jahr vorgesehenen Schulungen werden über Landesmittel finanziert, wodurch für die Stadt Singen keine weiteren Kosten entstehen.

Bei den Schulungen wird zwischen Basisschulungen und Bedarfsschulung unterschieden: Beim Basisschulungsangebot geht es um Sensibilisierung für verschiedene Gewaltformen, Prävention und Entwicklung von Umgangsstrategien im Arbeitskontext der Stadt Singen. Sie sind unter anderem gerichtet an Mitarbeitende, die im Kundenkontakt stehen, wie SchulsozialarbeiterInnen, ErzieherInnen, IntegrationsmanagerInnen, Mitarbeitende im Rechts- und Ordnungsamt, Bürgerbüro oder Ausländeramt. In den stark praxisbezogenen Workshops können die Dynamiken von Gewalt erfahrbar gemacht werden.
Durch interaktive Übungen kann den Teilnehmenden ein tieferes Verständnis für die Mechanismen und Auswirkungen von Gewalt vermittelt werden. Dies kann dazu beitragen, dass die Teilnehmenden Gewaltdynamiken schneller erkennen und noch adäquater darauf reagieren können. Die Bedarfsschulungen bieten eine vertiefte Schulung für Mitarbeitende, die in ihrer Arbeit unmittelbar mit Fällen von häuslicher Gewalt konfrontiert werden. Ziel ist es hier, schnelle und effektive Unterstützung zu bieten, die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten und die richtigen Schritte einzuleiten, um weitere Gewalt zu verhindern.

Häusliche Gewalt nimmt zu

Gewaltbetroffene Frauen, so Claudia Zwiebel, können MitarbeiterInnen in nahezu allen Tätigkeitsfeldern begegnen. Dies zeigen unter anderem auch aktuelle Zahlen der Kriminalstatistik, wonach die Gewalt an Frauen bundesweit im Vergleich zum Vorjahr um 6,5 Prozent zugenommen hat. Harald Fischer,Sachberater für häusliche Gewalt beim Polizeirevier Singen bestätigt, dass auch im Landkreis Konstanz die häusliche Gewalt zugenommen hat. Neben psychischer und physischer Gewalt nehmen auch versuchte Tötungsdelikte und Bedrohungen zu. Auch digitale Gewalt ist ein sehr ernst zu nehmender Faktor. Die heutige Technik ist mittlerweile so weit, dass die Männer Handys oder Laptops der Opfer problemlos orten können. Eine Möglichkeit, betroffene Frauen vor ihren Peinigern zu schützen, sei der sogenannte "Platzverweis", wie Thomas Pöppel von der Ortspolizeibehörde Singen erläutert. Hierbei identifiziert die Polizei vor Ort den Aggressor und setzt diesen vier Tage vor die Tür. In dieser Zeit nimmt das Rechts- und Ordnungsamt Kontakt mit der betroffenen Frau auf und klärt sie über ihre Rechte auf. Der Kontakt zur Frauenberatungsstelle wird hergestellt. Das Rechts- und Ordnungsamt hat die Möglichkeit, den Platzverweis um weiter 14 Tage zu verlängern. In dieser Zeit kann die betroffene Frau mit Unterstützung der Beratungsstelle einen Antrag auf Wohnungszuweisung gemäß dem Gewaltschutzgesetz stellen. Sie wird über das ganze Verfahren durch die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle unterstützt und begleitet

Erste Schulung angefragt

Für die Schulungen sollen laut Torsten Kalb unter anderem die Familienberatung mit einbezogen werden. "Auch Mitarbeitende im Jugendmigrationsdienst oder auch der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte sollen hieran teilnehmen", ergänzt Linda Kelmendi, Integrationsbeauftragte der Stadt Singen. Von der Schulsozialarbeit wurde bereits für das Frühjahr 2025 eine Schulung angefragt. Mit anderen Abteilungen ist man in der Abklärung.

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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