Dorothea Wehinger diskutiert mit Polizei zu Gewalt an Frauen
Nur Spitze des Eisbergs

Wehinger Krebs | Foto: Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger informierte sich zum Protesttag »One Billion Rising« gegen Gewalt an Frauen beim Leiter des Singener Polizeirevier, Thomas Krebs. swb-Bild: of
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  • Foto: Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger informierte sich zum Protesttag »One Billion Rising« gegen Gewalt an Frauen beim Leiter des Singener Polizeirevier, Thomas Krebs. swb-Bild: of
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Singen. Den internationalen Gedenktag »One Billion Rising«, an dem der geschätzt eine Milliarde derzeit auf der Welt lebenden Frauen gedacht wird, die Opfer von Gewalt durch ihre Partner oder andere Männer werden, nutzte die Grüne Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger zu ihrem Antrittsbesuch beim neuen Polizeichef von Singen, Thomas Krebs.

Und dabei sollte es für die frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion natürlich eben um Thema Gewalt gegen Frauen hier im Hegau gehen. Krebs sieht in der Entwicklung in Singen aber eigentlich nicht große Auffälligkeiten, zwischen 30 und 70 Fällen seien es pro Jahr, bei denen die Polizei gerufen wird und beispielsweise Platzverweise gegen gewalttätige Partner oder Ehemänner aussprechen muss. Ein solcher Platzverweis gilt in der Regel für vier Tage, dann dürfen die Männer wieder heim. Ob es allerdings dadurch besser werde, könne man in den seltensten Fällen sagen. In rund 15 bis 20 Fällen allerdings gehe der Fall an die Stadt Singen über um hier für eine Lösung zu sorgen, zum Teil auch mit zivilrechtlichem Schutz oder dem Weg ins Frauenhaus. Letzteres freilich wird viel stärker nachgefragt, als es Fälle in der Region gebe, zum Beispiel weil es im Schwarzwald-Baar-Kreis nebenan keine solche Einrichtung gibt, und die Frauen auch aus einem weiteren Umkreis nach Singen geschickt werden, um Abstand von der Gewaltsituation daheim zu haben, weiß Dorothea Wehinger aus ihrer politischen Arbeit in Stuttgart.
Thomas Krebs räumte freilich auch ein, dass es in diesem Bereich eine sehr hohe Dunkelziffer gebe. Der Leidensdruck müsse in den meisten Fällen groß sein, und viele Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt werden, ob sexualisiert oder nicht, scheuten sich sehr oft die Polizei einzuschalten, zum Beispiel wegen wirtschaftlicher Abhängigkeit oder auch wegen gemeinsamer Kinder. Thomas Krebs unterstrich auch, dass 90 Prozent der Täter Deutsche seien, das Problem also nichts mit Migration zu tun habe, was oft unterstellt werde. Die angezeigten Vorfälle in Unterkünftigen für Flüchtlinge deckten sich mit deren Anteil an der Bevölkerung. Von sich aus könne die Polizei freilich auch keine eigenen Ermittlungen aufnehmen, weil es in vielen Fällen einfache körperliche Gewalt sei, und damit kein Offizialdelikt. Man sei also darauf angewiesen, vom Opfer informiert zu werden und dass die Frauen solche Fälle zur Anzeige bringen.

Rechtlich habe sich die Situation nach den Zwischenfällen von Köln in der Silvesternacht 2015/16 um einiges zum Beispiel durch ein verschärftes Sexualstrafrecht verbessert, merkte Krebs an.
Darauf habe auch die Landesregierung reagiert, die im kommenden Doppelhaushalt die Fachberaterstellen für Opfer von sexueller Gewalt deutlich erhöhen wolle, kündigte Dorothea Wehinger in dem Gespräch an. Thomas Krebs sieht für die Beratung von Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, hier in der Region auch eine gute Struktur, die vorhanden ist. Präventiv könnte die Polizei nicht tätig werden, beantwortete Krebs eine Frage von Dorothea Wehinger. Dafür sei man schlichtweg nicht ausgebildet.
Am 9. April wird Thomas Krebs übrigens seinen Bericht im Singener Gemeinderat vorstellen.

Dorothea Wehinger legt in diesem Zusammenhang alle Frauen, die eben noch unter der Spitze des Eisbergs sind, eine Telefonnummer ans Herz: unter 08000 116016 wurde ein kostenloses Hilfetelefon eingereichtet mit Beratung in 17 Sprachen und auch Chat-Funktion. Mehr dazu auch unter www.hilfetelefon.de

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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