SPD will Diskussion über Wohnungsbau in Singen in Gang halten / Gäste aus Ulm und Freiburg
Nicht mit Schwert gegen zarte Pflänzchen
Singen. Wie muss die Stadt Singen reagieren auf die zunehmende Wohnungsknappheit und braucht sie dafür nicht etwa doch eine eigene Wohnbaugesellschaft, die die Lücken füllt, welche durch die Insolvenz der GVV entstanden sind. Das ist eine Frage der die SPD in Singen ganz speziell auf den Grund gehen will. Und um sich zu diesem Punkt mehr Klarheit zu verschaffen, hatte sie am Montag Abend sich Dr. Frank Pinsler als Vorstand der städtischen Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (UWS) eingeladen, wie Heinz-Dieter Störck vom katholischen Siedlungswerk aus Freiburg, das von Rottweil aus in Singen ja mit den Projekten am Malvenweg und am Herz-Jesu-Platz neu aktiv ist.
Um es vorneweg zu sagen: Singens OB Bernd Häusler war natürlich auch zu der SPD-Veranstaltung gekommen, und seine Position für die Zeit nach der GVV ist ja bekannt: diese sei durch ihre Konstruktion im Wohnungs- und Bauträgermarkt so dominant gewesen, dass andere Anbieter kein Interesse hatten. Jetzt in der Phase nach der GVV würden Bauträger auf einmal auf Singen aufmerksam und entdeckten die Stadt als Markt mit Potenzial für sich, wovon die Stadt in Sachen Wohnraum schon bald profitieren könne. Wenn man jetzt mit einer eigenen Baugesellschaft käme, könnte das wie ein Schwert für das zarte Pflänzchen Wohnungsbau sein. Zudem habe man inzwischen rund 10 Millionen Euro aus der GVV-Pleite auf dem Buckel.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Regina Brütsch sieht Singen freilich vor großen Aufgaben. Aus den Studien zum Wohnbaumbedarf für Singen, der unter anderem wegen der Flüchtlingsströme nach oben korrigiert werden musste, solle die Stadt bis zum Jahr 2030 auf über 52.000 Einwohner wachsen, es gebe hier vor Ort genauso einen Bedarf an günstigem und geförderten Wohnraum wie an Bauplätzen, denn die Studien hätten ja unter anderem ergeben, dass es zwar viele Arbeitsplätze für Akademiker in der Stadt gebe, diese aber zum größeren Teil einpendelten, weil es in Singen kein Angebot für ihren Wohnbedarf gebe. Sie sieht Singen quasi in einer „Stunde 0“, was eigene Möglichkeiten zur Schaffung des so begehrten Wohnraums betreffe und jetzt müsste man sich darüber im Klaren sein, welche Instrumente man nutzen wolle, um den Herausforderungen gerecht zu werden.
Den Tipp – dass Singen so was am Besten mit einer neuen eigenen Wohnbaugesellschaft meistern würde, gab es von den beiden Gästen an diesem Abend nicht. Singen sei von seiner Struktur nicht mit Ulm oder Freiburg vergleichbar, vor allem viel kleiner. Selbst Konstanz und seiner Wobak (städtische Baugesellschaft) sei was ganz anderes, weil die Stadt eine andere Struktur habe. Es müsse nicht unbedingt ein Vorteil sein, wenn man selbst baue, man könnte auch als Kommune ganz klare Vorgaben machen, wie hoch zum Beispiel im Geschosswohnungsbau der Anteil öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus sein solle, wenn man eine entsprechende Grundstückspolitik betreibe, bei der der Kommune immer alle Grundstücke von Baugebieten gehörten“, unterstrich Dr. Pinsler in der regen Diskussion der rund 20 Gäste dieses Abends. Man habe da schon länger aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, sagte dazu OB Häusler. Auch bei den Singener Baugebieten gehe erst was, wenn aller Grund und Boden im Besitz der Stadt sei.
Was Bauprojekte betrifft, so wurde aus Ulm vermeldet, dass man Bauprojekte niemals mit anderen querfinanzfinanziere und diese so aufgestellt sein müssten, dass sie sich selbst tragen. Auch dort hat die städtische Baugesellschaft wie auch die Bauträger die Vorgabe, mindestens 20 Prozent geförderten Wohnbau zu stellen. Heinz-Dieter Störck, der mit dem Siedlungswerk erst seit kurzen in Singen aktiv ist: „Wir staunen hier schon, wie eng es auf dem Singener Wohnungsmarkt zugeht. Das Wohnraum so knapp ist, war uns selbst nicht so klar gewesen.“
Dass sich in Singen in nächster Zukunft viel in Sachen Wohnungsbau tun muss, unterstrich auch Herbert Weber vom Mieterbund Bodensee: Früher habe Konstanz als problematisch gegolten wegen der Studenten. Inzwischen sei Singen fast noch problematischer, weil in den letzten Jahren nichts mehr gebaut worden sei, auch Radolfzell ist für ihn ein Brennpunkt.
Regina Brütsch kündigte weitere Vorstöße ihrer Partei zum Thema Wohnraum an – auch nochmals zu einem Mietspiegel, zu dem es schon am Montagabend ein heftiges Für und Wider gab. Der Mieterbund will ihn, die Stadt nicht. In Ulm ist er zum Beispiel schon lange selbstverständlich, sagte Dr. Pinsler. „Und wir sind die, die den Mietspiegel durch unsere Preise auch unten halten.“
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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