Gewerkschaften sehen weiter wachsende Ungerechtigkeit
„Mehr Solidarität ist nötig“

Maifeier  | Foto: Christoph Ehlscheid von der IG-Metall forderte einen neuen Pakt der Solidarität um dem Wohlstand des Landes gerechter zu verteilen. swb-Bild: of
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Singen (of). „Hartz 4 hat versagt“, war die klare Bilanz von Christoph Ehlscheid von der IG-Metall-Zentrale in Frankfurt bei der Kundgebung zum 1. Mai am Dienstag in seiner Rede von rund 300 Zuhörern in der Singener Scheffelhalle Damit entgegnete er dem allgemeinen Stimmungsbild, dass es doch angesichts der Hochkonjunktur, Rekordexporten und niedrige Arbeitslosenzahlen derzeit doch keinen Grund zur Klage gebe und alle zufrieden seien.

Alle könnten gewiss nicht zufrieden sein, denn Deutschland werde zwar immer reicher, doch nur ein Teil. Denn nur die Reichen würden immer reicher, der Anteil armen Menschen steige beständig auf inzwischen 30 Prozent. „Krankenschwestern wie Maurer können heute gar nicht jubeln“, so Christoph Ehlscheid. „Der Reichtum nimmt zu, aber genauso die Ungerechtigkeit.“ Deshalb haben die Gewerkschaften diesen Tag unter das Motto „Solidarität, Gerechtigkeit und Vielfalt“ gestellt. Es brauche eine neue Solidarität in diesem Land, um den Reichtum besser zu verteilen. Immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse gebe es und während für Arbeit einst eine Quelle für Wohlstand gewesen sei, steige das Risiko durch Arbeit arm zu bleiben immer stärker an. Die große Koalition habe sich zwar vorgenommen in ihrem Vertrag die Zukunftsfragen des Landes anzugehen, doch das habe sie bis jetzt nicht geschafft. Das gab ausdrücklichen Applaus in der Halle von den anwesenden Zuhörern.

Ein sozialpolitischer Skandal sei auch das Thema Rente, denn trotz der angekündigten Rentenerhöhung im Juli bleibe die „Rente mit 67“ aus seiner Sicht eine sozialpolitische Fehlentscheidung ohne gleichen. „Man kann zwar mit 70 noch auf der Trainerbank des FC Bayern sitzen, aber für den Sturm reicht da schon lange nicht mehr“, entlehnte er ein Beispiel aus dem Fußball. Für ihn müsste die Entwicklung genau in die andere Richtung gehen, unterstrich Ehlscheid. Dringend an der Zeit ist es für den Gewerkschaftssekretär da auch, die Parität bei der gesetzlichen Krankenversicherung wieder herzustellen um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Auch das stehe ja im Koalitionsvertrag.

Auf das viel diskutierte Thema Digitalisierung ging Ehlscheid kritisch ein, denn dadurch werde gewiss nicht alles besser, denn es die ungezügelten Attacken der Arbeitgeber auf das Arbeitszeitgesetz sei der Wunsch nach „Arbeit ohne Ende“ an die Beschäftigen, die eben keine Roboter seien, welche rund um die Uhr arbeiten könnten.“ Da wolle man nicht mitmachen. Das hatten auch schon die Umfragen der Gewerkschaft im letzten Jahr im Vorfeld der Tarifrunde ergeben. Es gehe darum, die Zukunft der Arbeit in diesem Land mit den Beschäftigen zu gestalten.

Eine klare Position wurde auch gegenüber jenen gefordert, die gegen Minderheiten und Flüchtlinge hetzten. Es brauche ein klares Nein gegenüber Ausgrenzung, Hass und Intoleranz. Letzteres sei keine Alternative zu den aktuellen Herausforderungen. »Denn allen Menschen sollten die gleichen Lebensperspektiven haben, gleich wo sie geboren werden“, sagte Ehlscheid.

Angesichts der ungünstigen Wetteraussichten hatten die Gewerkschafter in diesem Jahr die Maifeier gleich in die Scheffelhalle verlegt. Mit der Konsequenz, dass dass internationale gastronomische Angebot vor der Halle war und damit auch das Publikum. Der Beginn der Veranstaltung hatte sich verzögert, weil es wohl Missverständnisse bezüglich der Polizeigeleitung des Umzugs von der Kirche zu Halle gab.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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