Kliniken sehen regionale Versorgung in Gefahr
Kritik und Gegenstimmen zur beschlossenen Klinikreform der "Ampel"

Wieviel klinische Gesundheitsstruktur wird es im Landkreis nach dem Greifen der am Donnerstag beschlossenen Lauterbach-Reform geben? Diese Frage wird so schnell nicht beantwortet werden. Auch die Unsicherheit wird noch eine Weile andauern, befürchtet die regionale Politik. | Foto: GLKN
  • Wieviel klinische Gesundheitsstruktur wird es im Landkreis nach dem Greifen der am Donnerstag beschlossenen Lauterbach-Reform geben? Diese Frage wird so schnell nicht beantwortet werden. Auch die Unsicherheit wird noch eine Weile andauern, befürchtet die regionale Politik.
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Singen. Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag in 2. und 3. Lesung das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) der Bundesregierung abschließend beraten und mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen beschlossen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung hat gegen die vorgeschlagene Reform gestimmt.
„Unser Ziel muss es sein, Krankenhausstrukturen in Stadt und Land zukunftsfest zu machen, statt sie zu gefährden". so Andreas Jung. Das von der Ampelkoalition beschlossene Gesetz gefährde dagegen die Gesundheitsversorgung auch im Landkreis Konstanz. „Es wird hier zu zentralistisch von den Metropolen aus gedacht“, so Jung weiter.

„Auch die Häuser in unserer Region ächzen unter den Lasten in der aktuellen Lage“, berichtet Jung von Gesprächen mit den Verantwortlichen. Die Notwendigkeit einer Krankenhausreform ist deshalb auch aus Sicht des Unionsabgeordneten unstrittig. „Die wesentliche Aufgabe ist es, die Krankenhausstrukturen in Deutschland angesichts der beschriebenen Herausforderungen zukunftsfest und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln“, erklärt Andreas Jung. Deshalb teile er das grundsätzliche Ansinnen der Bundesregierung, das Gesundheitswesen im Krankenhaus zu entökonomisieren, zu entbürokratisieren und eine erstklassige medizinische Versorgung flächendeckend sicherzustellen.
„Nur der vorgelegte Gesetzesentwurf leistet eben gerade dies nicht“, kritisiert Andreas Jung. Stattdessen bleibe die Reform hinter den Vorschlägen führender Experten zurück, greife in die grundgesetzlich garantierte Planungshoheit der Länder ein und enthalte unzureichende Festlegungen zur Finanzierung.

An den Ländern vorbei entschieden

"Trotz aller Einwürfe hat die Ampel stur an ihrer Linie einer mehr und mehr zentralistisch geregelten medizinischen Versorgung festgehalten und komplett an den Bundesländern und den Kommunen vorbei konzipiert“, kritisiert Jung. Im Ergebnis habe die Bundesregierung einen Umbau der Krankenhauslandschaft im Alleingang vorgenommen. Die Betroffenen vor Ort würden dagegen im Hinblick auf die nun konkret anstehenden Konsequenten im Nebel stochern, was bei Kliniken wie bei ihren Trägern zu einer erheblichen Rechts- und Planungsunsicherheit führe.
„Durch die Tiefschläge für unsere Krankenhäuser drohen bleibende Schäden bei der Versorgung vor Ort“, erklärt Jung seine Entscheidung. Es bleibe nun die gemeinsame Aufgabe, eine verlässliche Gesundheitsversorgung in Stadt und Land sicher zu stellen. „Als Union haben wir deshalb einen Entschließungsantrag formuliert, in dem wir unter anderem fordern, eine regionalisiert betrachtete Bedarfsanalyse durchzuführen. Zudem solle eine Brückenfinanzierung über ein Vorschaltgesetz eine unkontrollierbare kalte Strukturbereinigung verhindern - also Klinikschliessungen, noch vor dem Beginn der Umsetzung der Reform.“

GLKN: Reform muss grundlegend überarbeitet werden

"Trotz zahlreicher Hinweise und Kritikpunkte, die von Seiten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Bundesländern vorgebracht wurden, finden sich in dem Gesetzesentwurf bisher keine konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der dramatischen Finanzsituation der Krankenhäuser", wirft Bernd Sieber, Geschäftsführer des Gesundheitsverbunds im Landkreis Konstanz ein.
Für das Jahr 2024 erwarten 85 Prozent der Kliniken in Baden-Württemberg ein Defizit, das im Wesentlichen auf die unzureichende Finanzierung der Betriebskosten und die nicht kostendeckende Berechnung der Landesbasisfallwerte zurückzuführen ist.

Auch der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz ist von dieser Entwicklung schon länger stark betroffen. Besonders die Nähe zur Schweiz verschärft die Situation um das medizinische Personal spürbar, wodurch unsere Einrichtungen in Konstanz, Singen, Engen und Gailingen zusätzlich mit hohen Lohnkosten belastet sind, die im bestehenden Finanzierungssystem nicht ausreichend berücksichtigt werden. Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz habe in den vergangenen zwei Jahren sein Leistungsangebot durch Schließung von zwei Standorten (Stühlingen und Radolfzell) und Verlagerung von medizinischen Leistungen an die Standorte Singen und Konstanz örtlich gebündelt und kosteneffizienter aufgestellt. Doch trotz dieser einschneidenden Schritte fehlten weiter kostendeckende Finanzierungsstrukturen, um die regionale Gesundheitsversorgung langfristig zu sichern.

Die im KHVVG vorgesehenen Regelungen lösen die bestehenden finanziellen Herausforderungen der Krankenhäuser nicht hinreichend, kritisiert Sieber in seinem Statement. Es bedürfe aber jetzt dringend einer Klärung und der Umsetzung einer fairen und nachhaltigen Finanzierung, die den tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser Rechnung trage. Ansonsten drohten weitere Einschnitte, die nicht nur die Gesundheitsversorgung, sondern auch die finanzielle Stabilität der Kommunen hier im Landkreis in Frage stellten.

Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz setzt sich laut Bernd Sieber daher weiterhin dafür ein, dass die Reform grundlegend überarbeitet werde, um eine nachhaltige Lösung für die Finanzierung der Krankenhäuser sicherzustellen. "Wir appellieren an die Entscheidungsträger, die Interessen der Kliniken und der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt zu stellen und einen Reformprozess zu gestalten, der langfristig die Gesundheitsversorgung in Deutschland sichert."

Krankenhaus Stockach: Grundversorgung muss gesichert bleiben

Auch der Geschäftsführer des Krankenhaus Stockach, Michael Hanke, sieht die Beschlüsse  kritisch, wenngleich er nicht ewartet, dass diese Reform nun rasch umgesetzt wird und der seine Hoffnungen auf die anstehende Bundestagswahl setzt, nach der vielleicht ein neuer Bundesgesundheitsminister noch einen Richtungswechsel vornehmen könnte. Denn die Arbeit des Stockacher Krankenhauses mache immer wieder deutlich, wie wichtig eine Basisversorgung vor Ort im ländlichen Raum sei, zumal die Rolle des Krankenhauses nochmals durch die Schließungen im Umfeld in Radolfzell wie im benachbarten Landkreis Sigmaringen gestärkt wurde. "Eine medizinische Grundversorgung ist durch eine Ambulanz nicht möglich und auf der anderen Seite braucht es dafür keine Spezialkliniken", stellt der klar.
Seine Kritik setzt schon bei der Vorbereitung dieser Reform an, denn zweieinhalb Jahre sei eingeltich nichts und kurz vor dem Entscheid kamen viel zu spät die ganzen Änderungsanträge. "Politik nach Kassenlage ändert nichts" ist das Urteil von Michael Hanke, der auch darauf verweist, dass der Beschluss in Berlin nun gefasst worden sei, ohne eine Auswirkungsanalyse gemacht zu haben, die die Folgen dieser Reform untersucht hätte.

Quellen: Wahlkreisbüro Andreas Jung, Konstanz; Pressestelle GLKN, Krankenhaus Stockach

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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