Erhaltungssatzung gegen Stimmen von FDP und CDU
„Keine Käseglocke für die Singener Innenstadt“

Der damals angekündigte Umbau des einstigen „Becker-Geburtshauses" in der Scheffelstraße war einer der Auslöser für die Anträge der Erhaltungssatzung gewesen. Das aktuelle Bild zeigt, dass das Gebäude auch ohne die Satzung den Charakter der Stadt in der Scheffelstraße wahren kann. | Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
  • Der damals angekündigte Umbau des einstigen „Becker-Geburtshauses" in der Scheffelstraße war einer der Auslöser für die Anträge der Erhaltungssatzung gewesen. Das aktuelle Bild zeigt, dass das Gebäude auch ohne die Satzung den Charakter der Stadt in der Scheffelstraße wahren kann.
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Singen. Der Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt hat in seiner jüngsten Sitzung die in zweijähriger Arbeit vorbereitete Gestaltungssatzung für die Singener Innenstadt gegen die Stimmen der FDP und der CDU zur Annahme für den Gemeinderat empfohlen. In der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag blieben die Parteien bei ihrem Widerstand. Ein Vertagungsantrag der CDU, der von Fraktionssprecher Franz Hirsche eingebracht wurde, scheiterte in der Sitzung. Die Gestaltungsatzung selbt wurde dann mit 20 gegen 10 Stimmen mehrheitlich angenommen.

Die engere Singener Innenstadt, die nach dem „Alten Dorf“ nördlich des damals neu erbauten Bahnhofs und Bahnhofknotenpunkts ab etwa 1877 bis in die 1920er Jahre entstanden war, wurde von Dipl.-Ing Christine Keinath von der URBA Architektenpartnerschaft dafür genau unter die Lupe genommen. „Singen, die Gründerzeitstadt“ hatte sie ihr Referat im Ausschuss überschrieben. Man habe ein klar abgestecktes Quartier und dafür auch die Archivakten im Stadtbauamt durchsucht. Man könne jetzt auch mit guten Argumenten die Erhaltungssatzung auf den Weg bringen, denn in dieser Hinsicht sei die Singener Innenstadt schon etwas Besonderes. „Es geht um die Eigenarten und den Wiedererkennungswert. In diesem Geist weiterzuentwickeln wäre auch aktive Wirtschaftsförderung“, machte Keinath in ihrer Vorstellung deutlich. Und: „Wichtig ist die Mannschaft, das macht Singen markant." Denn wenn man nun etwas herausnehme, dann fehlte das in der Stadt – für immer.

Die Gebäude wurden auch Straßenweise untersucht, denn es gibt in den Baustrukturen durchaus Unterschiede. Häuser wie das einstige Kaufhaus Guttenberg oder das ehemalige Foto Ott in der Scheffelstraße funktionierten für sie auch nach Um- und Anbauten noch genauso gut wie die der Gründerzeit. Die Hegaustraße sei besonders im Osten durch viele Wohnhäuser mit Gartengrundstück geprägt, die durchaus auch Nachverdichtungen zuließen. Interessant ist, dass es mit der Villa Wetzstein (heute Hospiz), die davor die „Villa Fahr“ war, nur eine Villa von Industriellen in der Innenstadt gebe, da die anderen „Fabrikanten“ ja aus der Schweiz kamen und dort auch ihren Sitz behielten. Viele der Gebäude seien aber damals mit kleinen Werkstätten ausgestattet worden. Für die repräsentative August-Ruf-Straße biete die neue Satzung auch weiter genügend Spielräume für Veränderungen, machte sie deutlich. Aber: „Ohne die historischen Gebäude würde es hier aussehen wie überall. Wenn da Erker oder Türmchen fehlen würden, wäre das schade. Die Stadt könnte mit Gründerzeit ihren Marktwert erhalten“, unterstrich sie.

Auf Anfrage von Gemeinderätin Karin Leyhe-Schröpfer wurde gesagt, dass man die 150 Eigentümer in der Innenstadt angeschrieben habe. Es habe acht Rückmeldungen gegeben, von denen man sechs als Einspruch werte. Die Nachfrage, wer da Einspruch erhoben habe, konnte aber nicht beantwortet werden, mit Verweis auf den Datenschutz. Leyhe-Schröpfer, eine der Verfechterinnen der Erhaltungssatzung, unterstrich, dass mit der Satzung keineswegs ein Stillstand gefordert sei und man wolle auch keine Käseglocke über die Innenstadt stülpen. „Es geht um das Identitätsgefühl der Stadt“, machte sie deutlich.

Einer derer, der hier Widerspruch eingelegt hatte, war freilich in der Sitzung des Ausschusses und hatte sich das Abstimmungsergebnis genau notiert. Für ihn gehe es mit dieser Satzung um „Enteignung“, argumentierte er am Rande der Abstimmung.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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