Bundesweite Aktion zu Ehren des Grundgesetzes
Ist die eigene Menschenwürde wirklich unantastbar?

Wollen gemeinsam dafür Sorgen, die Menschenwürde mehr in die Mitte der Gesellschaft zu bringen (hinten stehend von links): Pfarrer Andreas Sturm (Altkatholische Gemeinde Singen), Wolfgang Heintschel (Caritas Singen-Hegau), Christine Derschka (Bildungszentrum Singen), Jürgen Napel (Kinderheim St. Peter und Paul Singen), Elisabeth Paul (Treffpunkt Horizont). Vorne sitzend von links: Dekan Matthias Zimmermann, Waltraud Reichle (Klinikseelsorge Singen) und Martina Kaiser (Caritas Singen-Hegau). | Foto: Philipp Findling
  • Wollen gemeinsam dafür Sorgen, die Menschenwürde mehr in die Mitte der Gesellschaft zu bringen (hinten stehend von links): Pfarrer Andreas Sturm (Altkatholische Gemeinde Singen), Wolfgang Heintschel (Caritas Singen-Hegau), Christine Derschka (Bildungszentrum Singen), Jürgen Napel (Kinderheim St. Peter und Paul Singen), Elisabeth Paul (Treffpunkt Horizont). Vorne sitzend von links: Dekan Matthias Zimmermann, Waltraud Reichle (Klinikseelsorge Singen) und Martina Kaiser (Caritas Singen-Hegau).
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Singen. Der erste Satz des Grundgesetzes "Die Würde ist unantastbar." bildet seit schon 75 Jahren die zentrale Basis unseres Zusammenlebens. Um den Begriff der Menschenwürde mitten in die Gesellschaft zu bringen, veranstaltet die Initiative "Würde unantastbar bundesweit in den nächsten Wochen und Monaten spannende Aktionen.

Entstanden ist die Idee durch den katholischen Diakon und Holzhauer Ralf Knoblauch aus Bonn, der ebenfalls die bekannten Königsfiguren erschuf, anlässlich des Geburtstags des Grundgesetzes sowie des Wahljahres 2024, wie Christine Derschka, Leiterin des Bildungszentrums Singen erzählte. Hieraus entstand schließlich die Idee, die beiden Worte "Würde" und "unantastbar" auf sogenannte "Würdetafeln" aus Holz einzubrennen und während dieses Prozesses mit anderen Menschen über das Thema Menschenwürde ins Gespräch zu kommen. Im Nachgang kann man diese Täfelchen entweder behalten oder weiter verschenken.

Wachsendes Netzwerk

"In den Pfingstferien kam Andrea Koch von der Schnapsbrennerei Brennlust aus Wahlwies auf mich zu und begeisterte mich sofort für diese Aktion, sodass wir bereits beim großen Gottesdienst am Singener Stadtfest erste Täfelchen verteilen konnten", so Derschka. In Singen und Umgebung haben sich mittlerweile neben dem Bildungszentrum auch der Caritasverband Singen-Hegau, das Dekanat Hegau, das Ökumenische Hospiz- und Palliativzentrum Horizont, die Ökumenische Klinikseelsorge Singen, das Kinderheim St. Peter und Paul sowie die Arbeitergemeinschaft Christlicher Kirchen Singen angeschlossen. "Das Netzwerk hier", so Derschka, "wächst dabei immer weiter". So haben mittlerweile auch Institutionen aus Radolfzell, der Höri oder auch Stockach bekundet, sich diesem noch anschließen zu wollen.
Gefertigt wurden die Täfelchen vom Team Pirmin, einer Behindertenwerkstatt mit Schreinerei in der Singener Südstadt. Ausleihboxen hierzu, worin sich neben den ungebrannten Holztäfelchen und dem Brennstempel auch eine Ausgabe des Grundgesetzes, Malstifte sowie Lötkolben zur persönlichen Prägung auf der Rückseite befinden, gibt es unter anderem bei der Caritas, der Religionspädagogischen Medienstelle sowie im Bildungszentrum. "Zudem sind auch Fragebögen mit dabei, falls sich die Leute schwertun, über das Thema zu sprechen", erläutert Martina Kaiser von der Caritas Singen-Hegau. Dort habe man bereits im Rahmen des Sommerfestes ebenfalls schon Würdetafeln gefertigt, wie der Caritas-Vorsitzende Wolfgang Heintschel berichtete. "Gerade für Menschen mit Behinderung, Armutsbetroffenen oder auch Flüchtlingen ist ein menschenwürdiges Leben elementar wichtig, stellt man sich dort auch immer wieder die Frage, was Würde für sie ausmacht." Bisher wurden 3.000 Täfelchen angefertigt, wobei die ersten 1.000 vom Arbeitskreis Erwachsenenbildung gefördert wurde. Eine feste Anzahl als Ziel gebe es für Christine Derschka jedoch nicht.

"Was ist Menschenwürde?"

Generell sei es der Leiterin des Bildungszentrums bei dieser Aktion, die in den verschiedenen Institutionen angeboten wird, wichtig, sich auch die Frage zu stellen, wie man mit Menschenwürde arbeiten kann, da die Botschaft hierzu unterschiedliche Facetten mit sich bringe. So auch für Waltraud Reichle von der Singener Klinikseelsorge, die im Rahmen eines Teamtages im Kloster Hegne am 20. September auch der Frage "Was ist Menschenwürde?" im Kontext des Klinikalltags nachgehen will. "Gerade in einem solchen Umfeld, wo Respekt, Solidarität und Achtung eine wichtige Rolle spielen, ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen."
Auch in der Singener Vesperkirche im Januar 2025 möchte man die Menschenwürde zum Thema machen, in dem man unter anderem die Könige auf die Tische stellt und miteinander ins Gespräch kommt, wie Pfarrer Andreas Sturm von der Altkatholischen Gemeinde Singen erzählt. "Es soll verdeutlicht werden, dass niemand einem selbst die Würde nehmen kann und Herkunft wie auch andere Hintergründe keine Rolle spielen."

Würde von Gott geschenkt

Eine weitere Aktion plant der Treffpunkt Horizont zum Welthospiztag am 12. Oktober, wo man sich mit einem Stand in der Singener Innenstadt präsentieren und ebenfalls die Möglichkeit zur Fertigung von Würdetafeln bietet, wie Elisabeth Paul verkünden konnte. Auch in Engen möchte man zum Tag der Demokratie am 14. September gemeinsam mit dem Verein "Unser Buntes Engen" das Thema dementsprechend angehen. "Wir wollen inhaltlich tiefer reingehen und damit zeigen, dass Menschen sich die eigene Würde nicht gegenseitig nehmen und absprechen können", verdeutlichte Dekan Matthias Zimmermann. "Denn Menschlichkeit und Würde", so Waltraud Reichle ergänzend, "wurde uns von Gott geschenkt." Allgemein soll laut Zimmermann sich hierbei auch gefragt werden: "Was ist mit meiner Würde?", denn "wenn viele ihre Würde immer hinten anstellen, haben sie den Sinn hiervon nicht verstanden." Man müsse ihm zufolge auch darauf achten, wo die Menschenwürde verletzt werden kann.
Im Kinderheim St. Peter und Paul wird es Rahmen einer internen Schulung grenzachtenden Umgangs für Mitarbeiter der Kirche laut Heimleiter Jürgen Napel anstatt vieler Zettel ebenfalls Würdetafeln zum Abschluss geben. "Hiermit wollen wir dafür sorgen, das Präventionskonzept der Würde zu erfüllen." Auch der Gottmadinger Ortsteil Randegg werde laut Christine Derschka im Rahmen der Feierlichkeiten mit der österreichischen Gemeinde Randegg bei der Dorfrallye diese Aktion anbieten. "Die Täfelchen hierzu werden die Veranstalter selbst sägen", so Dreschka.

Für Waltraud Reichle spiele ebenfalls die Ressourcenknappheit eine zentrale Rolle, so soll hierbei auch vermittelt werden, dass alle das Recht auf ein würdevolles Leben haben und man sich auch hinterfragen sollte, wem eigentlich was zustehe im Leben. "Die Neiddebatte", so Wolfgang Heintschel anfügend hierzu, "hat in letzter Zeit immer mehr an Fahrt aufgenommen." Daher sei es für ihn wichtig, diese Initiative und dieses Netzwerk aufgrund der politischen Debatten darüber auch an die Kreis- und Gemeinderäten heranzutragen. Zudem gelte es, das Thema auch interreligiös weiterzuvermitteln. Denn die Botschaft der Initiative, dabei sind sich alle teilnehmenden Institutionen einig, ist unmissverständlich: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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