Eine Vernissage - zwei Geburtstage
Im Bürgersaal in Singen gibt es jetzt die "Narrenzeit"-Ausstellung zu sehen
Singen. War es ein Nachzügler der vergangenen Fasnet, oder doch ein Vorgeschmack auf die kommende? So oder so ging es bei der Eröffnung der Wanderausstellung "Narrenzeit - Kulturerbe Fastnacht im Wandel" im Bürgersaal doch etwas närrisch zu. Gefeiert wird damit doppelt: einerseits das 100-jährige Bestehen der Vereinigung schwäbisch alemannischer Narrenzünfte (VSAN), andererseits der 125. Geburtstag der Stadt Singen.
Die Narretei, betonte Oberbürgermeister Bernd Häusler, sei identitätsstiftend für die Stadt. Bei einer kürzlich erfolgten Umfrage, bei der mehrere hundert Personen teilgenommen hätten, hätten 75 Prozent der Gefragten angegeben, dass die Fastnacht die wichtigste Veranstaltung in der Stadt ist. Die Poppele-Zunft sei zum "identitätsstiftensten" Verein gewählt worden. Über 20 Vereine und Musiken bereichern jedes Jahr die Fastnacht. Eine solche Ausstellung füge sich gut ein "in unseren Kulturschwerpunkt".
Kulturgut Fastnacht
Roland Wehrle, Präsident der VSAN, ließ es sich trotz einer am Morgen erfolgten Operation an der Hand nicht nehmen, bei der Ausstellungseröffnung dabei zu sein. Er erzählte von den Anfängen der Vereinigung, als 13 Zünfte und Vereine auf Einladung der Narrozunft Villingen zusammenkamen und den "Gauverband badischer und württembergischer althistorischer Narrenzünfte" gründeten. Daraus sei etwas "gigantisches" geworden, so Wöhrle. "Eine riesige Volksbewegung."
Er klagte gleichzeitig auch über die steigende Bürokratie, die in den vergangenen 25 Jahren zugenommen habe. Es müsse dafür gesorgt werden, dass auch die Kinder und Kindeskinder das Fest der Fastnacht mit Freude feiern können. Dafür gelte es, Hürden abzubauen. "Ich wünsche dieser Ausstellung viele Besucher", sagte er. Denn sie solle das Kulturgut Fastnacht vielen Menschen näher bringen.
"In ungewöhnlicher Kürze" wollte sich der Volkskundler und Fastnachtsexperte Werner Metzger an die Gäste wenden. "Es wäre blöd, wenn ich sage, was Sie in der Ausstellung sehen", meinte er. Es wäre viel besser, wenn die Menschen das selbst erleben. Auch er prangerte den "ungewollten, aber massiven Kampf gegen das Ehrenamt" in Form der Bürokratisierung an. Um dagegen anzukommen, brauche es ein Schwergewicht, weswegen es kein Nachteil ist, dass die schwäbisch alemannische Fastnacht den Titel Weltkulturerbe anstrebe.
Natürlich nicht fehlen bei der Eröffnung der Fastnachtsausstellung durfte Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk mit seiner Gitarre und Gesangsstimme. Er lockerte den Abend auf, indem er zwischen den Redebeiträgen die Gäste mit seinen Liedern unterhielt. So erinnerte er an den Kampf des kürzlich verstorbenen Ehrenbürgers Willi Waibel um den Bruderhof und an die Bohlinger Wallfahrt mit Wildsauen. Und - mit einer Entschuldigung in Richtung Narrizella-Präsidenten Martin Schäuble - an Probleme mit dem gelben Sack, Kompostwerk und Seehas in den 1990er Jahren, an denen die Radolfzeller Schuld gewesen seien. Denn: "Der Täter ist immer ein Zeller und der schlägt erbarmungslos zu."
Begleitprogramm
Volksliedersingen mit Ekkehard Halmer und Beate Mzyk für sangesfreudige Bürgerinnen und Bürger: 24. April, 16. Mai und 19. Juni, jeweils von 15 bis 16 Uhr.
Singener Fasnetslieder mit Stephan Glunk, bei der der Zunftmeister Fasnetslieder singt und erläutert: 2. Mai, 12. Juni und 27. Juni, jeweils von 15 bis 16 Uhr.
Liederabend mit Stephan Glunk mit seinen Liedern aus den Narrenspiegeln: 7. Juni, 19.30 Uhr.
Fasnetsfilme aus dem Poppelearchiv mit Simon Götz, der interessante Aufnahmen aus vergangenen Zeiten präsentiert: 31. Mai, 19.30 Uhr sowie 5. Juni, 15 bis 16 Uhr.
Die Ausstellung "Narrenzeit - Kulturerbe Fastnacht im Wandel" ist ab sofort und bis zum 30. Juni im Bürgersaal im Singener Rathaus zu finden. Öffnungszeiten sind mittwochs bis sonntags, von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. Führungen gibt es auf Anfrage per E-Mail an zunftmeister@poppele-zunft.de
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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