Klagen über Outsourcing bei Constellium-Weihnachtsfeier
Engel mit Freischichten

Foto: Sebastian Kopsch kündigte bei der Rentner-Weihnachtsfeier von Constellium in Singen "Restrukturierungsmaßnahmen" an. swb-Bild: of
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Singen (of). Wie bei Nachbar "Amcor flexibles" am Tag zuvor gab es auch bei der Weihnachtsfeier der Ruheständler von Constellium Singen die Ansprachen der Geschäftsleitung im Duett. Doch mit einem ganz anderen Tenor. Die beiden neuen Leiter am Standort Singen, Massimiliano Burelli (43) und Sebastian Kopsch (45) stellten sich den Ruheständler des größten Singener Industriebetriebs nicht nur vor, sondern erklärten gleichzeitig, wie sie dem Standort mehr „Fitness“ geben wollten.

Constellium sei im Mai in New York an die Börse gegangen, erläuterte Sebastian Kopsch nach der Begrüßung durch Massimiliano Burelli. Man sei seit der Erschaffung des Unternehmens Constellium durch den Finanzinvestor Apollo nicht mehr ein kleiner Teil einer großen Gruppe wie noch bei „Rio Tinto“, sondern die sechs Standorte seien nun der Konzern geworden. Jetzt würde jeder Standort an der Börse gemessen, und nur wer gut sei, der bekomme günstiges Geld. Der Erfolg dieses Börsengangs sei auch ein Erfolg der jetzigen Ruheständler.

In Werk Singen liege man leicht über Plan, allerdings sei die Nachfrage im Walzwerk sehr kurzfristig geworden. Man habe in den ersten drei Quartalen dieses Jahres einen Ausstoß von 195.000 Tonnen gegenüber 189.000 im selben Zeitraum 2012 erreicht. Die wirtschaftliche Lage könne man deshalb leicht positiv sehen. Hoffnung mache die Auslastung durch die Nachfrage in der Automobilindustrie. Sorge würde die drohende EEG Umlage machen. In Deutschland und damit in Singen zahle man doppelt so viel für Elektrizität wie in anderen europäischen Ländern.

Ein zweites Problem sei der hohe Altersdurchschnitt im Werk, der fast bei 50 Jahren liegt. Nicht nur deswegen, sondern eben auch im Blick auf die Börse, die nun Quartalsbilanzen fordert, habe man in langen Verhandlungen mit dem Betriebsrat die Reorganisation von zentralen Bereiche angestoßen. Es gehe dabei um jene Bereiche, die von alle drei Unternehmen am Standort benutzt würden.- 220 Stellen würden überprüft. Einiges soll ausgegliedert werden, aber 72 Stellen sollen insgesamt in den Bereichen Werksschutz, Werkstätten, KFZ-Werkstatt und Zentrale Dienste entfallen. Das solle über Altersregelungen gemacht werden, versprach Kopsch.

In die neue Presslinie PL 11 seien, auch die durch die Unterstützung der Belegschaft 15 Millionen Euro investiert worden insgesamt habe man dieses Jahr fast 30 Millionen Euro in die Standorte im Hegau investiert. „Wenn das kein Zeichen für die Zukunftsfähigkeit des Standorts ist“, betonte Kopsch vor den Pensionären. Massimiliano Burelli beteuerte auf Anfrage, dass er gewiss nicht gekommen sei, um den größten Standort von Constellium zu zerstören, sondern um ihn erfolgreicher zu machen.

„Die Engel haben Freischicht genommen“, meinte Betriebsratsvorsitzender Heinrich Hol in seinem Grußwort. Die Finanzergebnisse seien gut, die Auftragslage sei eigentlich sehr gut. Aber das dürften die Mitarbeitervertreter eigentlich nicht wissen, klagte Holl. „Wir bekommen als Arbeitnehmervertreter keine Zahlen mehr. Das wurde dem Management vor Ort verboten.“

Der Betriebsrat sehe die aktuell angestrebte Reorganisation mit großem Bauchweh. Wenn wichtige Funktionen ausgegliedert würden könne man sie nicht mehr auf die Schnelle wieder ins Werk bekommen. Dann habe man die Köpfe bereits massiv reduziert. Die Kultur am Standort Singen sei weit weg von früheren Jahren, klagte Holl. „Auch die früheren Werksleiter wurden daran gemessen, wieviel Geld sie erwirtschaften“, betonte er. Das Unternehmen lebe jetzt gerade von den älteren Mitarbeitern, die sich sagten „Wir lassen uns den Betrieb nicht kaputt machen“, ging Holl noch weiter. Der Krankenstand von bis zu 11 Prozent in manchen Bereichen spreche für sich.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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