Viel Applaus für Spohr-Oratorium des ALU-Madrigalchors
Ein großes Vermächtnis
Singen (of). »Die letzten Dinge« als vielgespieltes Werk zu bezeichnen, wäre wahrhaftig vermessen, denn das Oratorium von Louis Spohr war eigentlich viele Jahrzehnte in der Versenkung verschwunden und kam erst vor wenigen Jahren durch eine Überarbeitung wieder als Option für große Chöre in Frage. Dafür, dass der Singener ALU-Madrigalchor unter der Leitung von Hartmut Kasper hier nicht lange zögerte diese Werk zu seinem Projekt für dieses Jahr zu machen, kann man jetzt durchaus dankbar sein. Denn mit der Aufführung kürzlich in der Singener Stadthalle konnten den rund 600 Zuhörern doch imposante Gemälde aus Gesang und Musik präsentiert werden. Spohr war zu Lebzeiten schon sehr berühmt gewesen, vielleicht war es das Schicksal, Beethoven und Mendelssohn-Bartholdy als Zeitgenossen zu haben, deren Werke diese Zeit um einiges besser überdauert haben.
Mit seinem „Die letzten Dinge“ hatte sich Spohr die Offenbarung des Johannes vorgenommen, und musikalisch wurde hier der Wechsel von den letzten Tagen in eine neue Welt sehr eindrucksvoll inszeniert, der Singener Chor konnte hier mit 80 Sängern auch diffizile Vielstimmigkeiten selbst ohne Orchesterbegleitung bewältigen, besonders in seinem „so ihr mich von ganzem Herzen suche“ oder im „seelig sind die Toten“, während das Finale, bei den in sonstigen Oratorien nochmals zu einem großen Showdown ausgeholt wird, das „Sein ist das Reich“, eher verhalten aufgeführt wurde. Das Ensemble der Südwestdeutschen Philharmonie wurde von Hartmut Kasper durch ausführliche sinfonische Phasen geleitet, die ein sehr stark romantisches Klangbild zeichneten und die oft sehr übergangslos in die Soli von der großartigen Julia Küsswetter (Sopran), der leider nur wenig geforderten Barbara Kasper (Mezzospopran), Raoul Bumiller (Tenor) und dem als warmtönigen Bass agierenden Michael Manz (Bariton) übergingen, welche gerade in den Duetten wunderbare abgestimmt waren und die Luft, trotz der bekannten Problematik mit sehr präsenter Live-Stimme und elektronischer Untersützung zum vibrieren Bringen konnten. Das Oratium besteht im Text nur aus Bibelversen, doch gilt es nicht als sakrales Werk. Das mag die »Vergessenheit« vielleicht erklären, den musikalisch war es – natürlich hier in der Singener Inszenierung – ein wirklicher Hochgenuss.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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