Ort der Erinnerung in der Scheffelstraße
Die ersten zwei Stolpersteine für von den Nazis ermordete Jenische verlegt

Der Initiator der Singener Stolperstein-Aktion, Hans-Peter Storz, bei seiner Rede zur ersten Stolperstein-Verlegung für in der Nazi-Zeit ermordete Jenische in der Scheffelstraße in Singen am letzten Donnerstag. | Foto: Regina Henke
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  • Der Initiator der Singener Stolperstein-Aktion, Hans-Peter Storz, bei seiner Rede zur ersten Stolperstein-Verlegung für in der Nazi-Zeit ermordete Jenische in der Scheffelstraße in Singen am letzten Donnerstag.
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Singen. Die diesjährige Verlegung der Stolpersteine in Singen am letzten Donnerstag war mit einem historischen Ereignis verbunden. Denn erstmals wurden in der Singener Innenstadt, genau an der Scheffelstraße 23, dem Abzweig zur Gambrinusstraße, zwei Stolpersteine für Angehörige der in Deutschland noch immer nicht als Minderheit anerkannten Volksgruppe der Jenischen verlegt, die in der Zeit der Nazi-Diktatur umgekommen waren, wie der Initiator der Singener Aktion Stolpersteine, Hans-Peter Storz, bei der Begrüßung heraushob.

Kaspar Hartmann, Jahrgang 1913, wurde damals am 14. Juni 1941 in Singen verhaftet, kam erst ins Konzentrationslager Dachau, 1942 wurde der ins KZ Mauthausen verbracht, wo dann am 15. Mai 1942 ermordet wurde.
Alois Jakob Hartmann, Jahrgang 1918,  wurde am 22. Mai 1942 in Singen aufgrund seine Zugehörigkeit zu den Jenischen verhaftet, kam zunächst ins KZ Dachau, dann ins KZ Sachsenhausen, schließlich ins Vernichtungslager Lublin-Majdanek, wo er ermordet wurde. Der Todestag blieb unbekannt.
Die SchülerInnen Clara Geiser, Noah Fiess, Florian Gonsor, Filip Lenart, Felix Grosch und Collin Lemke der Singener Zeppelin-Realschule hatte unter der Leitung ihres Lehrers Dennis Beck die Biographien der beiden Männer, die als "Fahrende"  aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit der Jenischen ins Visier der Nazis kamen und als "unwert" abgestempelt wurden. Die Jugendlichen erhielten bei ihren Recherchen Unterstützung durch Mara Hölzl, eine Großneffin der Brüder Hartmann, die selbst sehr dankbar war, dass nicht nur an das Schicksal ihrer Familie, sondern auch viele weitere Schicksale von Jenischen in dieser Zeit erinnert. Auch für Lehrer Dennis Beck, werde mit dieser Verlegung, bei der freilich erstmals auf die persönliche Anwesenheit von Stolperstein-Initiator Gunter Demnig verzichtet werden musste, ein neues Kapitel für die Aufarbeitung der jüngeren Stadtgeschichte aufgeschlagen. Rund 800 Menschen aus der Volksgruppe der jenischen leben etwa in Singen. Zur Vermittlung ihrer Geschichte und ihrer Lebensart als "Fahrende" soll am 22. Juni in Singen ein kleines Museum eröffnet werden, kündigte der Vorsitzendes des "Vereins der Jenischen und Reisenden", Alexander Flügler, der die Rolle seiner Volksgruppe hier in der Stadtgeschichte als sehr unterrepräsentiert betrachtet. Zur Umrahmung dieser Verlegung war sogar die Jazzband "Manou" aus Lahr nach Singen gekommen, die Lieder in Jenisch sang. Die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger hat die Patenschaft für diese Stolpersteine übenommen.

Im Rahmen der Aktion wurden an diesem Tag weitere Stolpersteine für Fridolin Mauter (verhaftet im Rahmen der "Aktion Gitter", überlebte den Krieg), für Josef und Adele Breger wie ihren Sohn Berthold in der Hadwigstraße 28. Der jüdischstämmigen Familie gelang zunächst die Flucht nach Rumänien, 1938 dann nach Palästina. Hier hatten  Jasmina und Sanja Philipp mit Lehrerin Romana Kipper von der Robert-Gerwig-Schule, die Biographie erforscht.
Drei weitere Stolpersteine für die Familie Guggenheim wurden in der Bahnhofstraße 17 verlegt. Wilhelm und Jette ("Jettchen") flohen 1934 erst nach Spanien, 1937 dann nach Frankreich, wurden 1942 deportiert und starben beide im Vernichtungslager Auschwitz. Hans Hartwig Guggenhein, der auch nach Spanien und Frankreich mitgeflohen war, konnte sich 1943 in die Schweiz absetzen. Viktoria Sommer und Kristina Mustjac, hatten ihre Lebensgeschichte erforscht.
Der inzwischen 95. Stolperstein in Singen seit 2009, wurde vor dem Gebäude Burgstraße 3 für Max Neustätter verlegt, der die Nazi-Zeit versteckt überleben konnte. Die Schüler Finn Henes,  Tarik Hizar und Eron Dervishaj hatten seine Lebensspuren erforscht.

Quelle u. A.: Initiaive Stolpersteine Singen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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