Güter aus Hilfstransport konnten endlich verteilt werden
Der Krieg ist spürbar in Kobeljaki
Singen/ Koblejaki. In der dörflichen Siedlung Biliki im Gebiet Kobeljaki steht ein Fahrrad aus Singen neben Kartons mit Kleidung. Es sind Sachen aus dem Hilfstransport, der bereits Anfang des Jahres in Kobeljaki angekommen ist, aber erst nach zähen bürokratischen Hürden mit dem dortigen Zoll verteilt werden konnte.
„Bei uns vom Chor und Tanzensemble benutzen alle mal das Fahrrad, das ist toll“ sagt die Choreographin Tanja. Die Leiterin des dortigen Kulturhauses, Valentina, führt stolz die Computer vor, die hier in Singen ausgemustert, dort aber freudig in Empfang genommen wurden.
Weitere Empfänger für Hilfsgüter sind die Sozialstation in Kobeljaki, die besonders die Nähmaschinen schätzt. Oft müssen Kleidungsstücke für alte Menschen angepasst oder genäht werden. Und im Krankenhaus stehen nun Betten, die höhenverstellbar sind und gerade auf der Wöchnerinnenstation gute Dienste leisten.
Das mit Hilfe von vielen Spendern und dank des Benefizkonzertes der Gebrüder Bliestle Ende Dezember 2016 neu angeschaffte Ultraschallgerät ist im Krankenaus Kobeljaki auch im vollen Einsatz. Es steht nun in einem neu renovierten, geräumigen Untersuchungszimmer.
Die ehrenamtlich tätige städtische Beauftragte für die Partnerstadt, Carmen Scheide, hat Kobeljaki kürzlich einen "privaten" Besuch abgestattet. „Ich rede lieber direkt mit den Leuten, ausserdem hatte ich Zeit, mich einmal ein bisschen in Ruhe in Kobeljaki umzuschauen“ berichtet sie nach ihrer Rückkehr. „In Singen und Kobeljaki gibt es ein Interesse an der Partnerschaft, aber leider nicht so viele Aktive. Aber mit der landrätin Tamila Schewtschenko haben wir in der Ukraine eine motivierte und zuverlässige Ansprechpartnerin“ schildert Carmen Scheide. Sie hat auch junge Leute getroffen die letztes Jahr in Singen waren. Ebenso wurde sie herzlich von dem Chor und den Tänzern in Biliki empfangen, die eine extra Aufführung gaben und hinterher zu einem tollen Mittagessen einluden. Alle erinnern sich gerne an die Reise nach Singen, die im Bus mühsam war, aber dennoch ein besonderes Erlebnis.
Doch neben der herzlichen Gastfreundschaft gibt es auch nachdenkliche Momente, denn der Krieg im Osten der Ukraine bewegt die Menschen in ihrem Alltag. Einige Männer oder Söhne sind dort als Soldaten, immer wieder gibt es Tote zu beklagen. Auf dem Friedhof von Kobeljaki wächst leider die Reihe der frischen Kriegsgräber. Diejenigen, die demobilisiert wurden, bringen Gegenstände aus der Kriegszone in das lokale Literaturmuseum. Dort steht etwa ein Autobahnschild, dass von Einschüssen durchlöchert ist. Und immer wieder hört man auch die Unzufriedenheit über den Gang der Reformen und den nach wie vor niedrigen Lebensstandard.
In Stadt und Gebiet Kobeljaki stehen einschneidende Veränderungen an, denn im nächsten Jahr wird der Rayon aufgelöst und es wird größere kommunale Verwaltungseinheiten geben. Keiner weiß im Moment genau, wie die aussehen werden. Diese ambivalenten Eindrücke mischen sich dann beim geselligen Beisammensein: der wichtigste und dringendste Trinkspruch gilt dem Frieden und der Freundschaft, zwei Wünsche, die im heutigen Europa eine sehr aktuelle Dringlichkeit besitzen und durch so kleine Formen wie Städtepartnerschaften nachhaltig gefördert werden können.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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