Der gemeinnützige Singener Verein muss bis Ende März sein Heim in der Hadwigstraße räumen
Auch ohne Wohnzimmer wird das Centro Português nicht sterben

Innenansicht des »Centro Portuguêse« | Foto: Der Innenraum des »Centro Portuguêse« – mit Sicht auf die Theke des zugehörigen Restaurants. // swb-Bild: ak
  • Innenansicht des »Centro Portuguêse«
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Singen. Nach 52 Jahren Geschichte hätte die Kündigung ihrer Vereinsräume beinahe das Ende des »Centro Portuguêse« bedeutet. Für Kopfschütteln sorgt dabei nicht die Kündigung durch die neuen Vermieter an sich – sondern vielmehr die Umstände derselben.

Die Hadwigstraße in Singen war für viele ältere und jüngere Mitglieder des »Centro Portuguêse«, wie beispielsweise die mehr als 100 aktiven Fußballer des zugehörigen Sportvereins, mehr als nur ein Vereinsheim. Das wird spätestens ersichtlich, wenn man in dessen Räume tritt und die liebevoll gestalteten Wandmalereien dort sieht. Hier treffen sich mehrere Generationen der portugiesischen Gemeinschaft im Herzen Singens nach Spielen der eigenen Sportvereine, zum generellen Fußballschauen, zum Essen oder ... einfach so. Nicht umsonst nennt Singens Bürgermeisterin Ute Seifried die Räume das »Wohnzimmer« des Vereins.

Zumindest waren sie das bis jetzt. Denn am 23. Dezember flatterte bei Vorstand Antonio Frade die Kündigung des Mietverhältnisses ins Haus. Gerade pünktlich zur Frist, sodass der Verein das Heim sehr kurzfristig bis Ende März räumen und besenrein übergeben muss.

Als er dies den Mitgliedern mitteilen musste, »haben Leute geweint«, erzählt Frade im Rückblick auf den Dezember, auch abseits der dort verbrachten Zeiten war in den über 50 Jahren viel Herzblut in die Räume geflossen.

In der langen Geschichte des Vereins wisse Frade von keinen Vorkommnissen, die begründeter Anlass für die plötzliche Kündigung sein könnten. Zuletzt habe es noch einige Anpassungen im Mietpreis gegeben, da inzwischen Familienangehörige stellvertretend für den Eigentümer das Haus verwalteten. Für die Lage und die üblichen Singener Mietpreise seien diese jedoch noch sehr moderat ausgefallen und wurden vom Verein ohne Weiteres akzeptiert.

Doch Ende des letzten Jahres verstarb der Eigentümer des Hauses in der Hadwigstraße und vererbte es weiter. Bereits kurze Zeit später lag schon die Kündigung im Briefkasten von Antonio Frade. Das Unverständnis darüber, warum und besonders weshalb die Kündigung so kurzfristig vonstatten gehen musste, war ebenso groß wie die fehlende Bereitschaft eines Dialogs von Seiten der neuen Vermieter.

Jeder Versuch der Vereinsmitglieder sich anzunähern, die Miete nach oben anzupassen oder zumindest die Frist bis zum Auszug aus den Räumlichkeiten zu verlängern, wurde abgeblockt. Auch über die Stadt oder den Verein »inSi e. V. – Integration in Singen« gelang keine Vermittlung, es wurde lediglich auf ein schon länger bestehendes »Missverständnis im Mietverhältnis« verwiesen. Einspruch zu erheben sei aussichtslos, die Kündigung an sich ist rechtlich nicht anfechtbar.

Der erste Vorsitzende des Centro könne die Kündigung an sich allein schon aus dem finanziellen Aspekt verstehen. Was ihn und alle Beteiligten ratlos mache, so Frade, seien die Umstände, er wünsche sich lediglich eine Antwort auf die Frage, weshalb die Kündigung so plötzlich erfolgt ist. Feststeht: Nach den letzten Wochen und Monaten wolle man definitiv eine neue Heimat für das »Centro Portuguêse« in Singen finden.

Doch diese Suche gestaltet sich schwierig. Für einen Verein geeignete Räume mit einem entsprechend langfristig ausgelegten Vertrag zu finden, sei generell eine Herausforderung. Das Ganze auch noch innerhalb weniger Wochen stemmen zu müssen, verlangt allen Vereinsmitgliedern einiges ab. Man habe sich in sämtlichen Richtungen informiert, meint der Vorsitzende. Letztendlich sei es nur durch das Engagement und die Mithilfe der Stadt und des Integrationsvereins gelungen, dass es eine mündliche Zusage für ein neues Heim gebe. »Wir müssen jetzt vorwärtsmachen«, meint Antonio Frade hierzu.

Es werde nun also gründlich geprüft, ob die bereits in Aussicht gestellten Räume geeignet sind. Da inzwischen auch die Mitglieder in einer außerordentlichen Versammlung das »Okay« für das Vorhaben der Vorstandschaft gegeben haben, geht es bald an den Umzug. Diesen organisiert der Verein weitgehend selbst, mit der Unterstützung von Sponsoren und Stadt.

Doch in das neue Heim müsse man investieren, schließlich wolle man der eigenen Jugend und auch dem angegliederten Restaurant entsprechenden Raum bieten können. Auch die Fixkosten würden dort deutlich ansteigen. Für Antonio Frade steht trotz des hohen Risikos fest: »Wir werden einen Schaden bekommen, aber wir werden nicht sterben.«

Ein Singen ohne das »Centro Portuguêse« will sich der Vereinsvorstand gar nicht ausmalen. Nicht nur der Verlust im (für beide Nationen so wichtigen) Fußballsport, auch gastronomisch und kulturell wäre dies ein immenser Verlust für die Stadt. Immerhin ist dieser mit über 50 Jahren eine der ältesten portugiesischen Organisationen in ganz Deutschland. Dieses Jubiläum sollte mit einem umfassenden kulturellen und sportlichen Programm gefeiert werden, doch stattdessen zwang die Pandemie den Verein einen anderen Weg zu gehen. Also entschloss man sich, ein Jubiläumsbuch mit dem Titel »50 Jahre Portugal in Singen« herauszugeben – entsprechend auf Deutsch und Portugiesisch.

Das »Centro Português de Singen« ist ein gemeinnütziger Verein, der etwa 400 Mitglieder zählt. Gegründet wurde dieser im Jahr 1970 als Treffpunkt portugiesischer Einwanderer.

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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