Riesenandrang beim Bohlinger "Bänkle"
Alte Dorfgeschichten in die Gegenwart geholt

Ganz schön viele Neugierige kamen am Samstagabend vor der Bohlinger Dorfmosterei Müller zusammen, um viel Geschichten aus dem Dorf mit zu erleben. | Foto: Fiedler
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  • Ganz schön viele Neugierige kamen am Samstagabend vor der Bohlinger Dorfmosterei Müller zusammen, um viel Geschichten aus dem Dorf mit zu erleben.
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Bohlingen. Das Ortsjubiläum der Bohlinger zur ersten Erwähnung vor 1250 Jahren wird von einem ganz besonderen Programm im Dorf begleitet. Auch vom Bohlinger "Bänkle" auf dem immer wieder Zeitzeugen von "damals" erzählen, also aus der Zeit als die Akteure noch jung und Bohlingen ein sehr stark vom bäuerlichen Leben geprägtes Dorf war. Wie stark das Interesse an solchen Geschichten und Schilderungen ist, zeigte die zweite Auflage, die am Samstag auf dem Hof der Mosterei Müller veranstaltet wurde, welche in diesem Jahr gar ihren 130. Geburtstag feiert und immer noch in Betrieb ist. Es wurde ein kleines Volksfest daraus, denn weit über 100 Personen wollten in dem von Manfred Siegwarth moderierten Event dabei sein. Und durch den Bayern-Fanclub aus Bohlingen gabs sogar Würste und Bewirtung.

Unter anderem Werner Müller, einer der vielen Müllers hier auf dem Bänkle, begeisterte mit den Erzählungen aus der Jugend, als das Kaufhaus Grundler, in dem es wirklich alles gab, neben der Grundversorgung im Dorf dann auch die Kleider für die Kommunion oder die Fastnacht. Werner Müller verdiente sich dort als Kohleschlepper sein erstes Geld und musste als 13-Jähriger schon richtig hart arbeiten, aber "freiwillig", wie er betonte. Müller sorgte für besondere Mienen, wenn er erzählte, was man ihm damals erzählt habe, von wo die "Bautele" (Kälbchen) herkämen, die auf einmal im Stall standen. "Vom Heustock heruntergefallen", wollte man ihm Glauben machen. Ein Bild aus dem Stall damals sei ihm fürs Leben geblieben: Wenn die Katzen nach dem Melken etwas von der frischen Milch abbekamen und sie mit ihrer Schar der "Biseli" (Jungkatzen) alle einen weißen Kranz ums Maul bekamen von der Milch. Oder wie man damals mit den "Bibele" (Küken) Rennen auf dem Küchentisch veranstaltete. 

Den Kindergartenstreik erfunden

Werner Müller nahm sogar für sich in Anspruch, dass nicht Greta Thunberg den Schulstreik erfunden habe, weil er nämlich schon den Kindergartenstreik durchgesetzt habe. In den Kindergarten wollte er partout nicht und wehrte sich mit Händen und Füßen, bis es einem Vater zu bunt geworden sei und er sagte: "Das Kind bleibt jetzt daheim!"
Überhaupt "Müllerte" es hier auf dem Bänkle ganz schön, wie Moderator Manfred Siegwart bei der Vorstellung bemerkte: denn außer Werner Müller waren hier noch Gabi, Paule; Gerhard und als Gast der Gegenwart noch Tobias Müller vom Narrenverein als Anekdoten-Lieferanten gefragt.

Nachts in der Backstube

Viel zu erzählen hatte auch Richard Schwarz, der einst das Dorf mit Brot und Brötchen aus seiner Backstube versorgte. Die Namenstage von Johann und Johannes seien gefürchtet gewesen, denn davon wimmelte des im Dorf regelrecht und dann wurde es gerne auch mal spät. So spät, dass er Bäcker Schwarz sich ausklinken musste, weil er ja früh morgens in seine Backstube musste. Des Öfteren habe er dann aber von der Feiernden dann in den Morgenstunden noch Besuch bekommen, weil es dann erst an den Heimweg ging. Er hatte auch einiges über die damals in der Fabrikstraße beheimatete Familie Wehrle zu berichten, die damals neben der Familie Ten Brink aus Arlen als die "einzigen Reichen" hier in der Landschaft galten.

Weil natürlich die Gäste viel mehr zu erzählen hatten, was im Zeitplan vorgesehen war, wurde es Schluss noch knapp für den Stargast Karl Amann, der mit seinem Hirschen in Horn längste weltberühmt ist, aber eben hier als Metzger in Bohlingen seine Wurzeln mit der Familie hat. Und auch er konnte hier viel aus den alten Zeiten plaudern, als das Vieh aus den Ställen und von den Weiden eben auch noch direkt hier beim Metzger verarbeitet werden konnte. Als die "Wurstsuppe" zum Ritual im Dorf gehörte. Und auch nach dem Erzählen war der "Hock" am Bänkle noch lange nicht vorbei. Es war doch ein kleines Dorffest geworden.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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