Hallo und guten Tag
Nicht alles Klasse an der Kasse

Sind Sie, liebe WOCHENBLATT -Leserinnen und - Leser bei ihren Einkäufen auch schon an sichtlich desinteressiertes Personal geraten? Ich will Ihnen mal ein paar Beispiele nennen. Da braucht eine ältere Dame etwas mehr Zeit, weil sie das passende Kleingeld sucht und das modisch aufgedröselte junge Mädchen an der Kasse verdreht deshalb die Augen, als ob sie von Henry Maske persönlich eine eingeschenkt bekommen hätte. Doch keiner der ebenfalls wartenden Zweibeiner spricht sie auf ihr ungebührliches Verhalten an. Ganz im Gegenteil; die Mehrheit verbündet sich per Blickkontakt mit der Kassiererin, ganz nach dem Motto »wie lange braucht die Alte denn noch«. Die Kassiererin, genießt derweil ganz ungeniert einen Kaugummi als Beruhigungsmittel. Auf eine Nachfrage wegen eines bestimmten Artikels kommt als Antwort z. B. »woher soll ich das wissen oder bin ich Jesus.« Meine Chefin gibt auf der Post ein Paket auf und wird gleich mit der Frage nach irgendwelchen Versicherungen konfrontiert, die sie natürlich jetzt und sofort braucht. Ist Ihnen der jugendliche Verkäufer auch schon begegnet, der nicht daran denkt die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen, wenn er mit einer Kundin oder einem Kunden spricht?  Beim Besuch der Bank geht die freundliche Auszubildende gar nicht auf Ihr Anliegen ein sondern erklärt Ihnen was für Sie das Beste ist, denn sie muß es ja schließlich wissen. Sind Sie an der Kasse eines Supermarkts auch schon von einem offensichtlich übermüdeten Kassierer angegähnt worden? Ganz nebenbei informiert er die Kollegin an der Nachbarkasse über den gestrigen Abend und vergißt darüber die Herausgabe des Wechselgelds. Auf seinen Fehler hingewiesen wird er dann auch noch frech und von wegen Entschuldigung .... glatte Fehlanzeige! Die Sprüche manch eines Obers oder einer Bedienung an wartende Gäste kann einem auch die Sprache verschlagen, von wegen »der Gast ist König«. Eine WOCHENBLATT - Leserin hat mir in ihrem »Samstagmittag - Frustrationsschreiben« viele der oben geschilderten Erlebnisse beschrieben und dann die Frage gestellt: War das früher wirklich besser? Haben sich die Auszubildenden damals nicht getraut unfreundlich oder schnippisch zu sein? Wer feiern kann, der kann auch arbeiten, so hieß es damals und keinesfalls durfte der Kunde unter einer langen Nacht leiden. Weshalb also sind junge Menschen so resigniert und  demotiviert? Diese Frage hat mich sehr beschäftigt und eine mögliche Antwort lieferte Manfred aus der Dämmerschoppenrunde. Er erzählte meinem Chef die Geschichte einer Filialleiterin. Deren Arbeitszeit ging von morgens 7.30 Uhr bis abends 19.30 Uhr und der Bruttolohn für diese unglaubliche Schinderei betrug im Monat 1.500,-- € brutto. Der Zahltag, ich wähle dieses Wort bewußt, soll doch eigentlich die erbrachte Leistung honorieren oder irre ich mich da? Soll der Lohn nicht Ansporn sein für weiterhin gute Leistungen? Ich bleibe bei der Filialleiterin. Bei einem 12 - Stunden - Tag kommt sie bei einer 5 - Tage - Woche auf 60 Wochenarbeitsstunden und in einem Monat (vier Wochen) auf 240 Stunden. Sie arbeitet also für € 6,25 brutto pro Stunde und hat auch noch die Verantwortung einer Filialleiterin zu tragen. Dieser traumhafte Stundenlohn muß ja einen wahnsinnigen Motivationsschub auslösen und eine unglaubliche Leistungssteigerung bewirken. Nach meinen Informationen gibt es leider noch sehr viele so »hervorragend« entlohnte Positionen. Kennen Sie, liebe WOCHENBLATT -Leserinnen und Leser den Spruch »Was nichts kostet, ist nichts wert«?  Ist also die Arbeit der Filialleiterin nicht mehr Wert? Hat sie für ihre Leistung nicht mehr verdient? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch; das geschilderte Beispiel soll kein Freibrief für unhöfliches Verhalten sein. Doch die Kehrseite der Medaille - nämlich miserable Entlohnung - darf nicht vergessen werden. 

In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund

Autor:

Redaktion aus Singen

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