Hallo und guten Tag
Lohnende Geschäfte mit der Zeckenangst

Außer Puste kommt Bruno Bernhardiner angetrabt. Noch nach Luft schnappend brummt er irgendetwas von Begegnung mit einem Tiefflieger. Also, der Reihe nach. Kurz vor 8.00 Uhr morgens war Bruno mit seinem Chef im Radolfzeller Gewerbegebiet mit dem Auto unterwegs. Da kam den beiden auf Ihrer Fahrbahn ein Pkw entgegen. Die Fahrerin ließ sich durch Signor Bernhardiner und seinen Leithund überhaupt nicht beirren; sie hielt mit ihrem Wagen unverdrossen auf die Zwei zu. Kurz vor dem Knall zog sie ihren Wagen vor ein Firmengebäude, stieg aus und lieferte die Post ab. Der Professor steht noch unter Schock und ihn treibt die Frage um, ob alle Mitarbeiter dieses Unternehmens so fahren (oder müssen) um der Post Paroli zu bieten. Bruno Bernhardiner hat Recht, so eine Fahrweise ist unvorschriftsmäßig und gefährlich. Soweit zu den Tieffliegern. Es gibt ja noch ganz andere gefährliche Tiefflieger in unserer Region. Flieger sind es eigentlich nicht; die Spezies findet sich vor allem im lichten Unterholz bis 1 Meter Höhe und im hohen Gras. Tatsächlich handelt es sich nicht um Tiefflieger, sondern um kleine lästige Krabbeltiere, die aber ganz fiese Krankheiten übertragen. Ich sage Ihnen, liebe WOCHENBLATT -Leserinnen und -Leser, ich hasse diese Blutsauger. Die Biester haben ganz spezielle Mundwerkzeuge, die mit Widerhaken versehen sind. Mit diesen ekelhaften Haken verankern sie sich in meiner Haut und plagen mich ganz erbärmlich. Meine Regierung versorgt mich so alle vier bis sechs Wochen mit einem Gegenmittel und damit haben die Zecken bei mir keine Chance mehr. Die Tierchen sind aber auch für die Zweibeiner nicht ohne Gefahr. Sie können Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) übertragen. Gegen die Borreliose gibt es keinen Impfstoff, sie kann aber - nach meinen Informationen - mit Antibiotika wirksam behandelt werden. Ganz anders sieht es bei der FSME aus. Die WOCHENBLATT - Region ist ein sogenanntes Endemiegebiet, das heißt ungefähr jede 20. bis 50. Zecke kann ein Virusträger sein und die FSME übertragen. Dagegen schützen kann sich der Zweibeiner mit einer Impfung. Das Sozialministerium empfiehlt diese Impfung ohne geographische Einschränkung in ganz Baden-Württemberg. Im Übrigen finden die Empfehlungen der STIKO (Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut) Anwendung. Nachzulesen ist das alles im Gemeinsamen Amtsblatt (GA-Bl.) vom 30. Mai 2007. Habe ich das im Internet richtig gelesen, wird von der STIKO zu einer Impfung im Dreijahresrhythmus geraten. Die netten Doktoren beim Gesundheitsamt in Radolfzell meinen nach fünf Jahren ist eine Wiederholung der Impfung notwendig. Jetzt sorgt aber eine Studie des Schaffhauser Arztes Albert Kind für Furore. Dieser Mann zeigte auf, dass zum Schutz vor der gefürchteten FSME eine Grundimpfung in drei Schritten genügt. Die von den Herstellern noch immer und immer wieder propagierten Auffrischungsimpfungen sind dank des immunologischen Langzeitgedächtnisses nicht nötig. Albert Kind wurde für seine Studie mit einem Sonderpreis im Rahmen des »Forschungspreises Hausarztmedizin« in Luzern im Juni diesen Jahres ausgezeichnet. Sind meine Informationen richtig hat auch das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit bereits reagiert und seine Empfehlungen angepasst: Es verzichtet danach in den aktuellen Merkblättern auf den bisher üblichen Aufruf für regelmäßige Auffrischungsimpfungen. Das ist doch genial und spart viel Geld für die Krankenkassen. Nicht begeistert sind sicherlich die Impfstoffhersteller, schließlich bedeutet das Ergebnis dieser Studie geringeren Absatz und damit weniger Umsatz. Nachdem in meinen Pfoten befindlichen Prospektdes Sozialministeriums Baden-Württemberg gehört die nördliche Schweiz - genau wie die WOCHENBLATT - Region zu den besonders gefährdeten Gebieten. Trotzdem wird in der Schweiz nicht mehrzu einer Auffrischungsimpfung aufgerufen, wie ist das nur möglich? Haben die Pharma - Giganten in Deutschland doch einen größeren Einfluss oder verpennt man im Bundesgesundheitsamt die Ergebnisse der Schweizer Studie? Geht das am Ende nicht zu Lasten der Versicherten? Wann legt die Landessozialministerin die Studie von Albert Kind nach Berlin vor und weckt die Herrschaften auf,

das fragt sich Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

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