Hallo und guten Tag
Kein Rederecht für Kritiker
Kurz vor dem Urlaub mit meiner Regierung fiel mir ein Artikel der Süddeutschen Zeitung zwischen die Pfoten, der mich aufschreckte. Da ging es um das Rederecht der Bundestagsabgeordneten. Die Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen von CDU, SPD und FDP planten die Abgeordneten mundtot zu machen, die von der jeweiligen Fraktionsmeinung abweichen. Grund für die geplante Änderung waren die Debatten um den Euro–Rettungsfonds und das zweite Rettungspaket für Griechenland. Bundestagspräsident Norbert Lammert erteilte zwei Abgeordneten das Wort, die eine von der Fraktion abweichende Meinung vertraten. Er befand, dass sich die kontroverse öffentliche Debatte auch im Parlament widerspiegeln müsse. Die Fraktionsgranden tobten, weil sie die Abweichler nicht auf die Rednerliste
gesetzt hatten. Die Auswahl der Redner durch die Fraktionen ist aber
weder im Grundgesetz noch in der Geschäftsordnung des Bundestags geregelt. Norbert Lammert konnte sich also ohne Probleme darüber hinwegsetzen. Um dem einen Riegel vorzuschieben, wollten die Fraktionsspitzen jetzt die Geschäftsordnung ändern. Der Bundestagspräsident sollte weiteren Rednern nur noch im Benehmen mit den Fraktionen das Wort erteilen dürfen. Außerdem sollte die Redezeit der »außerplanmäßigen« Redner auf drei Minuten begrenzt werden. Es hagelte massive Kritik und mehrere Abgeordnete drohten völlig zu Recht mit dem Gang vor das Verfassungsgericht. Die Bundestagsfraktionen von Union, SPD und FDP wollen die geplanten Einschränkungen für Abweichler nochmals überdenken. Im Ältestenrat soll ein entschärfter Entwurf hinter verschlossenen Türen besprochen werden. Aus meiner unmaßgeblichen Sicht auf vier Pfoten hätte ich da noch ein paar Fragen. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht doch über allen anderen Gesetzen oder irre ich mich? In Artikel 38 des Grundgesetzes ist festgeschrieben, dass Abgeordnete nicht an Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Die Stellung der einzelnen Abgeordneten ist im Grundgesetz klar geregelt, Fraktionen dagegen kommen im Grundgesetz nicht vor. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wussten sehr genau warum sie die Position des einzelnen Abgeordneten so stark machten oder etwa nicht? Nun planen die Fraktionsspitzen also eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags. Habe ich das richtig verstanden soll darin das Rederecht von Querdenkern neu geregelt werden. Im Klartext: Wer eine andere Meinung vertritt, darf vielleicht und dann nur verkürzt reden.
Wird mit einer solchen Neuregelung dann auch der Handlungsspielraum des Bundestagspräsidenten eingeschränkt? Mit der geplanten Änderung der Geschäftsordnung wird das Grundgesetz unterlaufen und weiter ausgehöhlt oder sehe ich das falsch? Sind das juristische Taschenspielertricks zur Umgehung des Grundgesetzes?
In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.
Autor:Redaktion aus Singen |
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