Hallo und guten Tag
Gehören Schmiergelder zum Politiker-Anstand?
Die närrischen Tage sind viel zu schnell vorbei gegangen und der Alltag hat uns wieder. Ich hoffe, Sie hatten genau so viel Spaß wie mein Kumpel Struppi und meine Wenigkeit. In unserem Revier ist ein ganz arroganter Vierbeiner aufgetaucht; keiner von uns hatte ihn je zuvor gesehen. Wir haben ihn Dr. Eingebildet getauft. Nach seinem Auftreten und Benehmen muss der Doktor allerdings Verbindungen nach ganz oben haben. Kurz vor dem schmutzige Dunschdig bekam er Post. Briefträger in unserem Revier ist Fido, der Cockermischling. Er hatte das Vergnügen Dr. Eingebildet einen Brief zu bringen, den dieser wohl sehnlichst erwartet hatte. Ungeduldig riss er den Umschlag auf und dann huschte ein Grinsen über sein Gesicht. Gönnerhaft schmiss er Fido einen winzig-kleinen Kalbsknorpel als Trinkgeld vor die Pfoten. Was wollte der unbekannte Kollege hier bei uns? Woher kam er und weshalb ist er so eingebildet? Den ganzen Tag marschierte er mit hocherhobener Rute durch unser Revier; ein fremder Beobachter hätte mit Sicherheit gewettet, dass Dr. Eingebildet hier Chef sei. Um alle unseren Fragen zu beantworten, musste der Professor ran. Allein das stattliche Erscheinungsbild von Bruno Bernhardiner mahnte auch den Eindringling vorsichtig zu sein. Unsere Intelligenzbestie nahm sich den Knaben vor und verlangte Auskunft. Das Ergebnis von Brunos Befragung war sehr aufschlussreich. Dr. Eingebildet hatte eine Traumkarriere durchlaufen. Zunächst war er Richter an einem Obersten Landesgericht und Staatsanwalt für Wirtschaftsangelegenheiten. Später wurde er Leiter des Büros eines Ministerpräsidenten und anschließend Chef des Verfassungsschutzes. Staatssekretär wurde er schließlich auch noch. Aus dieser Tätigkeit wurde er »ausdrücklich auf eigenen Wunsch« in den Ruhestand versetzt. Das war für sein jugendliches Alter schon bemerkenswert. Dann war er irgendwo und irgendwie in Waffengeschäfte größeren Stils verwickelt, die auch für ihn ganz lukrativ gewesen sind. Man sprach von mehreren Millionen Knochen. Aus einem dieser Geschäfte wollte sein früherer Dienstherr nun die Rückzahlung der Knochen. Dr. Eingebildet war zwischenzeitlich längere Zeit abgehauen - die Zweibeiner sagen untergetaucht - und genoss eine kurze Zeit freie Kost und Logis bei unseren französischen Nachbarn im Hotel Gitterle in Paris. Er hätte nach dem Willen des jetzigen Ministers aus den früheren Geschäften auf jeden Fall Knochen im Wert von 446.000 Euro ausbuddeln und zurückgeben müssen. Doch damit war Dr. Eingebildet nicht einverstanden; als Jurist kannte er das Zauberwort »Verjährung« nur zu genau. Genau mit diesem Argument klagte er auch erfolgreich gegen den Rückforderungsbescheid des Bundesverteidigungsministeriums. Das Verwaltungsgericht in München gab seiner Klage statt; die Rückforderung von 446.000 Euro in Form von Knochen ist nicht rechtens. Dr. Eingebildet darf seine Knochen behalten. Die Geschichte kommt Ihnen irgendwie bekannt vor, liebe WOCHENBLATT - Leserinnen - Leser? Ja, stimmen meine Informationen, so gibt es einen ähnlich gelagerten Fall bei den Zweibeinern. Dort geht es um einen Herrn Holger Pfahls. Dieser Mann hatte es unter Verteidigungsminister Rupert Scholz schließlich bis zum Staatssekretär I auf der Bonner Hardthöhe gebracht; er ging im Alter von 50 Jahren auf eigenen Wunsch in den einstweiligen Ruhestand, war als Spitzenmanager für einen Automobilkonzern tätig und tauchte 1999 unter. Dafür tauchten dann die Schmiergeldvorwürfe auf. Als Vierbeiner ohne Verstand hätte ich da schon noch ein paar Fragen. Herr Pfahls darf also wegen eingetretener Verjährung 446.000 Euro (872.300,18 DM) an Schmiergeldern behalten? Habe ich das richtig verstanden? Wer hat dafür gesorgt und ist dafür verantworlich, dass die Verjährung eingetreten ist? Kann man den- oder diejenigen nicht zu Rechenschaft ziehen und Schadenersatz fordern? Herr Pfahls weiß sicher wie das Wort Anstand geschrieben wird, aber besitzt er auch einen solchen? Stimmt es, dass Herr Pfahls aus seiner früheren Tätigkeit gegenüber dem Staat einen Pensionsanspruch hat? Sie verzeihen meine vielen Fragen, liebe WOCHENBLATT - Leserinnen und - Leser.
In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.
Autor:Redaktion aus Singen |
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