Hallo und guten Tag
Fragwürdige Kunst kostet Hundeleben

Professor Bruno Bernhardiner kam angetrabt und hatte offensichtlich keinen guten Tag. Er schimpfte und wetterte von wegen Riesensauerei und Skandal. »Den Kerl sollte man auch an die Kette legen, verhungern und verdursten lassen, ganz langsam, damit er was davon hat«, bellte er laut und deutlich. Von Struppi kenne ich so deftige Aussprüche, aber von unserer Intelligenzbestie bin ich solch eine Ausdrucksweise überhaupt nicht gewöhnt. Sorgfältig wählt er sonst die Worte, ausgewogen und sehr genau überlegt. »Bruno, was ist mit dir passiert? Ein solcher Temperamentsausbruch und diese Wortwahl aus deinem Mund, ich kann es nicht fassen«. »Bunter Hund, das ist wieder mal typisch für dich. Ich wette, du hast Deine E-Mails noch nicht gelesen sonst wüsstest Du Bescheid. Schau gleich mal nach«. Gesagt, getan und jetzt verstand ich den Professor. Abgespielt hat sich die unglaubliche Geschichte im fernen Nicaragua. Ein so genannter Kreativer aus Costa Rica tobte sich in der städtischen Galerie in der Hauptstadt Managua aus. Der »Künstler« Guillermo Habacuc Vargas beauftragte Kinder im Armenviertel der nicaraguanischen Hauptstadt einen abgemagerten Straßenhund einzufangen. Im Rahmen einer Kunstauktion kettete er ihn an; dann schrieb er mit Trockenfutter an die Wand »Du bist, was du liest«. Mein armer Kollege bekam weder Futter noch Wasser; er verhungerte und verdurstete. Auch die Besucher der Kunstauktion unternahmen nichts, um der geschundenen Kreatur zu helfen. Jetzt wurde das traurige Schicksal meines unbekannten Kollegen via Internet in der ganzen Welt bekannt gemacht und auch im Heimatland dieses Möchtegern-Künstlers wurde und wird die Geschichte diskutiert. Schließlich soll der gewissenlose Kerl gemeinsam mit fünf anderen Künstlern sein Heimatland Costa Rica bei der Bienarte im Jahr 2009 in Honduras vertreten. Jetzt wird per Online ein Boykott dieses sauberen Zweibeiners und sein Ausschluss von der Bienarte gefordert. Das läßt den Herrn über Leben und Tod völlig kalt.  Gegenüber Journalisten wollte er sich nicht zum Tod des Vierbeiners äußern. »Wichtiger ist nach seiner Meinung die Heuchelei der Menschen. Wenn ich den Hund als Kunstobjekt vor eine Wand binde, wird er plötzlich zum Fokus. Wenn er in der Straße verhungert, kümmert das keinen.« Ich höre schon Kommentare wie »was geht das uns an«; "das ist doch weit weg in einem anderen Erdteil, also was soll das hier?" Sie verstehen sicher, liebe WOCHENBLATT - Leserinnen - und - Leser, daß mich diese Geschichte unendlich aufwühlt und traurig macht. Sicher sterben in anderen Ländern viele meiner Kollegen an Hunger auf der Straße. Sicher ist es vielen Menschen zum Beispiel in Nicaragua nicht möglich, einem Hund den Hungertod zu ersparen; ganz einfach deshalb, weil es vielen Zweibeinern dort sehr schlecht geht. Aber die Damen und Herren, die die Kunstaktion in der städtischen Galerie in Managua besuchten, gehören sicherlich nicht zu den Minderbemittelten. Sind diese Herrschaften herzlos oder ohne Hirn? Kennen sie keine Skrupel? Ist ihnen das Wort »Verantwortung« fremd? Diese Aktion ist doch einfach pervers oder irre ich mich da? Wie nieder ist die Hemmschwelle des Künstlers und der Ausstellungsbesucher? Sie haben keinen Respekt vor einem tierischen Lebewesen bewiesen; wie ist es dann mit dem Respekt vor anderen Menschen bestellt? Bindet man eines schönen Tages für eine Kunstaktion einen Zweibeiner an und läßt ihn verdursten und verhungern? Ganz nach dem Motto »Hauptsache man kommt in die Schlagzeilen«. Nach diesem Motto wird im übrigen auch in Europa von vielen Zweibeinern gelebt und gehandelt. Das ist zwar traurig, aber wahr.

In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.
Einen Wunsch habe ich heute noch: Hoffentlich helfen viele Zweibeiner mit, damit die geplante Wiederholung der Kunstaktion nicht stattfinden kann.

Autor:

Redaktion aus Singen

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