Hallo und guten Tag
Ein Geschenk mit Verjährung

Struppi kam zu Besuch und das ist äußerst bemerkenswert, weil mein Kumpel sich ansonsten seit einigen Tagen rar macht. Nein, nein, wir hatten keinen Streit, mein Freund ist einmal mehr verliebt bis über beide Ohren. Warum es aber ausgerechnet Henriette sein mußte, das ist mir ein Rätsel. Henriette ist Französin, also genau gesagt, sie gehört zu den Basset bleu de Gascogne. Madame ist also ein Jagd- und Begleithunden und wünscht viel Auslauf. Was mich etwas wundert, denn die Dame ist - na ja, sagen wir mal - recht kompakt. Doch eins muß ich gestehen, sie ist stets freundlich und verträgt sich mit den anderen Hunden hier im Viertel bestens. Da Henriette viel Bewegung braucht, begleitet Struppi seine Angebete. Ich bin ja auch für Bewegung und Touren, doch das Tagesprogramm von Henni reicht mir glatt für zwei Tage und so verbringe ich jetzt eben einige Zeit ohne meinen Kumpel. Struppi erschien ohne seine Herzdame bei mir. Er möchte der liebenswerten Französin ein Geschenk machen und bat mich um Rat. Gerade in der letzten Zeit flatterten uns ja täglich Prospekte vor die Pfoten mit allerlei Geschenkvorschlägen für uns Vierbeiner. Doch am Schluss kamen wir zu der Einsicht, dass ein Geschenk etwas sehr persönliches sein müsste. Und da blieb eigentlich nur eine Möglichkeit übrig: Struppi mußte den Tresor öffnen, in dem seine schönsten Knochen lagerten. Also, mein Kumpel buddelte eines seiner "Schmuckstücke" aus und trug es zu seiner Henni. Ich finde es toll, wenn so persönliche Geschenke gemacht werden. Ein sehr persönliches Geschenk ganz anderer Art bekam der ehemalige Postchef Klaus Zumwinkel im Vorgriff auf Weihnachten. Durch eine Panne bei Gericht verjährte ein Teil der ihm zur Last gelegten Steuerhinterziehung. 214.000 Euro betrug der Steuerschaden für das Jahr 2001 und genau diese Forderung ist dem Vernehmen nach verjährt . Doch der Reihe nach: Am 14. Januar 2008 beantragte der Ermittlungsrichter Durchsuchungsbeschlüsse und einen Haftbefehl; das nennen die Zweibeiner dann eine verjährungsunterbrechende Handlung. Als Verjährungsdatum für 2001 nannte die Steuerfahndung den 02. Februar 2008. Es wurde auf § 122 der Abgabenordnung verwiesen. Danach gilt ein Steuerbescheid erst drei Tage nach der Ausstellung als zugestellt. Jetzt gibt es da noch so Feinheiten von Frist und Fiktion, doch damit will ich mich nicht beschäftigen. Die Bochumer Staatsanwaltschaft hatte sich an die Frist der Steuerfahnder gehalten und dieses Datum in der Anklageschrift festgehalten. Der Ermittlungsrichter fertigte die Durchsuchungsbe-schlüsse am 31. Januar 2008 aus und das war nach Meinung des Landgerichts 12 Stunden zu spät. Das Landgericht bzw. die dortige Wirtschaftskammer nahm die für Herrn Zumwinkel günstigere Frist - Variante an und damit war 2001 verjährt. Die Staatsanwaltschaft hatte mit dieser Entscheidung wohl auch kein Problem, denn sie legte keine Beschwerde ein. Verstehen die Zweibeiner eine solche Entscheidung unter "im Zweifel für den Angeklagten"? Ich will ja in der Adventszeit nicht bösartig sein, aber ein gewisses "G'schmäckle" steigt mir da doch in die Nase. Hat nicht jetzt erst der Erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs ein Grundsatzurteil gefällt und festge-stellt, daß bei Steuerhinterziehung in Höhe von einer Million € und mehr in der Regel Haftstrafen fällig seien? Fast zur gleichen Zeit teilte dann das Bochumer Landgericht mit, daß sich beim ehemaligen Postchef die zur Last gelegte Steuerhinterziehung von € 1,18 Millionen auf gerade mal 966.000,-- Ä verringere. Ein Schuft wer etwas Schlechtes dabei denkt. Für Klaus Zumwinkel war das doch wirklich ein sehr persönliches Geschenk von seinem Namenspatron, dem heiligen Nikolaus oder irre ich mich da?

In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

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