Hallo und guten Tag
Die Gewerkschaft für Tiere klagt an

Mein Kumpel Struppi läuft gerade bei mir ein. An seinem Halsband - genauer an dem Halstuch - trägt er einen Anstecker. Auf einem blauen Hintergrund prangt unübersehbar eine rote Nelke; darunter steht zu lesen »1. Mai 2007«. Woher er diesen Anstecker habe, will ich wissen. »Das ist der klare Beweis, dass Du beim MaiUmzug durch Abwesenheit geglänzt hast«, so seine prompte Antwort. Doch, sinnierte mein Freund weiter, weshalb sollst Du eigentlich mitlaufen, wenn viele Arbeitnehmer durch Abwesenheit glänzen? Dabei hätten die Zweibeiner allen Grund Flagge zu zeigen. Jetzt will ich es aber genau wissen und frage ganz unverblümt ob er tatsächlich mitgetrabt ist. »Klar doch. Gewerkschafter müssen zusammenhalten und da ich Mitglied der Gewerkschaft für Tiere e. V. bin, war es für mich eine Ehrensache am Mai-Umzug teilzunehmen«. »Wie bitte, was bist Du? Mitglied der Gewerkschaft für Tiere? Gibt es so was überhaupt?« Der Bass von Bruno Bernhardiner war nicht zu überhören. »Bunter Hund, wenn Du nächstes Jahr beim Mai-Umzug fehlst, hole ich Dich persönlich ab. Unsere Gewerkschaftsführer sind zwar Zweibeiner, aber ausgesprochen Gescheite. Ob Du es glaubst oder nicht von dieser Sorte gibt es auch einige Exemplare«. Mein Interesse war geweckt. Ich wollte jetzt genauer wissen was das mit der Gewerkschaft für Tiere auf sich hat. Weshalb gibt es Zweibeiner, die sich für die Belange der Tiere einsetzen. Bin ich richtig informiert sind wir doch eigentlich nur »Sachen« zumindest rein rechtlich gesehen. Voller Begeisterung erzählt der sonst eher wortkarge Bruno Bernhardiner, dass die Gewerkschaftsbosse sich für die Tiere einsetzen und dabei auch noch für die Zweibeiner Gutes erreichen wollen. Das wird mir doch alles langsam unheimlich. Bedenklich schüttle ich meinen Kopf. »Bruno, Du bist nicht krank? Das entspricht alles den Tatsachen was Du mir da erzählst?« Da ich so misstrauisch bin, setzt mein Kollege seine 55 Kilo Lebendgewicht in Trab; er werde den schriftlichen Beweis zu Hause holen. Kurze Zeit später kommt er mit einem dreiseitigen Schreiben seiner Gewerkschaft an die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zurück. Bruno fordert mich auf diesen Brief zu lesen, damit ich endlich kapiere was Sache sei. Frau Hannelore Thomas (Leiterin der Außenstelle Köln der Gewerkschaft für Tiere) hat sich an die Ministerin gewandt und ihr einen Vorschlag unterbreitet, der tatsächlich Menschen und Tieren helfen würde. Sie hat vorgeschlagen, sämtliche Subventionen für die tierquälerischen Lebendtransporte in den Nahen Osten und nach Nordafrika - ohne Wenn und Aber - abzuschaffen. Die Tiere könnten in der BRD geschlachtet werden und die Subventionen wären überflüssig. Das Geld könnte sinnvoll für Familien mit Kindern eingesetzt werden. Ein paar Subventionsbeispiele will ich Ihnen, liebe WOCHENBLATT - Leserinnen und -Leser nicht vorenthalten. Gezahlt wird bei Rinderausfuhr in Drittstaaten (meist Naher Osten und Nordafrika); Auflage: Die Rinder müssen als Zuchttiere deklariert sein (ob sie es sind oder nicht, spielt keine Rolle). Die Subventionshöhe richtet sich nach Lebendkiloausfuhr; derzeit Minimum 38,50 Euro pro 100 Lebendkilo. Wiegt ein Bulle bei der Ausfuhr 650 Kilo, ergibt das eine Subvention von wenigstens 250,25 Euro. Ein Aufleger fasst inklusive vordere Ebene (Schwanenhals) maximal 33 Bullen in 7 Kammern; das macht dann 8.258,25 Euro Subvention. Dazu kommt pro LKW der Verkaufsgewinn, zuzüglich Rückführung der Umsatzsteuer für Landwirtschaftsprodukte bei Ausfuhr (derzeit circa 9  Prozent vom Bruttoverkaufspreis). Sind Spediteur und Exporteur noch identisch firmiert, werden die Subventionsbeträge noch höher. Die Frau Thomas hat die Ministerin darauf aufmerksam gemacht, dass sich nur eine handvoll Monopolisten, die keine Konkurrenz erlauben, diesen Reibach teilen. Fazit: Mehr als 1,5 Milliarden Euro werden mit Hilfe politischer Lobbyistenvertreter an ein paar wenige Zweibeiner der Fleischveredelungsindustrie verschenkt. Das ist doch ein dicker Hund; 1,5 Milliarden Euro, den Betrag muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Habe ich das alles richtig verstanden, könnte Frau von der Leyen problemlos die fehlenden Krippenplätze schaffen, würden sich die Bundestagsabgeordneten aufraffen, diesem Subventionsirrsinn ein schnelles Ende zu bereiten. Das Motto der Gewerkschaft für Tiere könnte eigentlich heißen: »Für Kinder und Rinder«.

In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

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