Hallo und guten Tag
Das Volk der armen Rentner/ -innen wächst und wächst
Wie jedes Jahr im Sommer hatte Manfred die Dämmerschoppenrunde mit Anhang zum Grillfest eingeladen. Meine Wenigkeit durfte natürlich auch nicht fehlen. Wegen der Hitze verzog ich mich unter den Schatten spendenden Strauch direkt beim Essplatz; schließlich wollte ich ja die Gespräche nicht verpassen. Also stellte ich meine Ohren auf Empfang um Ihnen, liebe WOCHENBLATT-Leserinnen und -Leser zu berichten. Rolfs bessere Hälfte geht demnächst in Rente. Das ist schön für sie, dachte ich als Vierbeiner ohne Verstand.»Die Rente, die Irene bekommen wird, reicht hinten und vorne nicht und das nach 46 Jahren Berufstätigkeit«, erzählt Rolf. »Wieso das? Hat sie so schlecht verdient?«, wollte Dieter wissen. »Ja klar, Irene gehört zu den fast 40 Prozent der Beschäftigten, deren Reallohn seit Mitte der 1990-Jahre sinkt und das trifft gerade die unteren Einkommensgruppen. Jetzt schaltete sich Manfred in das Gespräch ein. »Das sogenannte Jobwunder wurde teuer erkauft mit Minijobs und anderen Teilzeitbeschäftigungen. Viele Frauen sind da betroffen. Auch Leih- und Zeitarbeit nimmt weiter zu. Nach meinen Informationen arbeiteten 2015 bereits 9,3 Prozent der Berufstätigen in diesen sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Ist es vielleicht normal, dass ein Arbeitnehmer als Vollzeitkraft mit Grundsicherungsleistungen aufstocken muss? Fast 1,2 Millionen Erwerbstätige werden so miserabel bezahlt, dass sie Arbeitslo-sengeld II beantragen müssen um über die Runden zu kommen«, so Manfred. Meine Güte, dachte ich bei mir, der wird doch die Würste und Steaks auf dem Grill nicht vergessen. Doch ganz souverän bat er Dieter an den Grill und er selbst kam noch mal auf die atypischen Beschäftigungsverhältnisse zu sprechen. »Im Gegensatz zu Leih- und Zeitarbeitern verdienen die Festangestellten schnell mehr Geld und haben Weiterbildungsmöglichkeiten. Ausgerechnet die öffentlichen Arbeitgeber tun sich hier besonders negativ hervor. Sage und schreibe in 60 Prozent der Neuverträge gibt es nur noch befristete Beschäftigungsverhältnisse«, erzählt Manfred empört. »Ja, die Bundesregierung bejubelt die niedrigen Arbeitslosenzahlen und lügt sich selber in den Sack. Wenn ein Arbeitnehmer wenig verdient, dann kann er auch nur wenig in die Rentenversicherung einzahlen. Außerdem haben diese Schlaumeier noch nicht erklärt mit was für Geld die Betroffenen eine zusätzliche Altersvorsorge finanzieren sollen. Zum Glück gehen Gewerkschaften und Sozialverbände jetzt in die Offensive. Um eine ordentliche Rente zu erhalten, muss der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben werden«, hörte ich Rolf. Kann es wirklich sein, dass sich Unternehmen und öffentliche Hand zu Lasten der Allgemeinheit bedienen? In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.
Autor:Redaktion aus Singen |
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