Hallo und guten Tag
Arbeitslose sollen dumm bleiben
Bei der Lektüre des WOCHENBLATTS der vergangenen Woche staunte ich nicht schlecht. Der berühmte Walter Fröhlich gratulierte mir in seiner alemannischen Dialektik zu meinem fünften Geburtstag. Das hat mich riesig gefreut und ich möchte mich ganz herzlich bedanken. Ich gib's ja ehrlich zu, das ging mir runter wie Öl. Deshalb nochmals Dankeschön. Mit der alemannischen Dialektik zwischen den Zähnen begab ich mich zum Lieblingsplatz meines Chefs. Ich habe das Schreiben meines prominenten Gratulanten unübersehbar auf dem Sessel meines Leithundes abgelegt. Schwanzwedelnd begrüßte ich ihn bei seiner Rückkehr und begleitete ihn erwartungsvoll zu seinem Platz. Er studierte die alemannische Dialektik und meinte: »Schon fünf Jahre wie doch die Zeit vergeht. Doch bunter Hund, da ist noch einige Post für Dich gekommen. Darum solltest Du Dich trotz Geburtstag kümmern«. Mein Alpharüde hat ja völlig Recht. Deshalb an die Arbeit. Vor Ostern habe ich mich über die Situation in der WOCHENBLATT - Region ausgelassen; ich stellte fest, dass es bei uns viele segensreiche Einrichtungen (wie zum Beispiel Büchereien) gibt, die nicht selbstverständlich sind und ich bat die Zweibeiner - trotz aller Sorgen - mal darüber nachzudenken. Jetzt hat mich genau zu diesem Thema ein Brief erreicht, der mich traurig und zugleich wütend macht. DerAufforderungn»über einnkurzes Zurückknurren freut sich ....« komme ich gerne nach. Es geht auch nicht mit einem kurzen Zurückknurren, nein es geht um eine Riesensauerei, die sich die Kommunen in der WOCHENBLATT - Region leisten. Mein Informant verfügt als Bezieher von Arbeitslosengeld 2 (Sie wissen schon, Herr Hartz lässt grüßen) über ein monatliches Einkommen von 345 Euro zuzüglich Warmmiete. Zieht man davon 9 Euro für Warmwasser ab, bleiben ihm unterm Strich 336 Euro monatlich. Die Stadtbücherei in Singen kann er komplett vergessen, dort wird ein Jahresbeitrag von 10 Euro erhoben. Für den Empfänger von Arbeitslosengeld 2 ein unerschwinglicher Luxus, denn eine Befreiung gibt es nicht! In Radolfzell war das - so mein Informant - bis 2004 anders; gegen einen Nachweis konnte man sich von der Zahlung der Bibliotheksgebühr befreien lassen. Da schlechte Beispiele Schule machen - siehe Singen - wurde diese kundenfreundliche Lösung in Zell auch abgeschafft. Die Nutzungsgebühr kostet seit 2005 5 Euro für alle, egal welches Einkommen vorhanden ist. Den einen oder anderen Zweibeiner hör ich schon »Bunter Hund, reiß Deine Schnauze nicht so weit auf und belle nicht so laut. Erstens was sind schon 5 oder 10 Euro Nutzungsgebühr im Jahr und wenn einer schon Hartz-IV-Empfänger ist, na dann.....«. Im Grundgesetz dieser Republik steht in Artikel 1 »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt« und in Artikel 5 heißt es dann weiter »..... und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.« Als Vierbeiner hätte ich da ein paar Fragen: Gehört zur Würde des Menschen nicht auch das Recht auf Bildung und Information? Ist es nicht gut, wenn ein Empfänger von Arbeitslosengeld 2 seine Zeit mit Lesen anstatt mit anderen Dingen gestaltet? Weshalb schließt ihn dann die Gesellschaft vom Recht auf Information, zum Beispiel durch Bücher aus den öffentlichen Bibliotheken aus? Oder ist das bezeichnend für diese Republik? Verschiedene Untersuchungen haben ja an den Tag gebracht, dass Leute mit geringem Einkommen auch nur geringe Chancen auf Bildung haben. Das passt in diesem Fall auch. Gebt Zweibeinern, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, gemäß den Bestimmungen unseres Grundgesetzes wenigstens die Möglichkeit für Bildung und Information,
das meint laut knurrend Ihr bunter Hund.
Autor:Redaktion aus Singen |
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