Ein Bauprojekt prägt Espasingen
Neues Leben für die Schlossbrauerei
Stockach-Espasingen/Bodman-Ludwigshafen. Lange passierte wenig rund um das Schloss in Espasingen, sodass es mehr und mehr zur Ruine wurde. Doch bereits seit einiger Zeit hat sich das geändert: Heute säumen Baugerüste das imposante Gebäude mitten im Ortskern, zwei Kräne thronen darüber. Fleißig wird gebaut, denn hier sollen Wohnungen entstehen. Damit kehrt das Gebäude zurück zu seinem ursprünglichen Zweck, wenn auch nicht ganz zum ursprünglichen Erscheinungsbild.
Vom Schloss zur Brauerei …
Das Gebäude blickt auf eine ereignisreiche Geschichte zurück: Im 16. Jahrhundert wohnten die Ritter von Bodman, wie damals üblich, nicht mehr auf ihrer Burg, der heutigen Ruine Altbodman. „Die war zu kalt und zu unzugänglich“, erklärt Wilderich Graf Bodman. Sie bezogen ein kleines Schloss in Espasingen, der Ort war sonnig und verkehrsgünstig gelegen. Das hatte allerdings auch zur Folge, dass es ein leichtes Ziel bei kriegerischen Auseinandersetzungen war, fährt Graf Bodman fort. Es wurde mehrfach beschädigt, im 30-jährigen Krieg dann vollkommen zerstört. Erst Jahrzehnte später konnte das Geld aufgebracht werden, um das Schloss wiederaufzubauen. 1685 wurde das Gebäude fertig und war dann bis 1816 Hauptwohnsitz der Familie. Nach einigen Jahren Leerstand folgte dann 1839 eine Brauerei, die im Jahr 1892 abbrannte und in der heute erhaltenen Struktur wiederaufgebaut wurde. „Bis 1968 wurde die Brauerei dort als solche bewirtschaftet.“
… zur Schlossbrauerei
Gerade dieser bewegten Geschichte soll das Gebäude gerecht werden. Zwar entstehen hier Wohnungen, aber: „Das Denkmalamt will nicht, dass wir das Schloss wiederaufbauen, sondern den Industriebau und die Brauerei nach 1892“, so Wilderich von Bodman. Die beiden der Straße zugewandten Süd- und Nordflügel des Gebäudes etwa werden unterschiedlich hoch bleiben, während sie beim Schloss zunächst gleich hoch waren. „So ein Gebäude hat eine lange Geschichte und man versucht, dass sich verschiedene Elemente daraus wiederfinden“, ergänzt Johannes von Bodman die Herausforderung. Passend dazu trägt das Projekt im gräflichen Haus den Namen „Schlossbrauerei“.
Über fünf Jahrzehnte stand das Gebäude leer, doch passierte in den vergangenen zehn Jahren im Hintergrund einiges: Es wurde eine Vision erarbeitet, die nicht nur den Erhalt der Schlossbrauerei betrifft, sondern noch weit mehr. Insgesamt vier Projektteile wurden durch Tobias Jaklin, Architekt beim Gut Bodman, erarbeitet und vorbereitet.
Abschiedsschmerz
Die Schlossbrauerei ist Baustein eins und könnte in etwa einem Jahr fertig sein. Hier entstehen 25 Eigentumswohnungen, davon sind 21 Wohneinheiten bereits verkauft, zwei reserviert und zwei frei verfügbar. Tobias Jaklin hat hier vorgeplant, zur Umsetzung jedoch wurde das Gebäude verkauft. Das Projekt würden sie auch weiter begleiten, trotzdem sei der Verkauf emotional schwer gewesen, berichten Wilderich und Johannes von Bodman: „Die Familie hat in dem Schloss 150 Jahre gewohnt. Es war für uns nicht einfach zu sagen: Das geben wir her.“ Doch am Ende war es die logischste Entscheidung, meint Johannes von Bodman: „Das hätte uns überfordert. Es ist schon eine große Aufgabe ein Schloss zu erhalten, ein zweites Schloss wäre ein Wahnsinn.“ So wurde nach Abwägung verschiedener Interessenten das Gebäude an die Radolfzeller Firma Gnädinger und Mayer verkauft. Als regionaler Bauträger kann das Unternehmen bereits Erfahrung im Bau an denkmalgeschützten Gebäuden vorweisen, wobei dort der Projektname „Schloss Espasingen“ den Augenmerk auf die frühe Geschichte des Hauses legt. Für Johannes und Wilderich von Bodman überwiege heute die Freude, das Projekt in der Entwicklung zu sehen.
Teil zwei betrifft das direkte Umfeld der Schlossbrauerei: die Schlosshöfe. Hier sollen mehrere Mehrfamilien-Wohnhäuser entstehen, die sich dem Stil des Hauptgebäudes anpassen. Ähnlich wie bei der Schlossbrauerei hat Tobias Jaklin das Projekt entwickelt, gar so weit, dass der Baubeginn theoretisch sofort möglich wäre, erklärt Johannes von Bodman: „Wir wollten, dass diese Gebäude zum Schloss und zum Ort passen. Deswegen sind wir da wesentlich weiter gegangen.“ Das Gelände wurde von der Unternehmensgruppe Weisenburger Bau gekauft, ein Baubeginn steht für nächstes Jahr im Raum.
Und noch ein weiteres Wohnbauprojekt soll sich anschließen, in Form von seriell gebauten, kleineren Holz-Einfamilienhäusern. Die Kastaniengärten liegen hinter der Schlossbrauerei und sollen erst in die Umsetzung gehen, wenn die Schlosshöfe fertig sind. Die Federführung wird hier beim gräflichen Haus bleiben, ob die Häuser verkauft oder teilweise vermietet werden, sei noch offen.
Eisweiher verzögert sich
Zuletzt gibt es auf dem Areal in Espasingen noch den Eisweiher. Hier wurde einst für die Brauerei die Aach aufgestaut, um Eisblöcke zur Kühlung beziehen zu können. Inzwischen ist er verlandet und soll „wiederbespannt“ werden. Oder einfach gesagt: Er soll ausgebaggert werden und es kommt wieder Wasser rein. Das Projekt wurde ebenfalls von Tobias Jaklin unter Zuhilfenahme eines Planungsbüros erarbeitet, wird aber von der Stadt Stockach umgesetzt. Die Kosten von rund 500.000 Euro sind in Höhe von etwa 200.000 Euro durch Förderungen gedeckt.
Laut Ortsvorsteher Andreas Bernhart sollte die Umsetzung in Kürze starten: Aus Naturschutzgründen beträgt der Zeitkorridor zwei Monate im Jahr, von Oktober bis November. „Das ist ja auch okay“, meint er. Auf sein Unverständnis stößt jedoch eine Forderung des Landratsamtes Konstanz für ein Gutachten, nachdem eigentlich alles geklärt schien. Dadurch werde ein Arbeitsbeginn noch 2024 zunehmend unrealistisch. Der Eisweiher soll über einen Weg mit dem Ort verbunden und öffentlich zugänglich werden: „Er ist ein Beitrag zur Naherholung in Espasingen und bringt einen ökologischen Mehrwert.“
Meilenstein für Espasingen
Bernhart freut sich, dass die Ruine der Schlossbrauerei nun wieder herausgeputzt wird, immerhin präge das Gebäude das Bild des Dorfes immens. „Optisch wird das jetzt eine richtige Aufwertung“, ist er sich sicher. „Es bewegt den Ort auch sehr stark.“ Von den Espasinger Bürgern werde das Projekt weitgehend positiv angenommen, einzige Sorge sei, ob dort am Ende zu viele Ferienwohnungen entstehen.
Die Zusammenarbeit über die Jahre hinweg, auch mit der Stadt Stockach und Altbürgermeister Rainer Stolz, beschreiben Andreas Bernhart und auch die Grafen von Bodman als eng und vertrauensvoll. Wichtiger Teil davon sei gewesen, die Öffentlichkeit mitzunehmen, unterstreicht Wilderich von Bodman. Denn insgesamt entstehen dort etwa 50 bis 60 Wohneinheiten in einem Dorf mit aktuell rund 800 Einwohnern. „Das ist ein erheblicher Eingriff für diesen kleinen Ort Espasingen. Deshalb ist es wichtig, dass die Espasinger das mittragen und übergeordnet auch die Stadt Stockach.“
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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