Nach dem Gutachten geht es für Konstanz nun um die politische Entscheidung
Vier Optionen für künftige Nutzung des Flughafenareals
Konstanz. Bei einer Entwicklung des Geländes des Verkehrslandeplatzes Konstanz können positive Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte erzielt werden – und zwar sowohl bei einem Ausbau des Verkehrslandeplatzes als auch bei seiner kompletten Nutzung als Gewerbefläche. Dies ist das Ergebnis eines von der Stadt beauftragten Gutachtens zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Verkehrslandeplatzes (Wertschöpfungsgutachten), das nun öffentlich vorgestellt wurde.
Allerdings gibt es bei den vier untersuchten Szenarien zur weiteren Entwicklung des Geländes erhebliche Unterschiede in den Effekten. Das Gutachten gibt bewusst keine Empfehlung zugunsten einer Variante, sondern überlässt die Entcheidung den Lokalpolitikern. Man biete damit eine Informationsgrundlage für die weitere Beratung in den politischen Gremien, wurde betont.
Das Wertschöpfungsgutachten untersucht die wirtschaftlichen Wirkungen von zwei Luftfahrtsszenarien und zwei Gewerbeflächenszenarien. Bei den Luftfahrtsszenarien werden zum einen die Effekte einer Trendfortschreibung, also der Entwicklung ohne bedeutende Investitionen, und zum anderen die Effekte einer aktiven Entwicklung mit umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur untersucht.
Die aktive Entwicklung beinhaltet eine Steigerung der jährlichen Luftfahrtsbewegungen von bislang 6.400 auf rund 30.000, den Ausbau der luftverkehrlichen Infrastruktur und Nutzung eines einseitigen Gewerbestreifens.
Die Gewerbeflächenszenarien bauen auf den Szenarien im Gewerbeflächenentwicklungskonzept auf: zum einen erfolgt eine Untersuchung der Effekte bei einer Nutzung von rund 2/3 des Geländes, zum anderen geht es um die Effekte bei einer Nutzung des gesamten Geländes.
In allen Szenarien ergeben sich positive Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte. Bis 2030 reicht die Spannweite von 288 Personenjahren (d.h. Beschäftigte pro Jahr, bezogen auf den Zeitraum bis 2030) mit einer Wertschöpfung von 12,2 Mio. Euro im Szenario „Trendentwicklung“ bis hin zu 3.164 Personenjahren mit einer Wertschöpfung von 248,5 Mio. Euro bei Nutzung des gesamten Geländes für eine gewerbliche Nutzung.
Die Untersuchung zu den fiskalischen Effekten (Einnahme/Ausgabe-Saldo) im Zeitraum 2040 zeigt in allen Szenarien Überschüsse. Die Überschüsse in den Gewerbeszenarien liegen deutlich über den Luftfahrtsszenarien. Bei allen diesen Zahlen handelt es sich um Szenarien, die von bestimmten, empirisch ermittelten Ausgangsdaten ausgehen.
Das Wertschöpfungsgutachten war von der Stadt Konstanz im Zusammenhang des Entwurfs eines Gewerbeflächenentwicklungskonzeptes (2015) in Auftrag gegeben worden. Der Entwurf des Gewerbeflächenentwicklungskonzeptes hat angesichts der Flächenknappheit in Konstanz die Umnutzung des Verkehrslandeplatzes Konstanz für eine gewerbliche Nutzung empfohlen, um den Gewerbeflächenbedarf zu decken.
Das Gewerbeflächenentwicklungskonzept war um Aussagen zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Verkehrslandeplatzes zu ergänzen. Sie sind für die politische Diskussion und Entscheidung sowie für die Abwägung zur zukünftigen Nutzung wichtig.
Das Wertschöpfungsgutachten basiert auf einer Vielzahl schriftlicher Informationsquellen (u.a. Statistisches Bundesamt, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, statistische Sonderauswertungen, Entwurf Gewerbeflächenentwicklungskonzept, Stadt Konstanz, Flughafen-Gesellschaft Konstanz GmbH). Darüber hinaus wurden die Nutzer des Verkehrslandeplatzes und Vertreter der Konstanzer Wirtschaft befragt. Mit den Nutzern des Verkehrslandeplatzes wurde zusätzlich ein Workshop durchgeführt.
Dem Wertschöpfungsgutachten waren ein faunistisches Gutachten zum Gebiet und ein Gutachten zum Hochwasserschutz vorausgegangen. Sie hatten Rahmenbedingungen für eine Entwicklung des Verkehrslandeplatzes zu prüfen. Der Verkehrslandeplatz liegt zu 1/3 in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet (HQ100). Die wasserwirtschaftliche Beurteilung kommt zu dem Ergebnis, dass eine Bebauung des Landeplatzes nach der Ausnahmeregelung des Wasserhaushaltsgesetzes auch für diesen Teil möglich ist, sofern keine andere Möglichkeit der Siedlungsentwicklung besteht oder geschaffen werden kann.
Auch das faunistische Gutachten sieht keine Verbotstatbestände, die eine Entwicklung des Flughafens blockieren könnten. Die insgesamt relativ lange Dauer des gesamten Gutachterverfahrens mit wasserwirtschaftlicher Beurteilung, faunistischem Gutachten und Wertschöpfungsgutachten erklärt sich daraus, dass die Gutachten aufeinander aufbauen und beim faunistischen Gutachten eine ganzjährige Bestandsaufnahme gekoppelt an die Vegetationsperiode erforderlich war.
Im aktuellen Schreiben vom 19.06.2017 hat das Regierungspräsidium Stuttgart einen Kompromissvorschlag für die weitere Entwicklung des Verkehrslandeplatzes unterbreitet. Er sieht eine Parallelnutzung des Geländes vor. Ein für den Flugbetrieb erforderlicher Geländestreifen von ca. 100 Metern könnte als Landebahn genutzt werden. Auf dem verbleibenden Streifen mit einer Breite von 140 Metern könnte sicherheitshöhenangepasst Gewerbe angesiedelt werden.
Für das Gewerbeflächenentwicklungskonzept wurde 2015 die Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Die Ergebnisse des Wertschöpfungsgutachtens, des faunistischen Gutachtens und des Gutachtens zum Hochwasserschutz bilden die Grundlage für die vom Gemeinderat durchzuführende Abwägung. Ziel ist, das Gewerbeflächenentwicklungskonzept nach Würdigung der eingegangenen Stellungnahmen als städtebauliches Entwicklungskonzept zu beschließen.
Die Gutachten kann mich sich auf der Homepage der Stadt Konstanz herunterladen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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