5.000 Besucher beim ökumenischen Kirchentag in Konstanz
Spaltung endlich überwinden
Konstanz. Am Sonntag ging bei sonnig-frischem Sommerwetter in Konstanz und Kreuzlingen der 17. Internationale Ökumenische Bodenseekirchentag zu Ende. Mindestens 5.000 Menschen besuchten mehr als 150 Veranstaltungen. Integriert in das Programm des Kirchentags, der in der Regel alle zwei Jahre an wechselnden Orten rund um den Bodensee stattfindet und in diesem Jahr grenzüberschreitend, waren der Badische Chortag sowie das Frauenkonzil.
Der erste Höhepunkt war der Vortrag der Reformationsbotschafterin Dr. Margot Käßmann zur Eröffnung am Freitagabend im Konstanzer Konzil. Unter dem Titel „2017 – was gibt es da zu feiern?“ legte sie zehn Gründe dar, warum die Christen in Deutschland – auch in ökumenischer Hinsicht – den 500. Jahrestag des Beginns der Reformation im kommenden Jahr mit Freude begehen können.
Der Chortag brachte etwa 450 Sänger und Sängerinnen aus nah und fern in die Konzilsstadt. Den ganzen Samstag über hörte man immer wieder an vielen Orten in der Stadt Posaunenchöre mit Chorälen, in der „Nacht der Kantoreien und Gospelchöre“ erklang eine breite Auswahl an Vokalmusik von klassisch bis Pop. Theater, Kabarett, Ausstellungen weiteten das Angebot für an anderen Kultursparten Interessierte aus.
Am Sonntag feierten die Christen in rund einem Dutzend Kirchen Gottesdienste mit verschiedenen Ausrichtungen und Themenschwerpunkten. In einer Matinée trafen sich zum Podiumsgespräch Bundesminister a. D. Dr. Heiner Geißler und Lutherexperte Prof. Dr. Volker Leppin und stellten ihre jeweilige Sicht auf Martin Luther und seine heutige Bedeutung für das Christentum dar. Geißler zitierte aus seinem jüngst erschienenen Buch „ Was müsste Luther heute sagen?“ und forderte nachdrücklich die Überwindung der Spaltung der Kirchen, wolle die Kirche eine Zukunft haben. „Das Reformationsfest gerät in Gefahr, wenn die beiden Kirchen ihre Theologie nicht in einem wichtigen Punkt revidieren“, warnte der 86-Jährige ehemalige Jesuitenschüler. „Wenn sie nicht die Behauptung der Rechtfertigungslehre aus der Welt schaffen, dass der Mensch ausschließlich durch die Gnade Gottes gerettet werde.“ Deutlich sprach er sich für eine Revision der (katholischen) Sexualethik aus, die immer noch mit der Lehre von der Erbsünde das Geschenk Gottes an die Menschen stigmatisiere. Er geißelte auch das Schweigen der Kirchen zu manchen Katastrophen sowie zu zerstörerischem europäischer Wirtschaftsaktivität in Afrika. „Warum habt Ihr nicht den Mut zu protestieren gegen diese Weltwirtschaftsordnung?“ wandte er sich an die über 500 Zuhörer. „Eine neue Weltwirtschaftsordnung ist nicht möglich ohne den Beistand der geistlichen Mächte.“
Volker Leppin, der leider wenig zu Wort kam, obwohl das Gespräch in freundlicher Atmosphäre verlief und beide Redner einander aufmerksam zuhörten, setzte Geißlers Kritik einen dezidiert protestantischen Standpunkt entgegen. Zur Kritik an der Rechtfertigungslehre erwiderte er: „Wir als Kirchen haben viel Missbrauch mit der dem Sündenbegriff getrieben. Aber die Grundeinsicht bleibt für mich unstrittig: Ich kann den Sinn meines Lebens nicht produzieren. Er kann nur von außen geschenkt sein.“
Mit einem bewegenden und anrührenden Gottesdienst in der reformierten Kirche Kreuzlingen, in dem unter anderem der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche im Thurgau Pfarrer Wilfried Bührer ein erstes Fazit des kirchlichen Großereignisses zog, ging der Bodenseekirchentag zu Ende. Bislang steht noch konnte noch keine Stadt am See gefunden werden, die bereit ist, die Veranstaltung zu sich einzuladen. In der musikalischen Gestaltung durch den Konstanzer Posaunenchors unter Leitung von Markus Fischer verbanden sich die vielen unterschiedlichen Eindrücke, Erlebnisse, Worte und Wünsche und setzten ihm noch ein im besten Sinne des Wortes harmonisches Glanzlicht auf.
Impressionen, Artikel, Kurzberichte und Fotos finden Sie auch unter www.bodensee-kirchentag.de, www.ekikon.de, www.kirchenbote-tg.ch/kirchentag/bodensee-kirchentag-2016
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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