RS-Virus macht sich in der Folge der Lockdwons breit / Alarmsignal auch durch durch neue Personalverordnung
Prof. Trotter warnt vor bedenklichen Engpässen in Kinderkliniken

Prof Trotter | Foto: Prof Andreas Trotter warnt von einer Überlastung der Kinderkliniken in den nächsten Wintermonaten. swb-Bild: GLKN
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Singen/ Berlin. Die Chefärzte/innen der deutschen Kliniken für Kinder und Jugendmedizin/Kinderchirurgie warnen vor einer dramatischen Überbelastung der Kliniken in den nächsten Monaten. Schon jetzt vor Beginn der Wintersaison droht die Situation aus dem Ruder zu laufen. Die Erklärung hat der Chefarzt der Singener Kinderklinik des GLKN, Prof. Andreas Trotter als Präsident des Verbands der Kinderkliniken (VLKKD) herausgegeben.

Die angekündigte Krise zeigt eine deutschlandweite aktuelle Umfrage des VLKKD an 200 Kliniken für Kinder und Jugendliche. 99 Prozent der vom Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD) befragten Chefärzte/innen aus 200 Kinderkliniken befürchten eine weitere Verschärfung des Bettenmangels in den kommenden Wintermonaten.

Kranke Kinder können immer häufiger in der wohnortnahen Kinderklinik nur notfallmäßig versorgt werden und müssen wegen Bettensperrungen in eine andere Klinik verlegt werden. Unzählige Anrufe, um endlich ein Krankenhausbett zu finden, dann kilometerlange Reisen mit einem an Luftnot erkrankten Säugling sind inzwischen in Deutschland kein Einzelfall mehr.

Das sogenannte RS-Virus ist massiv auf dem Vormarsch und führt neben anderen Virusinfekten zu schweren Erkrankungen bei Kindern. Nach Einschätzung des VLKKD-Präsidenten Prof. Dr. Andreas Trotter „stehen wir vor einer erheblichen Herausforderung in den kommenden Wintermonaten.“ Schon jetzt berichten 78 Prozent der Kliniken von Versorgungsengpässen, die zu einem Aufnahmestopp von Kindern geführt haben.

In diesem Jahr werden besonders viele Kinder erkranken. Krippen-/Kita- und Schulschließungen haben dazu geführt, dass das Immunsystem der Kinder in keinem guten Trainingszustand ist. Jetzt fehlt das scharfgeschaltete Abwehrsystem gegen die Viren. Die Fallzahlen liegen jetzt schon auf einem Niveau, wie wir sie in dieser Jahreszeit überhaupt nicht kennen.

„Corona hat unsere Kinder nicht wirklich krank gemacht, aber mit dem RS-Virus (Respiratory Syncytial) wird es jetzt richtig ernst. Dieses Virus versteht keinen Spaß speziell mit jungen Kindern. Hochansteckend, schnell und teilweise sehr aggressiv ist das Virus unterwegs“ sagt der Generalsekretär Prof. Dr. Wolfgang Kölfen und ergänzt „wir müssen all unsere medizinischen Ressourcen bereithalten, um diese anrollende Welle in den Griff zu bekommen.“

Ein weiteres Problem kommt hinzu, was sich jetzt als Hemmschuh erweist. Das Bundesministerium für Gesundheit hat auch für Kinderkliniken Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung – PpUGV). Das bedeutet, für eine bestimmte Anzahl an Patienten muss eine feste Zahl von Pflegekräften rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Ist das nicht sichergestellt, muss das Krankenhaus Betten sperren, ansonsten drohen dem Krankenhaus hohe Strafzahlungen.

Eigentlich eine gute Regelung mit dem Ziel endlich eine Entlastung der Kinderkrankenschwestern zu erreichen. Diese Verordnung ist aber leider in der jetzigen Situation brandgefährlich und führt zu einer Verschlechterung der Versorgungslage. Nur noch 25 Prozent der Kinderkliniken halten aktuell die PpUGV ein. Der weit größere Teil versorgt bereits mehr Kinder als sie laut Verordnung eigentlich dürfen. Dies führt zu einer zusätzlichen Überlastung durch noch mehr Patienten, die aus den sich PpUGV konform verhaltenden Kinderkliniken zuverlegt werden.

Erhöht sich der Anteil der Krankenhäuser, die sich PpUGV konform verhalten, kommt das System zum Kollaps. Dies gilt es unbedingt zu verhindern, weil unsere kranken Kinder Anspruch auf eine medizinische Versorgung haben. „Für die kommende Wintersaison muss jetzt eine zeitnahe Regelung gefunden werden“ betont Prof. Dr. Andreas Trotter, Präsident des VLKKD.

„Kranke Kinder abzuweisen und ihnen und ihren Eltern eine zum Teil gefährliche Odyssee zuzumuten ist nicht nur unzumutbar für das Kind und seine Eltern, sondern kann im Einzelfall auch lebensbedrohlich werden!“ Der VLKKD fordert deshalb von der Politik, die PpUGV für einen befristeten Zeitraum auszusetzen.

Die Kraft aller Kinderkliniken mit ihren qualifizierten Mitarbeitern werde benötigt, um die Versorgung von kranken Kindern in Deutschland in den nächsten Monaten sicherzustellen. Potentielle Strafzahlungen dürfen kein Thema sein. „Was wir den Erwachsenen in der Coronapandemie mit der Aussetzung der Regelung gewährt haben, muss jetzt auch selbstverständlich für unsere Kinder getan werden“ so die klare Forderung von Generalsekretär Prof. Dr. Wolfgang Kölfen „Aussetzen der PpUGV ist notwendig und nicht Aussitzen.“

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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