Fahrgastverband bemängelt mangelnde Kommunikation vor dem Fahrplanwechsel
Pro Bahn: Verkehrskonzepte im Südwesten dringend überarbeiten

Gürtelbahn  | Foto: Die Gürtelbahn in der „roten Phase" bei Überlingen. swb-Bild: Archiv
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Stuttgart/Kreis Konstanz. Mitte Dezember trat der Jahresfahrplan 2022 in Kraft. Der Fahrgastverband PRO BAHN Baden-Württemberg kann die Vorschusslorbeeren und das Eigenlob aus dem Verkehrsministerium angesichts offensichtlicher grober Webfehler nicht nachvollziehen, will die angekündigte höhere Zuverlässigkeit aber gerne als Pluspunkt gelten lassen, sofern sie im Alltag tatsächlich eintritt.

Elektrifizierte Südbahn, Regio-S-Bahn Ulm, Kombilösung Karlsruhe: Nach teils langem Warten werden mehrere Großprojekte gleichzeitig in Betrieb genommen. Was sich wie der Beginn einer neuen Ära des öffentlichen Verkehrs anhört, ist auf den zweiten Blick doch eine recht ernüchternde Angelegenheit, insbesondere wenn man die investierten Summen entgegenstellt.

Auf der Südbahn, wo der ersehnte Fahrdraht nun seiner Bestimmung übergeben wurde, profitieren vor allem Fernpendler durch den neuen Halbstundentakt im Expressverkehr. „Wir hätten uns eine deutlichere Stärkung des Vor-Ort-Verkehrs gewünscht. An vielen potenziellen Fahrgästen fährt der Fortschritt einfach vorbei“, so Stefan Buhl, Landesvorsitzender von PRO BAHN BW. Der seit vielen Jahren von PRO BAHN vehement geforderte durchgängige Regionalbahnverkehr auf der Südbahn fehlt weiterhin; die Lücke zwischen Aulendorf und Biberach-Süd bleibt bestehen.

Sobald die Fahrt über Friedrichshafen hinausgehen soll, ist es auch schon wieder vorbei mit den Vorteilen: Durch die Brechung der IRE-Linie Ulm–Basel in Friedrichshafen, müssen viele Fahrgäste zusätzliche Umstiege, Wartezeiten und Fahrzeitverlängerungen in Kauf nehmen.

Fahrpläne und Anschlussverknüpfungen entlang der Bodensee- und Hochrhein-Achse wurden stark verändert und verärgern viele Stammkunden massiv. „Das System krankt an unterdimensionierter Infrastruktur, die die neuen Möglichkeiten auf der Südbahn konterkariert“, so Buhl.

„Schlimmer, da vermeidbar, ist allerdings, dass die Fahrpläne zu spät und unter grober Missachtung der Fahrgastbedürfnisse erstellt wurden.“ PRO BAHN hatte nach dem Durchsickern der Pläne im letzten Winter sofort protestiert, allerdings ohne Gehör zu finden. „Es ist schön, dass die gröbsten Fehler mit drei Fahrplanänderungen zwischen Januar und April gelindert werden sollen. Besser wäre es gewesen, diese gar nicht erst einzubauen“, so der frustrierte Kommentar von Buhl.

Mangels anderer Verbesserungen wird nun mit der (erhofften) höheren Zuverlässigkeit/Pünktlichkeit durch den „entspannten“ Fahrplan um Sympathie geworben. „Zuverlässigkeit ist natürlich sehr wichtig und insofern lassen wir das Argument vorerst gelten“, so Buhl.

Leider bedeutet Zuverlässigkeit aber, dass Anschlüsse, die bisher fallweise nicht erreicht wurden, nun einfach planmäßig nicht erreicht werden. „Wir sehen ja durchaus auch die Vorteile der Neukonzeption“, so Stefan Buhl, „aber wie Anschlussverluste und massive Fahrzeitverlängerungen heruntergespielt werden, wirkt wie blanker Hohn für die Betroffenen.“

Das gesamte Verkehrskonzept im Südwesten muss nach Ansicht des Verbandes dringend überarbeitet werden; der Taktfahrplan, der immer weiter erodiert, muss wieder Ziel der Bemühungen sein. Zukünftig muss das Land dringend wieder dazu übergehen, Fahrplankonzepte frühzeitig vorzustellen und mit der Fachöffentlichkeit zu diskutieren, so die abschließende Forderung der Fahrgastvertreter.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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