Brandbriefe der Bürgermeister und Abgeordneten
Maßnahmen gegen Post-Misere gefordert

Foto: Quelle: Deutsche Post, Bearbeitung: Amrit Raj
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Landkreis Konstanz. Einst war sie zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk, doch seit Monaten sorgt sie für Ärger und Beschwerden häufen sich: Die Deutsche Post AG steht im Fokus der Kritik im Landkreis Konstanz. Der Vorwurf: Briefsendungen landen zu spät und unregelmäßig in den Briefkästen und das kann weitreichende Folgen für Privat- wie Geschäftskunden haben. Nun reagierten Kommunen und Abgeordnete auf die Misere und werden auf politischer Ebene aktiv.

Zahlreiche Beschwerden aus der Bürgerschaft, dass Briefe nur mit langer Verzögerung bei den Adressaten ankommen, veranlassten bereits vor Wochen einige Bürgermeister auf der Höri und im Hegau, sich an das Dienstleistungsunternehmen zu wenden und sie zum Handeln aufzufordern. Besonders kritisch war die Situation Anfang Juli dieses Jahres, als Briefwahlunterlagen zur Bürgermeisterwahl in Öhningen nicht rechtzeitig verteilt wurden und die Verwaltungsmitarbeiter diese noch selbst im Ort austragen mussten. Auf die Klagen der BürgerInnen wurde vonseiten der Post allerdings kaum eingegangen, weiß Holger Mayer, Bürgermeister von Hilzingen: „Die wurden mit allgemeinen Floskeln abgetan.“ 

Da in mehreren Gemeinden des Landkreises dieselbe Problematik seit Monaten besteht, beschlossen die Bürgermeister von Hilzingen, Gailingen, Gottmadingen, Gaienhofen, Mühlhausen-Ehingen, Rielasingen-Worblingen, Moos und der Stadt Singen, einen Brandbrief an das Wirtschaftsministerium zu versenden, dem die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde der Deutschen Post unterstellt ist. „Wir wollen mit unseren Anliegen ernst genommen werden und wir wollen eine Strategie, wie man dieses Problem in den Griff bekommen kann“, fasste Holger Mayer zusammen und fügte an: „Ich möchte hier kein Post-Bashing machen, also nicht einfach auf die Post einprügeln. Aber wir brauchen Maßnahmen, die diese Situation verbessern. Dass dies nicht nächsten Montag der Fall sein kann, ist mir klar. Ebenso klar ist, dass die Austräger nichts für die Misere können, sie müssen die Sache ja noch ausbaden.“

„Leider müssen wir Probleme einräumen“

Vonseiten der Deutschen Post AG kam auf Nachfrage des Wochenblatts eine ausführliche Stellungnahme von Sonja Radojicic, Leiterin Kommunikation Süd der Deutsche Post DHL Group in München, zu dem Dilemma: „Leider müssen wir Probleme, vor allem in der Briefzustellung, in der Bodensee-Region einräumen. Grund sind in erster Linie deutlich höhere Personalausfälle aufgrund von Coronainfektionen. Diese höheren Personalausfälle können aufgrund der sehr angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt nur begrenzt durch die Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte kompensiert werden“, erklärte sie in ihrem Schreiben. Um Zustellausfälle über mehrere Tage zu vermeiden, werde an Standorten mit besonders hohen Personalausfällen das sogenannte Corona-Notfallkonzept angewandt. Das sieht unter anderem vor, bei werktäglicher Zustellung die Haushalte nur jeden zweiten Werktag zu beliefern, was zwar zu längeren Brieflaufzeiten führe, aber Ausfälle über längere Zeiträume verhindere. Zudem wurde bereits vor Monaten eine bundesweite Kampagne zur Gewinnung von dringend notwendigen Arbeitskräften in die Wege geleitet.
Diese Maßnahmen bestätigte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung in einem Schreiben an Hilzingens Bürgermeister Mayer. Jung hatte Martin Fichtner, den für Baden-Württemberg zuständigen Politikbeauftragten des Unternehmens, kontaktiert und auf die besondere Dringlichkeit des Anliegens der Bürgermeister und auf die möglichen Auswirkungen nicht fristgerechter Postzustellungen aufmerksam gemacht.
Auch die beiden SPD-PolitikerInnen aus dem Landkreis Konstanz, Dr. Lina Seitzl (MdB) und Hans-Peter Storz (MdL), setzen sich für eine Lösung der Zustellproblematik der Deutschen Post ein. Sie haben sich an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und den Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, gewandt.

Zum Handeln aufgefordert

Die Abgeordneten fordern die Bundesnetzagentur zum Handeln bei den Zustellungsproblemen im Landkreis auf. Gleichzeitig weisen sie Bundeswirtschaftsminister Habeck auf eine notwendige Ausweitung der Kompetenzen für die Aufsichtsbehörde hin. „Die Bundesnetzagentur ist als Aufsichtsbehörde dafür zuständig, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben beim Postversand zu überwachen. In der von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Liste der Anlassprüfungen im Jahr 2022 findet sich der Landkreis Konstanz trotz aller Beschwerden aber noch nicht“, führen Storz und Seitzl aus. Daher hätten die SPD-Abgeordneten Präsident Müller dazu aufgefordert, dringend eine Lösung für die Verzögerungen bei der Postzustellung in der Region zu finden. Denn für Unternehmen, Privatpersonen, Kommunen und Behörden kann diese massive rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben.

Zeitgleich haben die SPD-Abgeordneten auch Bundeswirtschaftsminister Habeck über die unzureichende Problemlösung des seit mehreren Monaten andauernden Missstandes unterrichtet. Dabei haben Storz und Seitzl auch auf eine notwendige Ausweitung der Handlungsmöglichkeiten für die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde hingewiesen. Zudem müsse sie befähigt werden, „bei anhaltenden Problemen regulativ einzugreifen, beispielsweise durch die Möglichkeit, Buß- und Zwangsgelder anzudrohen und zu verhängen“, so die Bundestags- und der Landtagsabgeordnete. Ohne dieses Instrumentarium gäbe es für Unternehmen wie die Deutsche Post AG zu wenig Anreize, den begründeten Beschwerden ganzer Regionen unverzüglich Abhilfe zu verschaffen.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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