Seit Montag alle Schüler zeitweise aber getrennt in der Schule/ Bilanz über den Lock Down
Keine Atempause auf dem Weg zum »Regelbetrieb«

Schillerschule | Foto: Schülertrennung auf dem Schulhof der Schillerschule in Singens Süden. swb-Bild: of
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  • Foto: Schülertrennung auf dem Schulhof der Schillerschule in Singens Süden. swb-Bild: of
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Kreis Konstanz. Das Thema Schule nimmt nun doch kurz vor den Sommerferien noch Fahrt auf. Mit viel Aufwand wurde der Start des Unterrichts für alle Klassen ab Ende der Pfingstferien vorbereitet, zum 29. Juni wird sich aber wieder eine Menge ändern.

Der Start in einen neuen Abschnitt der Schulöffnung ist für die Schulen auch Anlass zu Positionsbestimmung gewesen. Immer wieder steht die Frage im Raum, wieviel Schule wurde in den drei Monaten bis jetzt geschafft - ohne Präsenzunterreicht für die meisten, und wie wurde es geschafft. Das ergibt schon im Raum Singen ganz unterschiedliche Bilder.

In der Ten-Brink-Gemeinschaftsschule Rielasingen-Worblingen ist Schulleiterin Birgit Steiner zufrieden mit der Zeit des Lock Down. Es habe sich ausgezahlt, dass in der Schule schon ab der 5. Klassenstufe Medienbildung eine große Rolle im Lehrplan spiele. Man habe schnell reagieren können mit einer Umstellung auf Zoom-Konferenzen für die SchülerInnen, mit einem Angebot von »Links« zum Lernen auf der Homepage, und die Rückmeldung von SchülerInnen wie Eltern seien zum größten Teil sehr positiv, betont Birgit Steinert. »Wir gehen davon aus, dass wir ab Juli auch nochmal mehr Nebenfächer anbieten können, um damit das Bildungsangebot auch breiter aufstellen zu können - und dass es mehr Schule überhaupt geben kann. Denn derzeit ist ja für die Klassen ja noch Wechselzeit angesagt, also eine Woche in der Schule, eine Woche wieder im Homeschooling. Man habe von Anfang an mit »Wake Up-Calls« den Schülern vermittelt dass die Zeit keine Ferien sind, und die Rückmeldung habe gezeigt, dass dies angekommen sei.

Wie wird das Abi 2021?

Am Friedrich-Hecker-Gymnasium in Radolfzell ist man den Präsenzbetrieb schon wieder gewohnt. »Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe waren schon seit Anfang Mai wieder an der Schule«, berichtet Schulleiterin Ulrike Heller im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Denn hier musste die Vorbereitung auf die Abiturprüfungen dieses, beziehungsweise nächstes Jahr geleistet werden. »Das Abitur im kommenden Jahr hängt vom Verlauf der Pandemie ab«, meint Heller. Sie würde es begrüßen, wenn dafür der Bildungsplan überarbeitet wird um den Druck ein wenig herauszunehmen. Ähnlich wie es in Bayern gehandhabt wird.

Im Großen und Ganzen lief das Homeschooling am FHG gut, »allerdings ist hierbei die Heterogenität der Schüler problematisch. Die Lehrerinnen und Lehrer können nicht so gut individuell auf die einzelnen Schüler eingehen, wie das der Fall beim Präsenzunterricht ist«, betont Heller. Deshalb sei es jetzt auch sehr wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler wieder an die Schulen zurückkommen können. Diejenigen die im Homeschooling nicht erreicht werden konnten wurden, sobald dies möglich war zum Präsenzunterricht einbestellt. Kopfzerbrechen bereitet der Schulleiterin momentan noch die Zeugnisübergabe. Diese soll auf jeden Fall in einem feierlichen Rahmen stattfinden. »Die Schülerinnen und Schüler brauchen einen würdigen Abschluss«, betont Heller.

Wochenwechsel in der Ratoldusschule

An der Radolfzeller Ratoldusschule werden seit Montag alle Klassen in zwei Gruppen unterrichtet Gruppe A hat immer in Woche A in der Schule Unterricht während Gruppe B im Homeschooling ist und Aufgaben für den Unterricht daheim bekommt. In Woche B läuft das ganze dann umgekehrt, erläutert Schulleiterin Angelika Haarbach gegenüber dem WOCHENBLATT. Dieses Rollierende System sollte eigentlich bis zu den Sommerferien laufen, also noch sechs Wochen. »Jetzt ändert sich die Planung allerdings wohl wieder, weil im Grundschulbereich Änderungen kommen werden«, so Haarbach. Im Grunde genommen sei mit jeder neuen Verordnung, die in den letzten Wochen herausgegeben wurde eine komplett neue Schuljahresplanung notwendig geworden, welche normalerweise für ein Schuljahr in den Sommerferien vorgenommen wird. »Jetzt mussten bereits drei Mal komplett neue »Schuljahre« geplant werden, weil ja jedes mal auch berücksichtigt werden musste, welche Lehrpersonen stehen mit wieviel Stunden Arbeitszeit zur Verfügung stehen und ob da überhaupt das Fach, welches unterrichtet werden soll passt«, so Haarbach.

»Das Homeschooling hat uns – wie die meisten anderen Schulen – unerwartet und unvorbereitet getroffen. Allerdings bin ich sehr stolz auf das Kollegium und die Schülerinnen und Schüler und vor allem deren Eltern, wie schnell sie sich an die neue Situation angepasst haben. Alle haben das Bemühen das Beste daraus zu machen. Da kann man dann – egal ob Eltern Schüler oder Lehrkraft – schon mal genervt sein, dass man schon wieder ein neues System ausprobieren oder anwenden soll, das ist völlig klar, aber nur so konnten wir uns an die Arbeit herantasten, mit welcher Software, was wie umgesetzt werden kann. Da kommt uns etwas klar zu Gute: Unsere Arbeitsform in der Gemeinschaftsschule – vor allem in der Sekundarstufe«.

Präsenz schlägt das Internet

»Wir freuen uns sehr , dass die Kinder jetzt endlich wieder persönlich an die Schule kommen können. In den letzten Monaten hat einfach die Beziehungsebene gefehlt. Dementsprechend war es ein sehr schöner Moment, als wir wieder mit dem Präsenzunterricht starten konnten. Nicht nur für uns Lehrerinnen und Lehrer sondern auch für die Schülerinnen und Schüler. Das hat man deutlich gemerkt«, freut sich Sabrina Auer, die Konrektorin der Singener Waldeck-Schule im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Sehr zufrieden zeigt sie sich auch mit der Unterstützung durch die Stadt Singen im Hinblick auf die Notbetreuung. Zwar habe man aus dem Homeschooling das beste zu machen und viele schöne Ergebnisse erzielen können, allerdings sei es sehr wichtig, dass die Kinder wieder zur Schule gehen können. »Irgendwann stoßen ja auch die Eltern an ihre Grenzen und es ist dann auch schwierig die Kinder noch weiter zu motivieren«, so Auer. Außerdem können alle digitalen Möglichkeiten den persönlichen Kontakt nicht ersetzen, ist sie sich sicher.

»Da stecken viele Ressourcen drin«

Im Nellenburg Gymnasium in Stockach habe das Homeschooling recht gut geklappt und auch die ersten beiden Tage Präsenzunterricht seien gut gelaufen, erklärte Schulleiter Holger Seitz. »Die Schüler haben sich alle vorbildlich verhalten, sogar an der Bushaltestelle waren sie sehr diszipliniert«, lobte er. Die Schüler hätten mit dem digitalen Lernen von zuhause aus keine Probleme gehabt und auch die Regelungen vor Ort wurden eingehalten. »Es hat alles gut funktioniert. Nicht zuletzt auch Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Kollegium, mit dem wir im Vorfeld eine gute Planung erarbeiten konnten.« Allerdings übte der Schulleiter auch Kritik an das Kulturministerium aus. »Wenn man bedenkt wie viele Ressourcen alleine bei uns reingeflossen sind, etwa bei der Erstellung neuer Stundenpläne, die man an anderer Stelle hätte gebrauchen können, ist das schon auch schade«, bedauert er. Auch ein zeitlicher Vorlauf bei der Umsetzung der Verordnungen wäre wünschenswert. »Für das nächste Schuljahr brauchen wir mehr Planungssicherheit«, fordert er.

Auch Grundschüler zeigen viel Disziplin«

Vorbildlich verhalten sich auch die Schüler der Grundschule in Engen. »Gerade unsere Viertklässler zeigen, wie diszipliniert sie sich an die neue Situation herangewagt haben«, freut sich Lehrerin Stefanie Mauch. Gelegentlich müssen die Kinder an die Regeln erinnert werden, ansonsten funktioniere der Schulbetrieb unter diesen besonderen Umständen gut. Seit Montag werden alle Klassenstufen im wöchentlichen Wechsel unterrichtet. »Diese Woche sind die Klassenstufen 1 und 3 dran, nächste Woche die Zweit- und Viertklässler.« Die Klassen wurden in jeweils zwei Gruppen aufgeteilt (gelb und blau) um die Kinder besser betreuen zu können. »Wir freuen uns, dass die Kinder unsere Schule wieder mit Leben füllen. Und auch die Schüler haben ihre Freude, wieder in die Schule gehen zu dürfen, mit uns geteilt.«

Man lernt Selbstorganisation

Für die Schüler selbst konnte das Homeschooling auch positive Aspekte mit sich bringen. »In der Zeit musste man viel selber organisieren. Dadurch lernt man auch, sich selbst zu organisieren. Zumindest war das bei mir so«, erzählt der 14-jährige Dirk Giner im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. »Wir hatten täglich mehrere Meetings mit unseren Lehrern. Für den Austausch haben wir mit verschiedene Plattformen gearbeitet.« Probleme mit dem digitalen Lernen gab es keine. »Jeder Schüler hat sein eigenes Tablet, sodass wir alles darüber abgewickelt haben.«

Der Schüler besucht die achte Klasse am Technischen Gymnasium (TG) in Singen und hatte am Montag seinen »ersten« Schultag. »Es war schon gewöhnungsbedürftig mit dem Abstandhalten und allen weiteren Regelungen«, gesteht der Schüler, »Bis wir an unseren Plätzen sind, tragen wir Alltagsmasken. Erst dann dürfen wir diese abnehmen. Die Tische stehen im nötigen Abstand voneinander entfernt.« Dirk Giners Klasse ist mit 18 Schülern eine recht kleine Gruppe und musste nicht aufgeteilt werden. »Die Pausen verbringen wir in den Klassenräumen, wir sollen immer die rechte Seite des Ganges entlanglaufen«, erzählt er. Die Mittagsschule findet jedoch nicht statt. »Trotz allem ist es schön, wieder in der Schule zu sein und mit den anderen Klassenkameraden in einem Raum zu sitzen«, sagt Dirk Giner.

Wann ist endlich wieder richtig Schule?

»Ich verstehe das nicht. Vielleicht kann mir das ja jemand erklären. Gerne hätte ich die Erklärung von unserer Kultusministerin, jedoch befürchte ich, dass ich sie nicht wirklich persönlich erreichen werde«, schreibt Joachim Hafner aus Gottmadingen in den Pfingstferien. Denn da spielen die Kinder zusammen, gehen auf den Bolzplatz, gehen nach den Ferien in die Schule zusammen, um am Schulhof die Masken aufzuziehen und in verschiedene Klassenteile aufgeteilt zu werden. »Was den Kindern allerdings weiter verschlossen bleibt, ist der einigermaßen normale Unterricht an den deutschen Schulen! Ein nur sporadisch stattfindender und auf ein Minimum reduzierter Unterricht, ist bis auf weiteres an der Tagesordnung, fragt er weiter. Ob die jüngsten Änderungen auf Ende Juni vieles verbessern? Das würde Joachim Hafner gerne von der Kultusministerin erfahren.

Leuchtturm auf dem Land

»Die Schulen auf dem Land hatte es einfach leichter«, sagt Holger Brock, der Leiter der Grundschule Volkertshausen. Die Schule sei in Digitalechnik gut ausgestattet und man habe den SchülerInnen, die kein Tablet oder Labtob zur Verfügung hatten, eines durch die Schule gestellt als quasi über Nacht auf Homeschooling umgestellt werden musste, auch in der Grundschule in diesem Fall digital. Man habe 12.000 Zugriffe für Lernstoffe auf der Schulhomepage gehabt, das habe für Anfragen auf dem ganzen Land gesorgt, wie man den das so gut schaffe, die Schüler zu erreichen, berichtet Brock nicht ohne Stolz. In dieser Woche sind Vertreter des Kreismedienzentrums in der Schule, um für eine Förderung im Rahmen des Medienbildungsplan des Landes zu beraten. »Ich hoffe dass es da nach dem Sommerferien schon Signale gibt. Wir sind bis jetzt erst mal sehr froh, dass wir fast alle Schülerinnen »mitnehmen« konnten.

Bildungsbörse Schulhof

»Das sind wirklich spannende Zeiten« sagt Gregor Fischer, Leiter der Schiller-Grundschule in Singens Süden. »Wir wollten, dass unsere Schülerinnen jede Woche jetzt in die Schule können, deshalb haben wir in Absprache mit dem Schulamt ein Modell gewählt, nachdem die einen Schülerinnen Montag und Mittwoch, die anderen Dienstag und Donnerstag jeweils vier Stunden in die Schule kommen. Am Freitag gibt es übergreifend Intensivgruppen für alle, die durch drei Monate daheim auch sprachlich den Anschluss verloren haben. »Wir haben dadurch ständig 10 Gruppen in der Schule. Obwohl derzeit rund ein Drittel Lehrkräfte aus verschiedenen Gründen fehlen«, so Fischer. »Aber die kleinen Gruppen derzeit sind richtig gut«, unterstreicht er. Das ermögliche einen intensiven Unterricht bei man man viel aufhole. Während des Log Down musste viel analog mit einer Bildungsbörse auf dem Schulhof gearbeitet werden, wo man die Aufgaben abholte und abgab. Die Versuche mit digitalen Konferenzen habe man gleich gelassen, zumal es an den Ge
räten dafür in den Familien oft fehlte.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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