Buch von Intendant Christoph Nix im Abschiedsjahr zum Bühnenstück durch Oliver Vorwerk gemacht
»Junge Hunde« im Nachkriegs-Vakuum

Junge Hunde | Foto: Die »Jungen Hunde« landen nach ihren Ausbruchsversuchen und Widerständen gegen den neuen Krieg in Indochina wieder im Rund der ewig kreisenden Modellbahn ihrer Provinz. swb-Bild: Ilja Mes
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Konstanz. Das Buch »Junge Hunde« hat der scheidende Intendant des Theater Konstanz, Christoph Nix, schon vor über 10 Jahren geschrieben und schon damals rüttelte es mit seinen autobiographischen Anleihen einer Jugend in der Nachkriegszeit auf.
Nun ist es von Oliver Vorwerk aufgenommen worden in das Abschiedsprogramm »Bella Ciao« des Stadttheaters und es konnte schon ein bewegendes Glanzlicht bei seiner Premiere am Samstagabend in der Spiegelhalle setzen.
Jugend in den 1960er Jahren. Die Väter und Eltern wollen nicht darüber sprechen, was im letzten Krieg war, und was sie dort getan haben. Eine Jugend mit vielen Fragen wächst auf und da gibt es in Vietnam schon den nächsten schrecklichen Krieg. Es ist ein Vakuum, in das der junge Menz (Arlen Konietz) da hinein wächst, wo er doch den Wunsch hat, dass eigentlich alle Menschen eine große Familie sein sollten. Der Vater hat sich umgebracht, er war irgendwie zu gut für sein Kaufhaus in der Kleinstadt. Die Mutter landete deswegen in der Psychiatrie. Die neue Familie ist »links«, was sollte sie schon sonst sein, wenn die Gegenwart das »rechts« des letzten Reichs nicht aufgearbeitet hat?
Ho Chi Minh ist der Star der heranwachsenden und auch er ist ein Teil dieses Stücks (Dan Glazer), beobachtet, was aus ihm da gemacht wird, wie sein Name zum Inbegriff des Widerstands gegen das sinnlose Töten wird.
Die neue »Familie« von Menz benennt sich nach »Onkel Ho«, ohne zu wissen, was da wirklich auf den Schlachtfeldern in Indochina passiert. Auch ein Soldat mischt sich in das Geschehen in diesem Provinz-Zirkus ein, der schnell die alte Staatsmacht zu spüren bekommt durch die eigene Unbedarftheit. Sie fallen auf die Parolen der Gegenkultur herein, suchen eine eigene und finden sie nicht. Alkohol, Drogen können das Vakuum nicht füllen. Immer wieder werden Tondokumente von damals eingespielt, ja: »The Times, they are changing«, der große Song eines Lebensgefühls. Und dabei würde sich Menz so gerne verlieben.
Das Stück hört vorher auf, inmitten der Modellbahn, die auf der Bühne nur immer im Kreis fahren kann, sowie die Züge auch immer wieder zurück fahren in die Provinz. Der Zirkus, dringt auch mit seinem Direktor (Ralf Beckord) immer wieder in das Stück ein. Führt er heraus. Auch das wird nicht mehr ausgesprochen und bleibt als Weg für die Zuschauer offen, die gewaltig berührt wurden von diesem Zeitlauf aus der Feder von Christoph Nix. Es ist ein Stück, dass eine umwälzende Epoche spürbar macht.
In weiteren Rollen auf der Bühne sind Peter Posniak, Axel Julius Fündeling, Sra Siri Lee König, Jana Alexia Rödiger. Gespielt wird »Junge Hunde« wieder am 4., 6. und 10. Oktober und bis Ende des Monat. Mehr unter www.theaterkonstanz.de .

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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