Die Gastronomieszene in der Region ist angespannt – aber der Blick geht nach vorne
»Jammern hilft nicht«
Landkreis Konstanz. Die Lage in der Gastronomie ist auch im zweiten Pandemie-Jahr angespannt. Verschärfungen bei den Corona-Vorgaben wie 2G-Plus, Sperrstunde und Kontaktbeschränkungen erschweren es den Restaurants und Gastwirtschaften wirtschaftlich zu arbeiten und erhöhen die Existenznot. Dennoch bleiben die Gastronomen meist optimistisch.
Die Situation ist kritisch. Das belegen die Zahlen der Dehoga Baden-Württemberg mit einen Umsatzrückgang im Gastgewerbe von Januar bis Oktober 2021 von –15,8 Prozent beim realen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. Auf die Beherbergung entfiel ein realer Rückgang von –12,5 Prozent, auf die Gastronomie ein realer Rückgang von –17,3 Prozent. Die Rückgänge haben sich aufgrund der weiterhin starken Auswirkungen der Corona-Pandemie nur leicht abgeschwächt.
Dazu berichten Gastronomen aus der Region:
Hubert Neidhart,
»Grüner Baum« in Moos:
»Der Dezember war katastrophal. Die ganzen Weihnachtsfeiern wurden abgesagt, das war ein Totalausfall. Das gilt auch für unseren Party- und Catering-Service, da ja fast keine Veranstaltungen stattfinden dürfen. Etwas besser ist es à la carte – da kommen die Gäste und genießen. Langfristig hat uns die Möglichkeit der Kurzarbeit geholfen ohne Entlassungen durch die harte Zeit zu kommen. Deshalb dürfen wir nicht klagen, die Situation ist nicht existenzbedrohend. Der ›Grüne Baum‹ hat schon zwei Kriege, die Spanische Grippe und die Ölkrise überstanden, dann wird er dies auch überstehen.«
Karl Josef Graf,
Restaurant Auberge »Harlekin« in Randegg:
»Am meisten machte uns die Verunsicherung der Leute zu schaffen. Nachdem zuerst die 2G-Plus-Regelung galt, dann auf 2G zurückgerudert wurde, wussten unsere Gäste, von denen viele aus der Schweiz kommen, gar nicht mehr, was eigentlich gilt. Fatal war auch der Zeitpunkt der Erlasse in der Vorweihnachtszeit. Gut 300 Gäste hatten für Weihnachtsfeiern reserviert, die alle abgesagt haben. Das war ein heftiges Umsatzminus. Die Sperrstunde ab 22.30 Uhr hat für uns keine größeren Auswirkungen. Allerdings würden wir jetzt finanziell besser dastehen, wenn wir wie beim ersten Lockdown ganz geschlossen hätten. Denn der Verdienst aus den Sommermonaten geht gerade weg wie nichts. Wir sind ein kleines Lokal, ich stehe selbst am Herd und meine Familie hilft mit, da müssen wir den Gürtel langfristig enger schnallen, aber niemanden entlassen – auch dank der Kurzarbeitsregelung. Insgesamt bleibe ich trotz aller Widrigkeiten optimistisch und hoffe auf Besserung. Mit 2G können wir zwar überleben, aber mit weniger Umsatz. In den fast 50 Jahren im Harlekin habe ich schon mehrere Berg- und Talfahrten erlebt und alle überstanden. Das wird hoffentlich auch jetzt der Fall sein.«
Dirk Schröder,
Hotel Restaurant »Schinderhannes« in Steißlingen:
»Momentan ist Hopfen und Malz verloren. Es läuft schlecht, Weihnachtsfeiern hatten wir keine, aber das ging der ganzen Branche so. Die Leute sind verunsichert durch 2G und 2G-Plus und durch die Omikron-Variante – da bleiben sie lieber zuhause. Durch die Corona-Auflagen haben wir zudem weniger Umsatz, aber mehr Arbeit. Doch viel machen kann man nicht, wir hoffen auf das Frühjahr, wenn hoffentlich wieder mehr gelockert wird, um dann richtig durchzustarten. Die Kurzarbeit ist ein Tropfen auf den heißen Stein und ich stocke den Lohn für meine Mitarbeiter auf, damit sie bleiben. Denn wenn es wieder losgeht, brauche ich gute Kräfte.
Grundsätzlich gilt: Jammern und schlecht reden hilft nichts, da kommen wir nicht weiter. Wir müssen diese Saure-Gurken-Zeit überstehen, schauen aber optimistisch in die Zukunft und freuen uns auf bessere Zeiten.«
Philipp Gassner,
Ringhotel und Restaurant »Goldener Ochsen« in Stockach:
»Wir haben eine brutale Saison hinter uns, denn nachdem wir wieder öffnen konnten im Frühjahr und wieder viele hier am See Urlaub machten, ging es voll ab – bis September. Dann lief Schritt für Schritt schon gegen uns. An dem Freitag, als die Landesregierung ihre 2G-Plus-Regel publizierte, war der Rest des Jahres gelaufen. Und die Verunsicherung der Gäste hält an. Im Tagesrestaurant kommen wir in dieser Zeit gerade mal auf rund 40 Prozent. Das heißt erneut Kurzarbeit für einen Teil der Belegschaft seit November. Die Perspektive vom Sommer ist weg. Auch die Maskenpflicht tut uns nicht gut: Wenn die Mitarbeiter die Gäste damit bedienen, ist es ein Gefühl wie auf dem OP-Tisch. Jetzt ist die große Frage wie das weitergeht. Was mit Fastnacht wird, oder Ostern? Einzig die Voranmeldungen machen uns jetzt zuversichtlich, dass wir das auch noch durchhalten.«
Autor:Ute Mucha aus Moos |
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