Viele Fragen rund um ein bedeutendes Amt
Ist das Amt des Feuerwehrkommandanten noch ehrenamtlich möglich?
Kreis Konstanz. Rund 94 Prozent der Feuerwehrkommandanten im Landkreis Konstanz sind ehrenamtlich aktiv. Doch ist dieses Amt heutzutage überhaupt noch im Ehrenamt denkbar?
Wenn es um dieses Thema geht, werde viel strapaziert, erzählt Uwe Veit, Gesamtwehrkommandant der Feuerwehr Tengen, da man in diesem Amt die vier F’s – Familie, Feuerwehr, Firma, Freizeit – miteinander vereinen muss. Im Ehrenamt braucht man ihm zufolge auch eine gewisse Unterstützung durch die Gemeinde- beziehungsweise Stadtverwaltung sowie eine gute Führungsmannschaft. Dann funktioniert das Kommandantenamt auch in dieser Funktion.
„Der Unterschied zum Hauptamt ist auch der, dass das Tagesgeschäft zwar dort vorhanden ist, Feuerwehr hingegen läuft aber immer noch am Abend.“ Zu dieser Arbeit gehören für ihn Büroarbeit wie unter anderem Lehrganganmeldungen, Abrechnungen, die Erstellung von Alarm- und Ausrückeordnungen sowie die Abarbeitung von Terminen wie dem Übungsdienst. Themen wie Fahrzeugbeschaffungen, die Feuerwehr auf dem aktuellen Ausbildungsstand zu halten, die Tagesverfügbarkeit und die Frage, wie man diese als Kommandant abgedeckt bekomme, sei für Veit eine Herausforderung. Als Kommandant müsse man ihm zufolge nicht bei jedem Einsatz als Erster an der Einsatzstelle sein. "In Tengen haben wir sehr gut ausgebildete Führungskräfte, die das auch können, womit wir in dieser Hinsicht sehr gut aufgestellt sind."
"Kein Tag wie jeder andere"
Für Jürgen Maas, Bürgermeister der Gemeinde Gaienhofen, deren Kommandant Peter Jetter vor kurzem in seinem Amt wiedergewählt wurde und dessen Abteilungen Gaienhofen-Hemmenhofen und Horn-Gundholzen unter ein Dach zusammengeführt wurden, sei es abhängig von der Größe der Gemeinde sowie im Allgemeinen eine Strukturfrage, ob ein Feuerwehrkommandant sein Amt noch ehrenamtlich ausüben kann. „Die ganzen Abrechnungen, die Datenpflege oder auch die Öffentlichkeitsarbeit fordern einem Kommandanten jede Menge Einsatz ab“, so Maas. Dies alles alleine erledigen zu müssen, ohne Delegationsmöglichkeiten zu haben, könne diese Person in gewisser Hinsicht überfordern.
„Kein Tag ist wie jeder andere“, verdeutlicht hingegen Uwe Hartmann, Kommandant der Stadt Stockach, der neben seinen Kollegen aus Singen, Konstanz, Radolfzell und Engen dieses Amt hauptamtlich ausführt. Gerade in Stockach gibt es im Gegensatz zu anderen Gemeinden arbeitstechnisch Unterschiede. „Als hauptamtlicher Kommandant hat man vor allem sehr viele administrative wie planungstechnische Aufgaben zu bewältigen. Hierzu gehören neben der Erstellung von Ausschreibungen für die Feuerwehr, deren Haushalt, die Bedarfsplanung sowie die Abstimmung von Anträgen jeglicher Art oder Ausschreibungsergebnissen mit der Stadtverwaltung.“
Zudem gebe es auch viele Abendtermine mit diversen Besprechungen wie zum Beispiel dem Technikausschuss der Feuerwehr, erklärt Hartmann, der auch oft Dinge mit den anderen Feuerwehren des Verwaltungsgebiets oder dem Landratsamt absprechen muss. Auch Feuerwehreinsätze könne man in dieser Funktion besser wahrnehmen als im Ehrenamt. „Es ist wirklich ein Full-Time-Job.“ Dass er auch zwei hauptamtliche Gerätewarte und einen Sachbearbeiter im Team hat, mache es ihm aufgrund der Flexibilität der Mitarbeiter einfacher, gewisse Aufgaben untereinander zu verteilen.
Gründe, warum es vielleicht als ehrenamtlicher Kommandant nicht mehr möglich sein kann, sieht Hartmann viele. Dabei spiele für ihn neben dem Privaten auch der Beruf eine wichtige Rolle. „Oft kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber ehrenamtsfreundlich ist, oder nicht.“
In Singen, wo wohl auch dieses Jahr wieder rund 700 Einsätze gefahren werden müssen, ist Hauptamtlichkeit über den Kommandanten und Führungsstab hinaus schon lange umgesetzt. Laut dem aktuellen Bedarfsplan sei es das Ziel, hier 15 bis 20 Einsatzkräfte zu bekommen, bei zehn sei man derzeit. Singens Gesamtwehrkommandant Mario Dutzi unterstreicht im Gespräch mit dem WOCHENBLATT, dass es mit dem Plan darum gehe, mit hauptamtlichen Kräften das Ehrenamt zu entlasten, indem viele Kleineinsätze abgearbeitet werden können, ohne dass die ehrenamtlichen Feuerwehrleute immer wieder ihren Arbeitsplatz verlassen müssten. "Das Ehrenamt brauchen wir in diesem Bereich mehr denn je", betont Dutzi, aber das bekomme man auch nur, wenn es nicht zu sehr belaste.
Kein Tag ohne Feuerwehr
Läuft die Rücksprache mit der Gemeindeverwaltung in den meisten Gemeinden sehr konstruktiv und sachlich, wird dies auch von der anderen Seite als positiv betrachtet. „Bei meinen Teilnahmen an den Ausschusssitzungen herrscht stets ein menschliches Miteinander“, so Gaienhofens Bürgermeister Jürgen Maas. Das Zwischenmenschliche spiele für ihn hier eine große Rolle.
Dem kann auch Uwe Hartmann nicht widersprechen: „Die zwischenmenschliche Kommunikation ist fast noch wichtiger als die fachliche Führung.“ Gerade wenn ein Kamerad aus beruflichen oder privaten Gründen seine Funktion nicht mehr wahrnehmen kann, gelte es für ihn, dementsprechend Ersatz zu finden, der auch menschlich ins Team passt. Als Kommandant müsse man generell mit vielen verschiedenen Charakteren klarkommen und auch eine gewisse Kompromissbereitschaft mitbringen. „Ohne die geht es nicht“, so Uwe Hartmann.
„Es gibt keinen Tag ohne Feuerwehr“, erklärt der Tengener Kommandant Uwe Veit. Dabei sei es sehr herausfordernd, dieses Amt mit dem Privatleben zu vereinbaren. „Es funktioniert nur, wenn der Partner mitspielt“, so Veit. Es benötige für ihn viel Verständnis der Familie. „Jeder Kommandant, egal ob ehrenamtlich oder hauptamtlich, wird beim Familienleben und den Freizeitaktivitäten Abstriche machen müssen“, sagt Uwe Hartmann. „Mal hat man Tage, wo man dann zwei Wochen keine Zeit für die Familie hat, danach dann aber wieder mehr. Man muss diesen Ausgleich finden“, merkt Stefan Kienzler, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands an.
Feuerwehr noch finanzierbar?
„Viele Probleme sollen bei den Wehren mit einem hauptamtlichen Kommandanten gelöst werden. Das tut man jedoch bei 94 Prozent ehrenamtlichen Kommandanten im Landkreis Konstanz nicht“, verdeutlicht Kienzler. Aus langjähriger Erfahrung als ehrenamtlicher Kommandant meint er, dass bei einer KameradInnenstärke von bis zu 200 Leuten das Amt des ehrenamtlichen Kommandanten kein Full-Time-Job sei. Zudem brauche man auch in der Feuerwehr Leute, die einem den Rücken freihalten und in der Wehr auch etwas bewegen wollen.
Für den Kreisverbandsvorsitzenden stellt sich vor allem die Frage, inwiefern sich Kommunen noch Feuerwehren leisten können. „Das fängt allein schon bei den Gerätschaften, den Fahrzeugen, die nicht selten in den sechsstelligen Bereich gehen, und dem Unterhalt an. Wenn alle Kommandanten auf das Hauptamtliche zielen, dann werden Städte mit hauptamtlichem Personal diese Gemeinden abdecken. Gemeinden können sich einen hauptamtlichen Kommandanten einfach nicht leisten“, verdeutlicht Kienzler.
Laut Entschädigungssatzung müsse jede Gemeinde die Funktionsträger entschädigen. Dies sind in diesem Fall der Kommandant, dessen Stellvertreter, die Abteilungskommandanten und die Gerätewarte. Wie diese entschädigt werden, werde laut Stefan Kienzler zwischen der Feuerwehr und der Gemeinde abgestimmt. Neben den bereits erwähnten Tätigkeiten als ehrenamtlicher Kommandant sei man den Rest der Zeit im Feuerwehrhaus und schaut, dass die Feuerwehr läuft, auch im kameradschaftlichen Bereich. Vor allem Letztgenanntes ist auch für Uwe Veit von großer Bedeutung. „Egal ob im Übungs- oder Einsatzdienst - man muss sich aufeinander verlassen können.“
Jugendwehr als Grundstein
Für Stefan Kienzler ist die Feuerwehr eine Lebenseinstellung. Dazu gehört auch, den gesellschaftlichen Zusammenhalt weiterhin zu pflegen und weiterzugeben. „Auch bei den jungen Leuten, die zu uns kommen, nehme ich das sehr stark wahr.“ Die Kontrolle dieser jungen Leute in der Jugendfeuerwehr und somit die Gewährleistung des Feuerwehrnachwuchses gehört ebenfalls zum Arbeitsfeld eines jeden Kommandanten, gibt es doch überall viele Aktive, die in dieser Abteilung bei der Feuerwehr begannen.
„Die Jugendfeuerwehr ist ein Grundstein für uns“, betont Uwe Veit. „Wenn wir nicht weiter in den Nachwuchs investieren, haben wir es als Feuerwehr schwer“, verdeutlicht Uwe Hartmann. Dabei sei es für ihn wichtig, trotz des hohen Stands in den Kreisjugendwehren von fast 1.000 Mitgliedern, Kinder schon sehr früh dafür zu begeistern. „In die Jugendfeuerwehr kann man erst ab zehn Jahren, doch gibt es viele Kinder, die bereits davor in anderen Vereinen tätig sind. Da sind wir eindeutig im Nachteil.“
Aufgrund der Tatsache, dass laut Stefan Kienzler viel Nachwuchs über die Jugendfeuerwehr generiert werde, stellt sich berechtigterweise die Frage, ob es in Zukunft auch weiterhin ehrenamtliche Kommandanten geben wird. „Man muss viel motivieren und voranbringen“, so der Kreisverbandsvorsitzende. Die Feuerwehr ist für ihn kein Verein, aber man ist bürgerlich aufgestellt, wenn man im Ort viel dafür macht und regelmäßig auf die Mit- oder NeubürgerInnen zugeht. „Wenn dies nicht funktioniert“, verdeutlicht Kienzler, „geht es nur hauptamtlich und dann wird es ehrlich gesagt unbezahlbar.“
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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