Kurze Vorlaufzeit für den Re-Start der Gaststätten und Hotels, aber »endlich wieder Gäste empfangen«
Gastro-Szene: Zwischen Freude und Bangen
Landkreis Konstanz. Seit Monaten mussten sie aufgrund der Lockdown-Bestimmungen ihre Türen geschlossen halten - seit Samstag dürfen nun Gaststätten, Cafés, Hotels, Campingplätze und Restaurants dank sinkender Inzidenzwerte unter Auflagen wieder im Außen- und Innenbereich von 6 bis 21 Uhr Gäste empfangen und bewirten - aber natürlich nur unter speziellen Auflagen.
Die kurzfristige Entscheidung zur Lockerung der Corona-Beschränkungen sorgte für Freude und Sorge gleichermaßen in der Hotel- und Gastronomie-Szene der Region. Denn die Vorlaufzeit für die Wiedereröffnung der Lokale nach rund sieben Monaten ist extrem kurz. »Das ist eine Chance und gleichzeitig eine Herausforderung für jeden Betrieb«, weiß Heinz-Oskar Stärk, 1. Vorsitzender der DEHOGA Kreisstelle Konstanz und Betreiber des Best Western Hotels in Singen. Er kennt die Misere seiner Branche, die während des Lockdowns Umsatzrückgänge zwischen 50 und 70 Prozent verkraften musste. Die kurze Vorlaufzeit zum Re-Start der Gastronomie sei eine logistische Herausforderung, erklärt Stärk. Denn zum einen müsse schnellstmöglich das notwendige Personal aktiviert werden - das sich teilweise noch in Kurzarbeit befindet - und die Lieferketten müssen funktionieren.
Dieses Dilemma betrifft auch Sebastian Kopitzki, Geschäftsführer und Küchenmeister des Gasthauses »Kreuz« in Singen: »Wir brauchen zwei bis drei Tage Zeit, um den Betrieb wieder hochzufahren und werden deshalb Restaurant und Biergarten am Mittwoch dieser Woche wieder öffnen können, erklärt der 30-Jährige Gastronom. Er hat erst im November 2019 das frisch sanierte »Kreuz« übernommen und wurde von der Pandemie in der Eröffnungsphase ausgebremst. Überbrückt haben er und sein Team die Zwangspause mit Take Away-Angeboten und der »Kreuz«-Hütte« im (geschlossenen) Biergarten. Jetzt hofft der Küchenmeister, dass er wieder frische und feine Kost aus der Region für seine Gäste auf den Tisch zaubern kann. »Wir sind hochmotiviert und freuen uns, dass es endlich wieder losgeht«, fasst Sebastian Kopitzki zusammen.
Etwas verhaltener sieht Rolf Riemensperger von den Rastanlagen Hegau die Wiedereröffnung der Hotellerie und Gastronomie. Bereits zu Ostern hoffte er auf einen Re-Start, wurde aber enttäuscht. Die beiden Hotels an der Autobahn A81 waren mit Geschäftsreisenden während des Lockdowns ausgelastet, nun öffneten am Samstag auch die Rastanlagen Hegau West und Ost sowie die Bibermühle in Blumenfeld ihre Tore und bietet einen weiteren Service für Gäste an: Kurzentschlossene Besucher können sich auf den Rastanlagen testen lassen. »Wir waren vorbereitet und werden jetzt wieder richtig Gas geben«, verspricht der Unternehmer.
Schwungvoll startete auch das Team des Gasthofs »Hirschen« in Horn auf der Höri am Samstag nach den langen Lockdown-Monaten wieder durch. Bis spät in die Nacht hatte die Familie Amann am Freitag mit angepackt, so dass sie pünktlich am Samstag Mittag im Biergarten die ersten Gäste empfangen konnten. Am Abend waren dann im Restaurant die erlaubten Plätze besetzt. «Das hat unserer Gastronomen-Seele richtig gut getan, endlich wieder Gäste persönlich zu begrüßen und zu bewirten«, freut sich Sebastian Amann. Während des Lockdowns bot der Gasthof eine Vielzahl an Gerichten zum Mitnehmen an und hofft nun auf eine gute Sommersaison. Damit Gäste auch spontan kulinarisch genießen können, haben der »Hirschen« gemeinsam mit dem »Plätzle am See« ein offizielles Center für kostenlose Coronatests im Tagungsraum des »Hirschen« eingerichtet, das an sieben Tagen von 10 bis 19.30 Uhr geöffnet hat.
Mit gesunder Vorsicht geht Philipp Gassner vom »Goldene Ochsen« in Stockach den Re-Start der Gastronomie an. Die letzten Monate war sein Hotel mit Geschäftsreisenden belegt und leckere To go-Gerichte machten seinen Stammgästen Appetit auf mehr. Doch dies reichte gerade um den Betrieb am Laufen zu halten und die Mitarbeiter zu beschäftigen, erklärt Gassner. Er wird sein traditionsreiches Haus - auch wegen der kurzen Vorlaufzeit - langsam nach oben fahren und möchte Schritt für Schritt zur Normalität zurückkehren. Befürchtet aber, dass es nicht mehr so sein wird, wie es einmal vor Corona-Zeiten war. »Die Unbeschwertheit fehlt - uns wurde durch das Virus deutlich gemacht, dass unsere heile Welt jederzeit ins Wanken geraten kann. Ein bisschen erinnert mit die Situation an die Zeit nach dem 11. September 2001«, so der erfahrene Gastronom. Deshalb hat er auch die Inzidenzzahlen im Blick und möchte verhalten nach vorne schauen.
Für Dirk Wilhelmsen, Betreiber des Campingplatzes in Markelfingen, kamen die Lockerungen überraschend. »Wir freuen uns zwar, dass es wieder los geht, müssen aber schauen, dass wir in dieser kurzen Zeit genügend Personal zurückholen können und wir unsere Ware geliefert bekommen«, fasst er zusammen. Die Nachfrage nach Campingurlaub am See sei groß, weiß Dirk Wilhelmsen - sein Telefon stehe nicht mehr still. Die 70 Stellplätze in Markelfingen waren schon an Ostern ausgebucht und sind auch jetzt heiß begehrt. Aber »wenn der Platz voll ist, geht halt nichts mehr«, so Wilhelmsen. Anders sieht es im Lokal aus, das ein beliebtes Ausflugsziel ist. Doch auch dort müssen die Vorgaben der Öffnungsstufe I berücksichtigt werden.
»Ich hoffe nur, dass die Inzidenzahlen unten bleiben und wir nicht wieder schließen müssen«, wünscht sich der Campingplatzbetreiber.
Autor:Ute Mucha aus Moos |
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