»Tag des Berufs« für Flüchtlinge in der Bildungsakademie
Für einen schnellen Einstieg ins Handwerk
Singen. Vom Ansprechpartner bis zum Praktikum: Am „Tag des Berufs“ wurden Flüchtlinge in der Bildungsakademie Singen auf ihren Start ins Arbeitsleben vorbereitet
Was passiert, wenn 42 motivierte Asylbewerber und anerkannte Geflüchtete den Vormittag mit fünf engagierten Lehrmeistern in der Werkstatt verbringen? Am „Tag des Berufs“ in der Bildungsakademie Singen der Handwerkskammer Konstanz (5. September 2017) konnte man das Ergebnis an den konzentrierten Gesichtern und interessierten Fragen der Teilnehmer erkennen. Zuhören, hingucken, mitmachen war die Devise in den fünf Lehrwerkstätten.
Lehrmeister Bernd Linder zeigte in der Feinwerkmechanik, wie man aus einem Metallklotz plus Kugellager einen hochpräzisen Fidget Spinner fräst und dreht. In der Anlagenmechanik bogen und löteten die an Sanitär- und Heizungstechnik interessierten Teilnehmer Herzen aus Kupferrohren. Bei den Metallbauern fertigten die Flüchtlinge Uhren, und im besonders gut besuchten Elektrolehrraum ließen sich die jungen Männer die Grundlagen der E-Motorensteuerung erklären.
Hoch engagiert gingen auch die zwölf Teilnehmer in der Kfz-Lehrwerkstatt ans Werk. Unter Anleitung von Lehrmeister Markus Moser bestimmten sie die Wirksamkeit der Kühlflüssigkeit, machten sich an die computergestützte Fehlerdiagnose und checkten den technischen Zustand eines Testwagens.
Für Feras Aljamli alles kein Neuland. Der 33-jährige Syrer, der seit drei Jahren in Singen lebt, hat in seiner Heimat 15 Jahre lang alle möglichen Automodelle repariert. Er kennt nach einem dreimonatigen Praktikum im Hegau sogar die deutschen Fachbegriffe von ABS bis Zahnriemen. „Ich weiß, wie man Autos repariert und will wieder in meinem erlernten Beruf arbeiten“, beschreibt der zweifache Familienvater seine Motivation, sich beim „Tag des Berufs“ um ein Praktikum oder eine Arbeitsstelle zu bemühen. Doch weil er wie in Syrien üblich nie eine Ausbildung gemacht hat, fällt der Einstieg ins deutsche Berufsleben schwer.
Um Menschen wie Feras Aljamli den Weg in den Job zu erleichtern, haben die acht Kooperationspartner Handwerkskammer Konstanz, Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, Stadt Konstanz - Büro des Flüchtlingsbeauftragten, Stadt Singen - Referat Integration/Beauftragte für Flüchtlingsintegration, Landkreis Konstanz, Netzwerk Bleiben mit Arbeit/AWO Kreisverband Konstanz, Jobcenter Landkreis Konstanz und die Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg den „Tag des Berufs“ in der Bildungsakademie Singen organisiert.
„Wir wollen Geflüchtete erfolgreich und einfach in einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz vermitteln“, beschreibt Marina Mauch als Projektkoordinatorin für Flüchtlingsfragen bei der Handwerkskammer Konstanz das Ziel des Gemeinschaftsprojekts. Die acht Projektpartner, die alle mit dem Thema Arbeit, Flüchtlinge und Integration befasst sind, ergänzen sich dabei mit ihren Perspektiven und Erfahrungen. „Das ist die große Stärke dieser Kooperation“, ist Jan Vollmar überzeugt, der für die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee den „Tag des Berufs“ mitorganisierte.
Am Nachmittag nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, sich bei Gesprächen mit vier Ausbildungsbetrieben aus den Gewerken Kfz, Metallbau, Anlagenmechanik Sanität/Heizung/Klima sowie dem Ausbildungsberuf Maschinen- und Anlageführer zu informieren und zu präsentieren.
Für Feras Aljamli brachte der Tag möglicherweise eine viel versprechende Perspektive in einem großen Autohaus. Nach dem Infogespräch vereinbarte er mit dem Serviceleiter von Gohm + Graf Hardenberg ein Praktikum. Er war nicht der einzige, der die Bildungsakademie mit einer Praktikumszusage verließ.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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