Nese Erikli und Andre Baumann besichtigten das Kieswerk im Hardt
Einblick in den Kiesabbau
Landkreis Konstanz. Kiesabbau, das ist im Landkreis Konstanz ein umstrittenes Thema. Nicht zuletzt aus diesem Grund besuchte die Konstanzer Landtagsabgeordnete Nese Erikli (Grüne) das Kieswerk Meichle+Mohr zwischen Singen und Steißlingen um sich gemeinsam mit Andre Baumann, dem Staatssekretär im Baden-Württembergischen Umweltministerium ein Bild vom dortigen Kiesabbau zu machen.
Schon seit 1973 baut Meichle+Mohr an diesem Standort Kies ab, seit 2009 im Nassabbau. Das bedeutet, dass der Kies aus bis zu 60 Metern Tiefe aus dem Grundwasser gefördert wird. Auf dem Firmengelände ist aus diesem Grund ein rund zehn Hektar großer See entstanden. Auf dem türkisblauen Wasser schwimmt ein gigantischer Schwimmbagger, der den Kies mit einem riesigen Greifer aus den Tiefen des Grundwassersees fördert. 24 Tonnen fasst der Greifer des Baggers. Das ist so viel wie auf einen Sattelschlepper passt.
Im Vergangenen Jahr wurden so eine Million Tonnen Kies gefördert. »Das war der außergewöhnlich guten Konjunktur in der Baubranche geschuldet. Ursprünglich war eine Abbaumenge von 800.000 Tonnen geplant«, erklärt Seniorchef Rolf Mohr. Beliefert werde in erster Linie die nähre Umgebung. Rund 15 Prozent des Abgebauten Kieses gehen über die Grenze in die Schweiz, so Mohr. Wie der Seniorchef des Unternehmens erklärt, sollen die Kiesreserven an dieser Stelle reichen um den Bedarf des Landkreises für 70 bis 80 Jahre zu decken. Am Ende wird der See eine Größe von rund 120 Hektar haben.
»Einen Tod muss man sterben«
Für Erikli, wie Baumann ist das ganze ein Spagat. Kiesabbau vor Ort sei wichtig, denn so vermeidet man lange Transportwege. »Es wird viel gebaut, deshalb brauchen wir die Rohstoffe und mir ist wichtig, dass wir nichts importieren müssen, was vielleicht unter schlechteren Bedingungen abgebaut wird«, führte die Landtagsabgeordnete an. Auch Staatssekretär Baumann folgt der Devise: »Einen Tod muss man sterben«. Soll heißen, es muss ein tragbarer Kompromiss gefunden werden: So wird beispielsweise häufig der Trockenabbau einer Nassauskiesung vorgezogen, allerdings sei der Flächenverbrauch beim Trockenabbau deutlich höher. »Wichtig ist es, mit den Bürgern im Dialog zu stehen. Der Kies muss natürlich da abgebaut werden, wo ihn der liebe Gott hingelegt hat«, so Baumann.
Diskutiert wurde beim Besuch des Kieswerks auch die Verwendung von Recycling-Material, also zerkleinertem Beton, der wieder zu neuem Beton verarbeitest werden kann. Hier stehe man oft vor dem Problem, dass das Recycling-Material vom Kunden nicht gewünscht wird, selbst wenn es sich dabei um Kommunen handle, erklärte Rolf Mohr. »Wir stehen voll hinter dem Einsatz von Recycling-Material, aber es braucht einfach noch mehr Akzeptanz dafür, auch in den Verwaltungen«, machte er gegenüber dem Staatssekretär deutlich.
Gegen Ende der Führung durch das Kieswerk gab es am Rande des Sees noch ein Biotop zu sehen. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Mondlandschaft, aber Jürgen Trautner von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung aus Filderstadt, einem unabhängigen Gutachterbüro, der seit 20 Jahren die Entwicklung der Fauna im Kieswerk beobachtet erklärte, dass sich hier mittlerweile allein 150 Arten Laufkäfer angesiedelt haben. »Natur ist nicht immer das was für das menschliche Auge schön aussieht«, so Trautner, so entspreche die Mondlandschaft im Kieswerk der Landschaft im bereich von naturbelassenen, eiszeitlichen Flussläufen, die es so in Mitteleuropa garnicht mehr gebe. Als Heimat für Vögel und gefährdete Insekten sei dies einer der artenreichsten Lebensräume in der Gegend, attestierte Trautner.
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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