Cyberlago-Themenabend: Daten als den Rohstoff der Zukunft nutzen lernen
Digitalisierung als Herausforderung im Unternehmen meistern
Radolfzell. Daten als Rohstoff, »New Work« als neue Form der »Arbeitswelt«, Resilienz, Arbeitsschutz, gesellschaftliche Verantwortung und digitaler Zeitgeist – was hat das alles mit Digitalisierung zu tun?
An dieser Frage setzte am Donnerstag die Veranstaltung »Digitalisierung als Chance – wie die digitale Transformation gelingt« des digitalen Kompetenznetzwerks cyberLAGO und der Bodensee Standort Marketing GmbH (BSM) an. Die Veranstaltung gehört zu einer Reihe von Events des Projekts »BodenseeMittelstand 4.0«, bei denen es darum geht, die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) der Region beim digitalen Wandel zu begleiten und gleichzeitig mit den relevanten Akteuren der Vierländerregion Bodensee zu vernetzen.
Rund 70 Teilnehmer waren zur Abendveranstaltung ins Milchwerk Radolfzell gekommen, um sich über die aktuellen Veränderungen in Industrie und Arbeitswelt ein Bild zu verschaffen. Dabei gelang es den Referenten Björn Gross (Inhaber der Firma CLC, Tägerwilen), Ralf Walther (Geschäftsführer der Firma mindUp Web + Intelligence GmbH, Konstanz) und Dr. Harald Dreher (Geschäftsführer von Dreher Consulting, Böblingen/Singen), den Bogen von der Theorie zur Praxis zu spannen und den Teilnehmern wichtige Impulse auf dem Weg der digitalen Transformation mitzugeben.
Björn Gross erklärte ganz konkret, warum Digitalisierung auch immer unter dem sozialen Aspekt zu betrachten sei. Denn digitale Transformation bedeute auch immer soziale Transformation. Ob die digitale Transformation gelingen kann, hänge deshalb in erster Linie auch vom Umgang des eigenen Unternehmens mit Veränderungen ab. Mit interessanten Studien untermauerte er, wie Unternehmen die digitale Herausforderung meistern können, besonders unter Einbezug aller Ebenen – von der Geschäftsführung bis zum operativen Mitarbeiter. Qualifizierte Mitarbeiter seien fast immer vorhanden, aber unter dem massiven Druck und enormer Informationsflut könne das volle Potenzial oft nicht ausgeschöpft werden. Ein Fokus war deshalb auch das Konzept der sogenannten »New Work«, bei dem es darum geht, den modernen Herausforderungen mit Offenheit, Partizipation, Agilität und Vernetzung zu begegnen. Dabei spiele es auch eine wesentliche Rolle, dass die Zufriedenheit der Mitarbeiter in der Unternehmenskultur einen großen Stellenwert einnehme. Dazu gehöre beispielsweise, die Talente der Mitarbeiter entsprechend zu fördern. Denn: »Als Unternehmer sollte ich alles tun, damit die Mitarbeiter bei mir bleiben wollen.«, so Björn Gross. Damit wies er nicht zuletzt auf die gesellschaftliche Grundverantwortung hin.
Ralf Walther legte dar, welches enorme Potenzial die richtige Datenanalyse und -auswertung auch für kleine und mittelständische Unternehmen birgt. Mit Daten zu arbeiten sei jetzt nicht mehr nur den großen Unternehmen vorbehalten, sondern werde in jedem Unternehmen auf langfristige Sicht eine Hauptrolle spielen. Doch welche Daten sind relevant und wie findet man heraus, ob und wie die vorhandenen Daten für eigene Zwecke genutzt werden können? Hierzu gab es zahlreiche interessante Beispiele und Ansätze, um die abstrakten Begriffe »BigData« und »Künstliche Intelligenz« greifbarer zu machen. Wichtigster Punkt sei laut Ralf Walther, dass die Daten eine Art Rohstoff darstellen, aus dem ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entstehen könne. Deshalb solle der Mut aufgebracht werden, mit den vorhandenen Daten zu »spielen« und etwas Neues auszuprobieren. Früher waren Öl und Holz die Ressource – ab sofort gelte dies auch für Daten.
Die Aktualität der Daten, die Datenmenge, der Umfeldbezug und die Verfügbarkeit für das gesamte Unternehmen seien dabei jedoch unbedingt zu beachten. Dann könne jedes Unternehmen für sich einen Vorteil schaffen. Ralf Walther erklärte auch, dass es aus seiner Sicht für die Wettbewerbsfähigkeit notwendig sei, den Schritt in die Digitalisierung zu wagen. „Viele Unternehmen bevorzugen jedoch immer noch ihr bekanntes Unglück als ihr unbekanntes Glück.“
Dr. Harald Dreher ging konkret auf das Praxisprojekt „Digitaler Aufsichtsrat“ ein. Dabei ging es darum, Vor- und Nachbereitungen für die viermal jährlich stattfindende Aufsichtsratssitzung zeitsparender durchführen zu können und die Abläufe sowie Kommunikation zu optimieren. Er ging im Einzelnen auf die Problemstellung, erste Analysen und Arbeitsschritte ein und erläuterte dann, dass es wichtig sei, relativ schnell in die Umsetzung zu gehen. Alle digitalen Veränderungen, die zu lange Anlaufzeit bräuchten, würden im schlimmsten Falle scheitern. Seine Geschichte zeigt den Erfolg: nach knapp vier Monaten war der gesamte Aufsichtsrat mit Tablets bestückt.
Die Kommunikation, Dokumentation, Nachbearbeitung und Korrektur liefen seither reibungslos und ermöglichten eine nachhaltige Effizienz und Kostenersparnis. Laut Dr. Harald Dreher sei besonders das Process Mining – eine spezielle Technik des Prozessmanagements, die es ermöglicht, Businessprozesse auf Basis digitaler Spuren in IT-Systemen zu rekonstruieren und zu analysieren – für eine bessere Datenerfassung unerlässlich.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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