Vom Netzausbau bis Stromspeicherung:
Damit das Licht nicht ausgeht

Staatssekretär Dr. Andre Baumann aus dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft fordert »schnelle, große Schritte«, eine Taskforce auf Bundesebene und den Wechsel in eine neue Energiewelt.  | Foto: swb-Bild: mu
  • Staatssekretär Dr. Andre Baumann aus dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft fordert »schnelle, große Schritte«, eine Taskforce auf Bundesebene und den Wechsel in eine neue Energiewelt.
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Landkreis Konstanz. Um die angestrebte Energiewende zu beschleunigen und die Energieversorgung zu sichern, hat der Ausbau erneuerbarer Energien höchste Priorität. Doch dafür müssen neue Rahmenbedingungen geschaffen werden, zu denen der Ausbau der Stromnetze ebenso zählt wie eine Vereinfachung bei den Genehmigungsverfahren für regenerative Projekte. Der Ukrainekrieg hat zudem die energiepolitischen Abhängigkeiten schmerzhaft aufgezeigt. »Die Probleme sind erkannt, aber nicht gebannt«, fasst Staatssekretär Dr. Andre Baumann aus dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zusammen. Er fordert »schnelle, große Schritte«, eine Task Force auf Bundesebene und den Wechsel in eine neue Energiewelt.

Wie komplex das Thema ist, wurde in einem energiepolitischen Fachgespräch zum Thema »Neue Netze braucht das Land« deutlich, zu dem die Grüne Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger auch Vertreter der hiesigen Stadtwerke und aus der Energiewirtschaft nach Engen eingeladen hatte.

Für Andre Baumann ist klar: Die Dimensionen des Ukrainekrieges werden Deutschland und die EU zu spüren bekommen. »Auch wenn die Strom-Gas-Versorgung jetzt noch gesichert ist, muss man im nächsten Winter mit Einschränkungen rechnen, wenn der Gashahn aus Russland zugedreht werden sollte«, so der Staatssekretär.

Das Dilemma ist auf unterschiedlichen Ebene sichtbar. Der steigende Strombedarf - zum Beispiel durch zunehmende E-Mobilität und den vermehrten Einbau von Wärmepumpen - sollte durch verstärkten Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Dächern und Freiflächen sowie durch den Bau von Windkraftanlagen ausgeglichen werden. Doch der Teufel liegt im Detail: Zwar ist die Nachfrage von PV-Anlagen derzeit groß, aber es gibt Lieferengpässe und es mangelt an den Möglichkeiten der Weiterleitung sowie der Speicherung des erzeugten Stroms. Deshalb müssen im Stromsektor die Netze ausgebaut werden, um die notwendigen Kapazitäten zu schaffen, forderte Dorothea Wehinger.

Wie die Versorgungssicherheit verbessert werden soll, zeigte Otto Kettmann von der TransnetBW auf und informierte über konkrete Netzausbauvorhaben in der Region. Die TransnetBW GmbH betreibt das Strom-Übertragungs­netz in Baden-Württemberg. Mit diesem Transportnetz sichert sie auch die Stromversorgung in der Region. Sie steuert und kontrolliert die Energieflüsse im Netz, sorgt für Instandhaltung, Netzplanung und Netzentwicklung und versorgt regionale Stromerzeuger, Großunternehmen und elf Millionen Menschen im Land mit Strom.

Durch den Netzausbau von Nord nach Süd komme die Energiewende auch in den Landkreis Konstanz, erklärte Kettmann. Dazu sind auf einer Strecke von 140 Kilometer Leitungslänge neue Stromtrassen und der Ausbau von Umspannwerke notwendig. Unter anderem soll auch in Beuren an der Aach aufgerüstet werden, von wo aus dann die Bereiche Konstanz und Singen versorgt werden können. Ein zusätzliches Umspannwerk in Pfullendorf soll dann die beiden Werke in Stockach und Beuren entlasten und die Netzstabilität erhöhen, kündigte Kettmann an. Der ambitionierte Zeithorizont für diese Projekte erstreckt sich von den aktuellen Planungen in 2022 bis zur Erneuerung der Umspannwerke in 2027 und darüber hinaus. »Wir hoffen, dass dann der Bodenseeraum und das Gebiet am Hochrhein auf den neusten Übertragungsnetzausbau gestellt sind«, schloss Otto Kettmann.

Wie wichtig dieser Ausbau der Stromnetze ist, zeigen auch die Erfahrungen, die Projektierer von erneuerbaren Energieprojekten wie Bene Müller von Solarcomplex machen. Er verwies auf die hohen bürokratischen Hürden bei den Genehmigungsverfahren für Freilandsolarparks und Windkraftanlagen wie auf die Schwierigkeiten, den nächsten Verknüpfungspunkt für die Weiterleitung bei PV-Freiflächen und die Durchleitung über viele Grundstücke zu erreichen. »Wir müssen pro-aktiv vorgehen, um einen koordinierten Netzausbau in der Region zu erreichen«, forderte er. Ähnlich sieht es Axel Blüthgen von den Stadtwerken Singen: »Wir würden alle gerne wesentlich mehr PV-Anlagen bauen, doch oft bremst uns die Bundesnetzagentur mit einem Berg an Reglementierungen aus und es fehlen auch Möglichkeiten der Stromspeicherungen«. Hinzu kommen bei Überbelastungen Probleme mit der Netzstabilität, erklärte Peter Sartena von den Stadtwerken Engen. Auch Marc Stehling von den Gemeindewerken Steißlingen sieht sich in diesem Punkt gefordert: »Wir müssen unser Netz ertüchtigen, denn bei diesen hohen Energiepreisen wollen viele Unternehmen in unserem Industriegebiet Photovoltaikanlagen. Aber dies können wir in der Kürze der Zeit gar nicht leisten«.

Für Dorothea Wehinger kommt noch ein weiterer wichtiger Faktor hinzu: Damit die Energiewende gelingt, muss auch das Bewusstsein für Energieeinsparungen geschärft werden. Und dies auf allen Ebenen.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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