Aachs Noch-Bürgermeister Severin Graf schaut zurück und zieht Bilanz
Zeit für Veränderungen und offen für Neues

Aach BM Severin Graf | Foto: Severin Graf ist noch mitten in den Alltagsgeschäfte. Am1. Dezember wird er als Bürgermeister verabschiedet.
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Aach. Nach 16 Jahren als Schultes sagt Severin Graf »Adieu«. Zwei Amtsperioden war er Bürgermeister der Hegaustadt Aach, nun ist Zeit für Veränderung, »Zeit, noch etwas Neues zu beginnen«, wie der Fast-Fünfziger erklärt.
Das WOCHENBLATT sprach mit ihm über seine Beweggründe auf eine weitere Kandidatur zu verzichten und über seine Pläne für die Zukunft.
WOCHENBLATT: Sind Sie schon ein wenig wehmütig, wenn Sie an den 24. September denken?
Severin Graf: Derzeit komme ich gar nicht dazu, an die Bürgermeisterwahl zu denken, weil ich noch voll mit dem Alltagsgeschäft beschäftigt bin. Allerdings wird mir bei manchen Terminen wie Jahreshauptversammlungen sehr bewusst, dass dies das letzte Mal sein wird, dass ich als Bürgermeister dabei bin.
WOCHENBLATT: Mit was sind Sie noch bis zum Ende Ihrer Amtszeit am 1. Dezember beschäftigt?
Severin Graf: Jetzt steht noch der Abschluss der Sanierung und Umgestaltung der Ettenbergstraße bis Herbst diesen Jahres an, dann laufen die Vorbereitungen für die Erweiterung des Baugebietes Längenberg Ost III, damit die Erschließung in 2018 beginnen kann und die Planung für die Neugestaltung der Ortsmitte wird fortgesetzt. Dabei müssen Zuschuss- und Finanzierungsfragen geklärt werden und ein ganz wichtiger Punkt ist natürlich das neue Pflegeheim, für das der Bauantrag bis Ende der Sommerferien vorliegen soll, damit die Genehmigungsphase beginnen kann.
WOCHENBLATT: Der Spatenstich für dieses hart erarbeitete Projekt wird dann aber ohne Sie stattfinden?
Severin Graf: Nein, ich möchte auf jeden Fall dabei sein, nur nicht mehr als Bürgermeister.
WOCHENBLATT: Wenn Sie 16 Jahre zurückdenken, wie war zu Beginn Ihrer Amtszeit die Situation in Aach?
Severin Graf: Meinen Werdegang in Aach hatte ich damals nicht von langer Hand geplant. Durch den überraschenden Schritt meines Vorgängers Pirmin Späth, nach drei Amtszeiten nicht mehr zu kandidieren, entschied ich mich relativ kurzfristig die Bewerbung zu wagen. Ich war damals schon seit acht Jahren Kämmerer in der Stadtverwaltung Aach und hatte durch meine Ausbildung im gehobenen Verwaltungsdienst die Qualifikation für dieses Amt. Damals hatte ich zwei ernsthafte Konkurrenten und setzte mich im zweiten Wahlgang durch. Die Kommune war im Jahr 2001 finanziell in einer schwierigen Situation und ich hatte wenig Spielraum.
WOCHENBLATT: Was waren damals Ihre Hauptaufgaben?
Severin Graf: Ich musste zuerst die Pflichtaufgaben erledigen und die Infrastruktur der Stadt für die Zukunft fit machen. Durch den Hallenneubau war unser finanzielles Korsett sehr eng. Das änderte sich bis Ende meiner ersten Amtszeit durch gutes und sparsames Wirtschaften und die bessere konjunkturelle Gesamtsituation. Dann konnten wir langsam mit neuen Projekten beginnen.
WOCHENBLATT: Welche Vorhaben wecken bei Ihnen negative Erinnerungen?
Severin Graf: Schwierig war damals zu Beginn meiner Amtszeit die Geschichte mit der Geruchsbelästigung durch die Biogasanlage. Da gab es auch persönliche Anfeindungen. Heute wird die Abwärme von der Gewächshaussiedlung Gemüse Reichenau sinnvoll genutzt. Auch die hohen Nitratwerte des Wassers bereiteten Sorgen, bekamen wir aber auch in den Griff. Große Enttäuschungen habe ich nicht erlebt. Schwierige Situationen muss man durchleben, daran wächst man auch und ich bin persönlich daran gereift.
WOCHENBLATT: Waren die Auseinandersetzungen um die Planung des Pflegeheims mit ausschlaggebend für Ihren Verzicht auf eine weitere Kandidatur als Bürgermeister von Aach?
Severin Graf: Nein, die hatten nichts damit zu tun, dass ich aufhöre, auch wenn diese Phase sehr schwierig war. Und das sage ich aus ehrlichem Herzen. Der Gemeinderat und ich haben uns öfters gerieben, aber mit offenem Visier. Auch wenn manche Sitzungen unangenehm für mich waren, haben wir letztendlich etwas auf den Weg gebracht und gesetzte Ziele meistens erreicht. Die kontroversen Diskussionen blockierten nicht, sondern brachten Konstruktives in Gang.

WOCHENBLATT: Warum haben Sie dann nicht mehr kandidiert?
Severin Graf: Ich werde im Oktober 50 Jahre und empfinde diese Lebensphase als guten und richtigen Zeitpunkt nochmals eine berufliche Veränderung anzugehen. Auch erhoffe ich mir dadurch mehr Zeit für mein Familienleben. Ich war sehr gerne Bürgermeister, und doch packte mich jetzt die Neugier, etwas Neues zu beginnen. Ich weiß, das ist ein ungewöhnlicher Schritt. Ich habe lange mit mir gerungen und es wird sicher auch ein Verlust bleiben. Aber ich freue mich darauf, wenn ich zeitlich nicht mehr so stark fremd bestimmt bin. Das ist ein Stück Freiheit.
WOCHENBLATT: Was waren die markantesten Vorhaben, die Sie in Ihren beiden Amtsperioden umsetzten?
Severin Graf: Die wesentlichen Projekte waren die Erschließung der neuen Baugebiete in Längenberg Ost, der Schulanbau, um den Schulstandort Aach zu sichern und der Anbau an den Kindergarten sowie dessen Umgestaltung vom Regelkindergarten in eine moderne Kita mit unterschiedlichen Betreuungsformen. Ein hartes Stück Arbeit war auch die Sicherung der Nahversorgung durch die Ansiedlung des Netto-Marktes auf dem ehemaligen EMA-Areal. Dies ist ein wichtiger Baustein für die Standortqualität unserer Stadt. Wasserleitungen, Kanäle, Straßen sowie das Rathaus wurden saniert und die Wasserversorgung gesichert – heute haben wir keinen Sanierungsstau in Aach – wir haben unsere Hausaufgaben im Erhalt der Infrastruktur gemacht, die Einwohnerzahlen und die Geburtenrate steigen -Aach ist ein attraktiver Wohn- und Lebensort mit sehr engagierten Bürgern, wie auch das Soziale Netzwerk zeigt, zu dessen Geburtshelfern auch ich gehöre.
WOCHENBLATT: Was werden Sie nach dem 1. Dezember tun?
Severin Graf: Ich habe noch keine konkreten Pläne und bin offen für Neues. Aber ich möchte mich jetzt auch verstärkt in unsere Familie einbringen. Meine Frau Renate hat mich während meiner ganzen Amtszeit wunderbar unterstützt und mir die nötigen Freiräume ermöglicht. Zudem hat sie die letzten acht Jahre wegen unserer Töchter (heute 8 und 11 Jahre alt) auf ihren Beruf als Hebamme verzichtet. Nun werden die Prioritäten anders ausgerichtet, so dass meine Frau wieder mehr Gestaltungsspielraum hat. Gleichberechtigte Partnerschaft ist für mich nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern muss sich auch im gemeinsamen Leben widerspiegeln.
WOCHENBLATT: Welche Aufgaben stehen für Ihren Nachfolger neben den begonnenen Projekten in den nächsten Jahren noch an?
Severin Graf: Wichtige Punkte sind die Gestaltung der neuen Ortsmitte, die Sicherung der ärztlichen Versorgung und der Ausbau der Breitbandversorgung.
WOCHENBLATT: Ihr Hauptamtsleiter Manfred Ossola ist einziger Kandidat für Ihre Nachfolge. Was möchten Sie ihm gerne mitgeben?
Severin Graf: Es kommt nicht auf die Zahl sondern auf die Qualität der Kandidaten an. Manfred Ossola gehört zu den ganz Guten und kennt Aach wie seine Westentasche. Ich wünsche ihm, dass er authentisch bleibt, aus seinen Stärken etwas macht und zu seinen Schwächen steht. Und dass er nah an den Menschen bleibt und mit ihnen die Zukunft der Stadt Aach gestaltet.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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