Zwei Jubilare auf der Milchwerkbühne
Premiere für ein »Triple« über die Grenze
Radolfzell. Am Sonntag setzte die Stadtkapelle Radolfzell 1772 ihr Jubiläum mit einer beeindruckenden Matinee fort. Nach ihrer Konzertreise in Österreich freuten sie sich nun, wieder in Radolfzell spielen zu dürfen. Vorsitzender Thomas Späth erklärte vergnügt bei seiner Begrüßungsrede, dass es sich diesmal um ein »Triple«-Konzert handle. Drei großartige Orchester sollten die Zuschauer bei einer rund zweistündigen Matinee begeistern.
Den ersten Teil übernahm die Stadtmusik Basel, die ebenfalls ein Jubiläumsjahr feierte. Sie feiert ihr 150. Geburtsjahr. Imposant und klangvoll stimmte sie unter der Leitung des Dirigenten Mischa Meyer die Gäste in den musikalischen Mittag ein. Die Stadtmusik Basel versteht sich als modernes und vielseitiges symphonisches Blasorchester und reiste mit über 40 Musikerinnen und Musikern an.
Stadtmusikpräsident Ruedi Küng erzählte dem Wochenblatt, dass sie sich freuten, vom Alter her eine gut gemischte Gruppe zu haben. Die Basler Gäste hatten den Kontakt zu Radolfzell gesucht. Dass dieses Konzert stattgefunden hatte, war auf die Initiative der Basler Stadtmusik zurückzuführen. »Es ist heute eine Premiere, mit der Stadtkapelle Radolfzell zusammen zu spielen. Und wir freuen uns heute schon darauf, sie auch bei uns in Basel begrüßen zu dürfen, vielleicht im Rahmen ihrer Musikreise«, sagte Ruedi Küng.
Die Eröffnung mit der lebhaften Ouvertüre »Huntingdon Celebration« von Philip Sparke war ein Garant dafür, die Gäste sofort in das Konzert abtauchen zu lassen, damit diese dann das ergreifende und hinreißende Stück »Maria« aus der »West Side Story« genießen konnten. Auch unbekanntere Stücke und Namen wurden gespielt. Als der Moderator Ruedi Küng ankündigte, dass nun »S isch äbe-n-e Mösch uf Ärde« folge und zusammenfasste, dass dieses Stück einfach nur schön sei, sollte er recht behalten. In der Schweiz dürfte dieses Lied durchaus bekannt sein, basiert es doch auf einem der ältesten und bekannten Schweizer Volksliedern. Ebenfalls als Höhepunkt zu betrachten war das »See-Shanty« »The Wellerman«, welches von Sebastian Middel bearbeitet worden war. Den Song von Seeleuten, die auf ihren Walfischfängern ausharren und sehnsüchtig auf den Nachschub von Proviant wie Zucker, Rum und Tee warten, stimmten die Menschen schon vor zwei Jahrhunderten an, ist aber derzeit durch Nathan Evans auf Plattformen wie TikTok ganz oben in den Charts.
Wunderbare Klangwelten gab es weiterhin in dem sinfonischen Gedicht »Cassiopeia« von Carlos Marques und »Amazonia« von Peter Graham.
Nach einem kurzen Bühnenumbau sollten im zweiten Teil des Konzerts die Zuschauer ein Klangerlebnis der besonderen Art erleben. Gleich zwei Orchester, die Stadtkapelle Radolfzell als auch das Jugendblasorchester, saßen gemeinsam auf der großen Bühne. Die Stadtkapelle war mit rund 40 und die Jugend mit rund 32 Musikerinnen und Musikern erschienen. »Ich freue mich tierisch«, sagte Dirigent Kuno Rauch. »Wir hatten diese Konstellation auf unserer Musikreise nach Österreich und Innsbruck und wir dachten schon, dass dieses tolle Klangerlebnis bei uns zu Hause niemand hört. Doch heute ist es so weit.« Kuno Rauch sollte recht behalten. So eröffneten sie mit »Marcia« von Luigi Cherubini klassisch feierlich den zweiten Teil der Matinee.
Das temperamentvoll gespielte »Danse Diabolique« des Österreichers Josef Hellmesberger zeigte sich durch das große Orchester besonders klangvoll, denn die vielen Instrumente kreierten dabei spür- und hörbar eine diabolische Atmosphäre. Nicht nur für die anwesenden Schweizer Gäste spielten sie schließlich die vielseitige und stimmungsvolle symphonische Dichtung »Pilatus: Mountain of Dragons«, die eine Hommage des bekannten Steven Reineke an den sagenumwobenen Schweizer Gipfel ist. »The Legend of Maracaibo« von José Alberto bildete den klanggewaltigen Abschluss des Konzerts. Schließlich tobte die Halle, als das Orchester als Zugaben noch den Radetzky-Marsch und schließlich den Florentiner-Marsch spielte.
Die Matinee war nicht nur ein Meilenstein der Jubilare, auch dürfte der musikalische Mittag die schweizer-deutsche Freundschaft gestärkt haben. Musik verbindet.
Autor:Uwe Johnen aus Singen |
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