»Wir sitzen alle im selben Boot« / Demonstrationen sollen angemeldet werden
Offener Brief von OB Gröger an die »Spaziergänger«
Radolfzell. Der Radolfzeller OB Simon Gröger hatte dem Organisator der Radolfzeller »Spaziergänge«, die seit Anfang des Jahres Montagabends in der Radolfzeller Innenstadt als Protest gegen die Corona-Politik wie eine mögliche Impfpflicht durchgeführt wurde, zuletzt mit über 600 Personen, ein klares Gesprächsangebot gemacht im Miteinander zu reden. Auf dieses Angebot waren die Organistoren allerdings nicht eingegangen. Deshalb hat sich Simon Gröger nun mit einem offenen Brief an die »Spaziergänger« gewandt. Gröger will, dass die Demontrationen künftig angemeldet werden, wie das in de demokratischen Grundordnung vorgesehen ist und dass sich die Teilnehmer an die Hygienevorgaben halten, also Masken tragen und auf Abstand achten. »Wir sitzen alle im selben Boot«, so Gröger. Und nur gemeinsam komme man aus dieser Pandemie wieder heraus:
Hier der Brief im Wortlaut
Liebe Radolfzellerinnen und Radolfzeller, liebe Organisatoren der Montags-Spaziergänge,
ich wende mich als Ihr Oberbürgermeister in einer dringenden Angelegenheit an Sie. Die Zahl der Neuinfektionen mit Covid-19 steigt auch in unserer Region derzeit bedenklich an. Der Inzidenzwert im Landkreis Konstanz liegt aktuell bei 1262 (Sonntagabend), und auch in den benachbarten Landkreisen sowie in den angrenzenden Ländern steigen die Infektionszahlen stetig.
Die Corona-Pandemie begleitet uns alle nun schon seit zwei langen Jahren, und ich kann sehr gut verstehen, dass sich bei vielen Bürgerinnen und Bürgern eine gewisse Müdigkeit bemerkbar macht und ausbreitet. So viele Regeln gilt es zu beachten, so vieles ist nur noch eingeschränkt oder sogar gar nicht mehr möglich. Lieb gewonnene Gewohnheiten können nicht mehr ausgeübt werden, und das, was früher oft ganz unkompliziert möglich war, erfordert heute eine umfassende vorherige Planung. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Corona-Regeln beständig ändern und unsere Geduld und Flexibilität immer wieder auf eine harte Probe stellen.
Wichtig ist es aber, sich immer wieder zu verdeutlichen: Wir sitzen alle im selben Boot. Um gut durch diese Krise zu kommen, ist es wichtig, achtsam zu sein und die Werte der Gemeinschaft hochzuhalten – auch wenn die eigenen Bedürfnisse dabei etwas zu kurz kommen. Es ist wichtig, dass jeder Einzelne sich als elementarer Teil unserer Gemeinschaft begreift. Wir müssen zusammenhalten, um die Krise gemeinsam zu meistern. Ich möchte deshalb ganz ausdrücklich an Ihre Solidarität appellieren: Bitte achten Sie aufeinander, seien Sie solidarisch mit Ihren Mitbürgern – und besonders mit denjenigen, die sich Tag für Tag unermüdlich dafür einsetzen, dem Corona-Virus die Stirn zu bieten und uns trotz aller Regularien einen möglichst unbeschwerten Alltag zu ermöglichen.
Deshalb bitte ich Sie: Wir müssen da jetzt zusammen durch und gemeinsam nach vorne – und in eine Richtung – blicken, um die Pandemie bald hinter uns lassen zu können.
In diesem Zusammenhang ist es ganz entscheidend, sich an bestimmte Regeln zu halten, um das Gemeinwohl nicht zu gefährden. Die wiederholt stattfindenden, organisierten „Montagsspaziergänge“, die als öffentlicher Protest gegen die Corona-Maßnahmen ins Leben gerufen wurden, sind rechtlich nicht als spontane, private Veranstaltungen, sondern als Versammlungen einzustufen. Nach § 14 Versammlungsgesetz muss der Veranstalter einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel diese spätestens 48 Stunden vor Beginn bei der Versammlungsbehörde anmelden. Die rechtzeitige Anmeldung dient dazu, eine gefahrlose Durchführung der Versammlung zu gewährleisten. Darüber hinaus wird den Behörden so rechtzeitig die Möglichkeit eingeräumt, bei eventuell auftretenden Gefahren einzuschreiten, zum Beispiel durch polizeiliche Verkehrsregelungen.
Aus diesem Grund appelliere ich an das Verantwortungsbewusstsein der Organisatoren dieser Spaziergänge und fordere sie ausdrücklich dazu auf, die Versammlungen künftig ordnungsgemäß und rechtzeitig anzumelden, um einen geregelten Ablauf rechtstreu zu gewährleisten. Auch biete ich einen sachlichen Dialog an."
OB Simon Gröger
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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