Narrizella feiert erstmals ein „Närrisches Geplauder" im m/w/d-Format
Mit einem gemeinsamen Marsch und gemeinsamer Hoffnung

Narrizeller | Foto: Narrizella-Präsident Martin Schäuble und Thomas Kauter wie Thomas Kossner von der Narren-/ Stadtmusik bei der Intonierung des neuen „Narri-Zeller"-Marschs im Milchwerk. swb-Bild: of
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Radolfzell. „'s goht degege!“, konnte der Narrizella-Präsident Martin Schäuble am Sonntag im Radolfzeller Milchwerk ausrufen, auch wenn man sich derzeit noch in einer „Fasnet-Reha“-Phase befinde, nach zwei harten Jahren der erzwungenen Fasnet-Abstinenz. Der Vormittag war freilich ein Beispiel dafür, dass die „Wiederbelebungsmaßnahmen“ relativ viel Erfolg versprechen und es eine Menge Ideen gibt bis hin zur neu Komposition „Der Narri-Zeller“, bei der Narren- und Stadtmusik die Fastnacht mit dem Hausherrenfest fusionierten.

„Wir haben jetzt alle Einschränkungen mitgemacht, jetzt ist die Politik an der Reihe an Öffnungen zu gehen“, mahnte Schäuble in seiner Begrüßung, die auch den weiter bestehenden „Ausnahmezustand" verdeutlichte, nach dem die Narren ihre Macht der Schelte zurückgewinnen wollen. Der neue OB hatte aus Vorsichtsgründen abgesagt, die Bürgermeisterin aus persönlicher Verhinderung. Das sei schon mal ein Minuspunkt, meinte Schäuble. Aber der Markelfinger Ortsvorsteher Lorenz Thum war immerhin als Stellvertreter der Politik in die Halle gekommen, um mit den rund 200 Gästen dieses Vormittags eine symbolische Auferstehung zu begehen.

Klar wurde, dass doch viele noch entwöhnt sind von der Brauchtums-Narretei. Was den OB betrifft, so sei es wohl Schicksal, dass man hier „Schwobe“ bekomme, aber sein Vorname „Simon“ bedeute immerhin „Der von Gott erhörte“, was schon mal besser sei als „Martin“ beim Vorgänger, der ja ein kriegerischer Vorname gewesen sei.

Benni Bromma als Moderator bemerkte, dass der letzte OB schon mal einen dramatischen Fehler gemacht habe, indem er seinen ersten Frühschoppen bei den „Froschen“ verbrachte. Bromma machte sich über die Gendergerechtigkeit seine Gedanken und fragte sich, was wohl für das „d“ hier in der Narrenzunft stehen würde. Weil dieses Jahr immer noch vieles anders ist, wurde ihm mit Moderatorin Manuela Hettich eine Frau zur Seite gestellt, womit er doch deutlich Mühe hatte, weil er sonst ja den „Männerfrühschoppen“ auf „sicherem Terrain“ moderierte und sich bald wünschte, dass im nächsten Jahr wieder alles beim Alten sei.

Nachwuchsstar Marco Braun hatte sich die OB-Wahl vorgeknöpft. Und er sah so mache Parallele zwischen den Freien Wählern in der Stadt und der Bundes-CDU, denn die Freien Wähler hätten sich nach der Schlappe Staab in den Vorstand gewählt, während die CDU ja bei Laschet auch ihr Lehrgeld berappen musste. Kritisch sah er den Applaus für die Krankenhaus-Pfleger, die noch immer nicht mehr Geld für ihren Einsatz bekämen. „Viele wussten nicht, dass auch ein Mann Bundeskanzlerin werden könne“, kommentierte er die Bundestagswahl. Und er griff zur „Moralischen Impfpflicht“ zur Philosophie: „Die Freiheit der Einzelnen endet da, wo die allgemeine Freiheit und Gesundheit in Gefahr ist“, zitierte er Immanuel Kant. Die Spaziergänger hätten aus der deutschen Geschichte nichts gelernt, urteilte er als junger Narr.

Romi Bromma war als erste Frau schon Nummer zwei dieses Vormittags: Sie entführte die Gäste zu ihrem Besuch ins Wellness-Studio, aber nochmal wollte sie auch nicht hin.

Christoph Zeiser hatte sich in seiner Bütt recht scharf die Querdenker vorgenommen. Wem es am Geiste mangle, der denke eben quer, sprach er aus mit einem Aluhut auf dem Kopf. „Nun stirbt jeder Geimpfte, außer denen, die noch leben“, meinte er mit Schalk zu den aktuelle Verschwörungstheorien. Nach seinen drei Impfungen laufe bei ihm schon „Windows“ mit “Antivir“ in den Adern, nahm er weiter diverse Verschwörungstheorien auf die Schippe.

Egon Kenke ging auch auf die OB-Wahl ein. Mundschutz und Maulkorb brachte er zusammen mit seinem Blick auf die letzten Jahre eines „alten Schiffs“ unter dem „alten Kapitän“, dessen Kompass wohl nicht geeicht gewesen sei, spielte der auf manchen Irrweg der letzten acht Jahre an. Kenke empfahl einen großen Container vor das Rathaus zu stellen, um den Scherbenhaufen langsam aus der Stadtverwaltung herauszubekommen. Und dem „neuen“ wünschte er immer eine „Handbreit Wasser unterm Kiel“.

Wolfgang Drobig als närrisches Urgestein des Narrizella-Frühschoppens wurde mit viel Klepperleklang auf die Bühne geleitet. Aber er musste ein OB-Double an seinen Platz setzen, um ihm gute Ratschläge zu geben, wie man hier an der Fastnacht die Fettnäpfchen umgehen kann. Sein wichtigster Tipp: Er solle nicht nur alle Orden ablehnen, die er noch nicht habe, und er soll auf jeden Fall, wenn er dann mal im Umzug mitfahre, alles, was an Mocken im Wagen sei, zu den Narren werfen, damit die den Eindruck bekämen, er sei ein guter Schwabe.

Das Finale war Altnarr Lothar Rapp vorbehalten, der sich nach zwei Jahren Ausnahmezustand schon mal Gedanken darüber machte, dass man manchen alten Zopf abscheiden könnte, zum Beispiel mit einem gemeinsamen „Männerfrühschoppen“. Denn: Was wären wir Männer den ohne unsere Wieber, bekannte er. Aber trotzdem: Nächstes Jahr machen wir es wieder wie immer, ist sein Wunsch gewesen.

Und wie immer kam das Letzten eben zum Schluss. Thomas Kauter kaperte mit der Fahne der Hausherren-Prozession die Bühne und sah sich angesichts zweier Abgesagter Umzüge im selben Boot wie die Narren. Und wenn schon verschiedene närrischen Vereine nun die Fastnacht in den Sommer verlegen wollten, so könnte man die Prozession auch in den Winter verlegen, meinte er. Zumal die Stadtmusik dieses Jahr schon ganz gerne ihren 250. Geburtstag feiern wollte. Dafür wurde nun eigens der „Narri-Zeller“ als von Michael „Fisch“ Mais komponierte Fusion zwischen Hausherren- und Narrenmarsch durch Zunftpräsident Martin Schäuble, Thomas Kauter und Thomas Kossner präsentiert, eine Prozession zum Mitklatschen und Mitkleppern sozusagen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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