Jürgen Resch startet Gäubahn-Tour
"Jetzt muss die Zivilgesellschaft Druck aufbauen"
Radolfzell. Zum "Bahnsteiggespräch" hatte die Landtagsabgeordnete Nese Erikli am Freitag den Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, eingeladen, um unter anderem über die Gäubahn zu reden. Die Strecke von Stuttgart nach Zürich führt zwar nicht durch Radolfzell, tangiert aber die Stadt natürlich als Anbindung ungemein, wie OB Simon Gröger dort klarmachte. Denn was er höre, sei, dass man die Gäubahn wegen der Verspätungen, der Unzuverlässigkeit und auch wegen der aktuellen Sperrungen mit Schienenersatzverkehr, nicht mehr nutzen könne und wolle.
Resch gefiel das Format der sehr bewegten Diskussion so gut, dass er damit entlang der Gäubahnstrecke auf Tour gehen will. Denn: "Jetzt muss hier zivilgesellschaftlicher Druck aufgebaut werden, denn mit der Kappung der Strecke werden ja nicht nur die Anlieger der Strecke von der Landeshauptstadt abgehängt, hier wird eine transeuropäische Verbindung vermutlich für mehrere Jahrzehnte unterbrochen, was in der europäischen Bahngeschichte ein Vorgang ist, den es so noch nie gegeben hat", macht er auf die fatalen Auswirkungen aufmerksam.
Die "Deutsche Umwelthilfe" hat durch Jürgen Resch gegen die Kappung ab 2025 geklagt, und Resch selbst zeigte sich sehr optimistisch, dank guter Anwälte in der Beratung hier Erfolg zu haben. Denn Resch bezog sich unter anderem auf den damaligen Volksentscheid zum Stuttgart 21, bei dem es auch darum ging, dass diese Verbindung nicht schlechter gestellt werden dürfe. Er hält auch die Prognosen für die Bauzeit des Pfaffensteig-Tunnels, der die Gäubahn dann einmal an den Stuttgarter Flughafenbahnhof statt an den Hauptbahnhof anbinden soll, für unrealistisch. Man habe noch nicht einmal den Baugrund genau unter die Lupe genommen und seiner Meinung nach könnten da leicht 20 Jahre Bauzeit draus werden.
Stuttgart 21 erstreckte sich über einen Zeithorizont von 30 Jahren, wenn man 15 Jahre Planung und 15 Jahre Bauzeit rechnet, falls das Projekt nun tatsächlich Ende 2025 mit sechs Jahren Verspätung fertig werden sollte.
Resch hat sich tief in das Thema rein geackert, wohl auch weil es ihm selbst ärgert, als Bahnfahrer mit dem E-Mobil nach Stuttgart fahren zu müssen, um Anschlüsse zum Beispiel nach Berlin sicher zu bekommen. Seiner Meinung nach hätte auch das Land mehr Möglichkeiten, den Bahnbossen entgegenzutreten, die aus ihrer Sicht kein Interesse an dieser Strecke haben. Die bisherige Lösung mit der Panoramabahn-Anbindung an den Hauptbahnhof, später Stuttgart 21, wäre der Einfachste weg und die könnte der Landesverkehrsminster seine Meinung nach einfach bestellen. Die Metropolregion Stuttgart möge diese Strecke freilich nicht, denke aber auch nicht an die Anbindung in Richtung Schweiz und Italien, kritisiert er.
Von Teilnehmern des Bahnsteiggesprächs, unter anderem Aktivisten des "Verkehrsclub Deutschland" (VCD) mit ihrer Aktion "Wir wollen zum Hauptbahnhof" wurde an die Verträge von Lugano von 1996 erinnert, die auch Deutschland unterschrieben hatte, um die Alpen-Transversale schneller zu machen zwischen Mailand und Stuttgart. Die Schweizer, die längst ihre Hausaufgaben unter anderem mit dem Gotthard-Tunnel erfüllt und auch die Strecke Schaffhausen-Zürich längst ertüchtigten, hätten bald keine Lust mehr, diese Strecke zu bedienen, hatte Resch vernommen. Damit drohen für ihn unhaltbare Zustände.
Damit war er mit Nese Erikli wieder beim nötigen "zivilgesellschaftlichen Druck" angekommen, der nun aufgebaut werden sollte. Die Hoffnung nicht nur von ihm ist, hier vielleicht doch noch vor einer gerichtlichen Lösung eine politische zu schaffen. Denn erst bis Ende des Jahres werde es erst mal gehen, bis geklärt sei, ob das Verfahren über das Verwaltungsgericht Mannheim oder den Verwaltungsgerichtshof laufen soll. Letzterer war der Adressat der Klage der Umwelthilfe.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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