Kritik aus dem Gemeinderat zur Klinikschließung
In Radolfzell wurde trotz Versprechen nicht investiert

Das Krankenhaus Radolfzell wird baulich sehr schlecht bewertet. Trotzdem hat auch der Gesundheitsverbund in den letzten Jahren nicht viel investiert. | Foto: of/ Archiv
  • Das Krankenhaus Radolfzell wird baulich sehr schlecht bewertet. Trotzdem hat auch der Gesundheitsverbund in den letzten Jahren nicht viel investiert.
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Radolfzell. Die Meldung über die schnelle Schließung des Krankenhauses in Radolfzell zum 30. Juni diesen Jahres hat in der Politik der Stadt große Bestürzung ausgelöst. „Das Krankenhaus Radolfzell ist ein Teil des Herzens der Stadt Radolfzell“, machte OB Simon Gröger am Montag im Rahmen einer Medienkonferenz mit Bürgermeisterin Monika Laule wie den Vertretern der Gemeinderatsfraktionen noch einmal deutlich. Er selbst habe am Montagvormittag auch noch einmal die Belegschaft getroffen, die am Freitagvormittag über diesen harten Schnitt durch die Vertreter des Gesundheitsverbunds informiert wurde. Siegmar Hägele als Betriebsratsvorsitzenden habe ihm dabei von vielen Zukunftsängsten der Mitarbeitenden erzählt. Gröger richtete auch hier einen Dank an die Mitarbeitenden des Klinikums um ihren Einsatz für das Radolfzeller Krankenhaus, vor allem in den letzten Jahren. „Mir ist es persönlich sehr wichtig, dass ein funktionierender Sozialplan für die Mitarbeitenden jetzt erarbeitet wird“, Gröger. Ein wesentlicher Bestandteil für Radolfzell wird für ihn die Frage sein, wo ein künftiges Klinikum im Rahmen der Sanierungspläne für den Gesundheitsverbund platziert werde.

Sind nicht der Kostentreiber

Monika Laule machte deutlich dass das Krankenhaus durch die 1383 begründete Spitalstiftung tief in der Bevölkerung verwurzelt sei. „Das ist ein Schock für uns alle“, so Laule. Das Radolfzeller Krankenhaus sei nicht der Haupt-Kostentreiber im GLKN-Verbund, stellte sie aus ihrer Sicht klar. „Warum wird es zum ersten Opfer der Sparpolitik in der Gesundheitsversorgung im Landkreis?“ Sei das weil die Krankenhausstandorte Singen und Konstanz von der Verteilung der medizinischen Angebote auf deren Häuser profitieren?
Sie fragt sich warum der GLKN-Verbund bis 2018 noch schwarze Zahlen erwirtschaften konnte und seither in ein erhebliches und steigendes Defizit rutscht, mit dem diese nicht wieder gut zu machende Entscheidung „gerechtfertigt“ sein solle. „Was werden die Verantwortlichen unternehmen, um eine adäquate Gesundheitsversorgung für die Radolfzeller Bürgerschaft ebenso kurzfristig sicherzustellen?“, ist ihre Erwartungshaltung nun.

Wollen eine schnelle Lösung

Bernhard Diehl von der CDU sagte: „Unser Vertrauen auf eine Kreisweite Lösung für die Gesundheitsversorgung ist erschüttert.“ Und: Wir wiedersetzen uns dem Wandel nicht, aber wir fordern eine schnelle Lösung für ein MVZ oder eine adäquate Lösung geschaffen wird.
Jürgen Keck (FDP) bezeichnete es als ärgerlich und traurig. „Uns ist vorgestellt worden, dass es Lösungen und Alleinstellungsmerkmale für Radolfzell gibt.“ 2017 habe man noch schwarze Zahlen geschrieben und trotzdem sei die Geburtshilfe geschlossen worden, was für ihn schon ein Anfang vom Ende gewesen sei. Der Aufsichtsrat und Klinikverbund seien nicht genug transparent gewesen und es habe nach 10 Jahren noch immer Doppelstrukturen gerade zwischen Konstanz und Singen gehabt. So einfach sei das mit der Umsetzung von Personal auch nicht, schätzt er ein. Wie sollten Mitarbeitende zum Beispiel von Öhningen oder Mühlingen dann in ein Klinikum Konstanz kommen, fragte er nach.

Stimme von Radolfzell nicht gehört

Dietmar Baumgartner (Freie Wähler) erinnerte daran, dass er am Hausherrenmontag im Kreistag zur Grundsatzentscheidung für die Zweihaus-Lösung eine Gegenrede gehalten habe. Die Stimme von Radolfzell sei nicht gehört worden, was ihn damals schon geärgert habe. Der GLKN sei aus der Not heraus geboren worden und die Schulden seien selbst gemacht, kritisierte er. Die beiden Geschäftsführer hätten an beiden Orten weiter gewurschtelt. „Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen, jetzt aber geht es um Existenzen“, sagte er. Seine Fraktion habe vor wenigen Wochen den Antrag zum MVZ auf den Weg gebracht mit der Forderung nach einer chirurgischen Notversorgung. „Das brauchen wir gleich!“

Schritt hat viele Väter und Mütter

Siegfried Lehman (Grüne), der auch mit im Aufsichtsrat sitzt und in dem Fall auch nicht gegen die Schließung gestimmt hatte, meinte dass dieser Schritt viele Väter und Mütter habe.
Der Grundstein wurde für ihn schon 2003 gelegt durch die Fusion mit dem Hegau Klinikum. Helios als damaliger Betreiber habe seinerzeit Investitionen von 20 Millionen versprochen und hinter diesem Angebot sei er auch gestanden. Es habe keine großartige Instandhaltung seitdem mehr gegeben trotz der Versprechen so dass das Haus jetzt „ runter“ Und das sei keine Überraschung. Auch er verwies auf die Doppelstrukturen im Verbund. Schon die Streichung der chirurgischen Notfallversorgung sein harter Schnitt gewesen, der den Standort entscheidend geschwächt habe. Die Verletzten oder gesundheitlich Bedrohten müssten nun nach Singen oder Konstanz gebracht werden, die Situation in Singen habe sich dadurch nur verschlechtert. Als Fraktion stehe man aber ganz klar hinter dem Gutachten zu zwei Standorten. „Wir haben gute Flächenvorstellungen eingebracht und brauchen ein zentrales Haus als Grundstein für die Sanierung des Klinikverbunds.“ Die Schließung von Radolfzell werde das Grundproblem nicht lösen, meinte er weiter.
Norbert Lumbe (SPD) betonte: „Wir waren für die kommunales Lösung gewesen, aber das Vertrauen ist nachhaltig gestört worden.“ Systematische sei immer weniger investiert und das Krankenhaus sei nicht saniert worden, ist sei es eine Ruine.

Dr. Jürgen Meder, der für den Krankenhausförderverein sprach, sie siech seit 35 Jahren mit dem Krankenhaus verbunden als Arzt in Gaienhofen. 2001 Vertrag geschlossen zur Nutzung ambulanter Krankenhausstruktur. In habe man eine 2009 konzilliarärztliche Kooperation geschlossen zusammen mit der Paxis Ammann und die diabetische Fußstation sei die erste im ganze Land gewesen, die mit dieser Kooperation ins Leben gerufen worden sei. Ein geschlossenes Krankenhaus sei durch nichts zu ersetzen, vertritt er. „Jetzt werden wir schauen müssen, wie wir unseren Verein abwickeln müssen“, sagte er bitter. Die Situation brenne in Radolfzell.
Nachgefragt wurde auch zum Thema des Erbbauvertrags: Die Gemeinnützige Krankenhaus-Fördergesellschaft Singen-Radolfzell ist Pächter, muss aber für das Grundstück, solange ein Krankenhausbetrieb dort erfolgt, gar keine Pacht zahlen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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